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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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er wusste, dass er besser geschwiegen hätte, »wäre ich auf der Titelseite der Times , und Derek würde im Gefängnis sitzen und über die vielen Menschen nachdenken, deren Leben er ruiniert hat.«
    »Du undankbarer Bastard.«
    Aufgeregt, den Tränen nah, jammerte Skeet: »Fangt nicht damit an. Bitte. Wenn ihr jetzt damit anfangt, hört es nie auf.«
    Dusty wusste, dass Skeet Recht hatte. Nach all den Jahren, in denen er den Kopf eingezogen hatte, nach all den Jahren, in denen er pflichtschuldig, wenn auch distanziert, alles über sich hatte ergehen lassen, blieben so viele Verletzungen, so viele Beleidigungen, denen er nie etwas entgegengesetzt hatte, dass die Versuchung groß war, allen seinen aufgestauten Gefühlen in einem einzigen furchtbaren Rundumschlag Luft zu machen. Er wollte diese vernichtende Konfrontation nicht, aber es war, als würde er mit seiner Mutter in einem Fass auf den tosenden Rand der Niagarafälle zutreiben, von dem aus es nur den Sturz in die Tiefe gab.
    »Ich weiß, was ich gesehen habe«, sagte Claudette nachdrücklich. »Und ausgerechnet du wirst mich nicht davon abbringen, du ganz sicher nicht, Dusty .«
    Er musste antworten, denn sonst hätte er nie mit Sicherheit sagen können, dass er sich selbst wirklich kannte. »Du warst nicht hier . Du konntest gar nicht sehen, was passiert ist.«
    Martie war zu ihm getreten. Sie nahm seine Hand und hielt sie fest. »Claudette, nur zwei Personen haben gesehen, was passiert ist. Ich und Dusty.«
    »Ich habe es gesehen«, sagte Claudette wütend. »Niemand kann mir erzählen, was ich gesehen oder nicht gesehen habe. Was glaubst du denn, wer du bist? Ich bin keine tatterige, senile Alte, der man vorschreiben kann, was sie gefälligst gesehen haben soll.«
    Junior grinste hinter dem Rücken seiner Mutter. Seine Augen begegneten Dustys, und er war so bar jeder Scham, dass er den Blick nicht abwandte.
    »Was ist bloß los mit dir?«, sagte Claudette zu Dusty. »Was ist los mit dir, dass du das Leben deines Bruders wegen einer so bedeutungslosen Lappalie ruinieren willst?«
    »Ein Mord ist eine bedeutungslose Lappalie für dich?«
    Claudette ohrfeigte Dusty, sie ohrfeigte ihn mit aller Kraft, verkrallte sich in seinem Hemd und versuchte ihn zurückzustoßen, und mit jedem Stoß, den sie ihm versetzte, stieß sie ein einzelnes Wort, eines nach dem anderen, hervor: »Du. Wirst. Diese. Gemeinheit. Nicht. Mit. Mir. Machen.«
    »Ich will sein Leben nicht ruinieren, Mutter. Das ist das Letzte, was ich will. Er braucht Hilfe. Verstehst du das denn nicht? Er braucht Hilfe, und jemand muss dafür sorgen, dass er sie bekommt.«
    »Erlaube dir ja kein Urteil über ihn, Dusty.« Mit welcher Gehässigkeit sie seinen Namen ausspie, mit welcher Bitterkeit. »Ein Jahr an der Universität macht aus dir noch lang keinen Professor der Psychologie, ja? Es macht aus dir nichts weiter als einen Versager.«
    Skeet schossen jetzt tatsächlich die Tränen in die Augen. »Mutter, bitte …«
    »Halt den Mund«, fuhr Claudette ihren jüngeren Sohn an. »Halt bloß den Mund, Holden. Du hast nichts gesehen, und du behauptest lieber auch nichts dergleichen. Einem Wrack wie dir glaubt ohnehin niemand ein Wort.«
    Als Martie Skeet aus der Schusslinie zog, fiel Dustys Blick auf Junior, und er sah das hämische Grinsen, mit dem der Junge Skeet nachschaute.
    Es war, als hätte es in seinem Kopf klick gemacht, und plötzlich erstrahlte ein zuvor dunkler Fleck in seinem Bewusstsein im hellen Licht der Erkenntnis. Die Japaner bezeichneten ein solches Erlebnis als satori , einen Moment der plötzlichen Erleuchtung: eines der Worte, die er so nebenbei in dem einen Jahr, das er an der Universität gewesen war, aufgeschnappt hatte.
    Satori. Da war Junior mit dem schönen Gesicht seiner Mutter, auch mit ihrer vollendeten körperlichen Anmut. Und intelligent. Es gab nichts daran zu rütteln, wie außerordentlich intelligent er war. In ihrem vorgerückten Alter würde er ihr letztes Kind sein, und zudem eines, das alle Voraussetzungen mitbrachte, ihre hochgesteckten Erwartungen zu erfüllen. Er war ihre letzte Chance, nicht nur eine Frau mit Ideen zu sein, nicht nur die Frau eines Mannes mit Ideen, sondern die Mutter eines Mannes mit Ideen. In ihrer Vorstellung, die allerdings wenig Bezug zur Realität hatte, war er ihre letzte Chance, mit den Ideen in Berührung zu kommen, die die Welt bewegten, weil sich herausgestellt hatte, dass die großen Ideen ihrer verflossenen drei Männer keinen Bestand

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