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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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reichte, um Laute zu übertönen, die Kevin möglicherweise von sich gab, falls er angeschossen im Wagen lag.
    Martie wischte sich ein dichtes Schneegespinst von den Wimpern, und als sie sich ein wenig aus der knieenden Stellung aufrichtete, sah sie, dass die Beifahrertür des BMW offen stand, was sie vorher nicht bemerkt hatte. Ob angeschossen oder nicht, Kevin hatte sich jedenfalls aus dem Wagen gestohlen und war verschwunden.
    *
    Da er lange vor der ahnungslosen Jennifer und Miss Marples geistig zurückgebliebenen Neffen bei der Grünen Oase ankam, blieb Dr. Ahriman genug Zeit, sich in dem Restaurant einen kleinen Ohnmachtshappen zum Mitnehmen auszusuchen, um die Zeit bis zum Abendessen zu überbrücken, das sich, je nachdem, wie sich die Dinge entwickelten, sicher auf eine ziemlich späte Stunde verschieben würde.
    Das Maisfladendekor betäubte seine Sinne, ihm war zumute, als hätte jemand mit einem stahlglänzenden Reflexhammer leicht gegen den freiliegenden Stirnlappen seines Großhirns geklopft. Dielenfußboden aus Eichenholz. Stoffe mit rustikalem Webmuster. Gestreifte Baumwollgardinen. Die Tischnischen waren durch Buntglasscheiben voneinander getrennt, auf denen scheußlich geschmacklose Getreidegarben, Kornähren, Bohnen, Karotten, Broccoli und andere Gaben aus dem reichen Füllhorn der Natur prangten. Als er sah, dass die Kellnerinnen mit Latzhosenröcken aus Jeansstoff, rot-weiß karierten Blusen und winzigen Strohhüten von der Größe eines Scheitelkäppchens ausstaffiert waren, hätte er am liebsten die Flucht ergriffen.
    Er blieb an der Kasse stehen und sah sich die Speisekarte an, die er grausamer fand als alle Autopsiefotos, die ihm je unter die Augen gekommen waren. Seiner Meinung nach hätte ein Restaurant, das eine so trostlose Kost servierte, eigentlich spätestens nach einem Monat Bankrott machen müssen, aber es herrschte selbst zu dieser frühen Stunde schon reges Treiben im Lokal. Die Gäste stopften und schlurften mit glänzenden Augen und geröteten Wangen Berge von Salat mit Joghurtsoße, dampfende Gemüsesuppen, ohne Eigelb gebackene Omelettes und stapelweise trockenen Vollkornweizentoast, Getreidebratlinge, so lecker wie Torfmoos, und breiige Massen von Tofu-Kartoffel-Eintopf in sich hinein.
    Angewidert überlegte Ahriman, ob er die Frau hinter der Theke fragen sollte, warum sie den Schwachsinn nicht konsequenterweise einen Schritt weiter trieben und ganze Sache machten, indem sie das Essen einfach in langen Trögen servieren oder auf dem Fußboden ausstreuen ließen, damit die Gäste blökend und muhend nach Herzenslust schlabbern und grasen konnten.
    Da der Arzt eher vor Hunger gestorben wäre, als auch nur ein Gericht von dieser Speisekarte zu essen, wandte er sich hoffnungsvoll den großen, einzeln verpackten Plätzchen zu, die neben der Kasse aufgebaut waren. Ein handgeschriebenes Schild wies stolz darauf hin, dass sie SELBSTGEBACKEN UND GESUND waren. Rhabarber-Apfel-Knäckebrot. Nein. Buttermakronen mit Bohnenpaste und Nüssen. Nein. Karotten-IngwerKekse. Nein. Der bloße Anblick der vierten und letzten Sorte begeisterte ihn allerdings, dass er beinahe sein Portemonnaie gezückt hätte, aber dann klärte ihn die Aufschrift darüber auf, dass das, was er für Schokochip-Plätzchen gehalten hatte, in Wirklichkeit aus Ziegenmilch und Roggenmehl gebackene Johannisbrotkekse waren.
    »Außerdem haben wir noch die hier«, sagte die Frau an der Kasse, indem sie ihm verlegen einen Korb mit cellophanumwickelten Plätzchen hinhielt, der versteckt hinter einem Sortiment an Trockenobst gestanden hatte. »Sie gehen nicht besonders gut. Wir nehmen sie aus dem Angebot.« Sie hielt den Korb auf Armeslänge von sich und wurde so rot, als hätte sie versucht, ihm Pornovideos anzudrehen. »Schokoladen-Kokosriegel.«
    »Echte Schokolade? Echte Kokosraspel?«, fragte Ahriman misstrauisch.
    »Ja, aber ohne Butter, Margarine oder gehärtetes Pflanzenfett … Das kann ich Ihnen versichern.«
    »Ich nehme sie trotzdem alle.«
    »Aber das sind neun Stück.«
    »Ja, sehr schön, alle neun«, sagte er und fing an, Geld auf den Tisch zu blättern, weil er es kaum abwarten konnte, den Kauf perfekt zu machen. »Und eine Flasche Apfelsaft, wenn Sie nichts Besseres haben.«
    Die Schokoriegel kosteten drei Dollar das Stück, aber die Frau war so erleichtert, sie loszuwerden, dass sie ihm insgesamt nur achtzehn Dollar berechnete. Als er zum El Camino zurückkehrte, war er in so beschwingter Stimmung, wie er es

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