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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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demselben Sinn, in dem es leicht ist, von einem Dach zu springen, wenn der Sturz keine Konsequenzen nach sich zieht. Aber hier waren Konsequenzen wohl unausweichlich. »Es war das erste Mal, dass ich dieses Foto gesehen habe, dass ich überhaupt etwas von der Existenz dieser Schwester erfahren habe. Du hast es den ganzen Tag mit dir herumgetragen. Am Spätnachmittag habe ich es dann im Flur gefunden, es lag auf dem Fußboden vor dem Kinderzimmer.«
    Claudette ließ die Hand sinken und wandte sich von Dusty ab.
    Er hatte das Gefühl, einem anderen, mutigeren Menschen zuzusehen, als er die Hand ausstreckte, ihren Arm fasste und sie zwang, sich wieder umzudrehen und ihm ins Gesicht zu schauen.
    Junior trat beschützend einen Schritt vor.
    »Nimm lieber deine Armbrust, Junior, und lade sie«, sagte Dusty barsch. »Ohne sie wirst du nämlich nicht mit mir fertig.«
    Obwohl die Gewalttätigkeit, die aus Juniors Augen sprach, erschreckender war als die kalte Wut in denen seiner Mutter, wich der Junge eingeschüchtert zurück.
    »Als ich ins Kinderzimmer kam«, fuhr Dusty fort, »hast du mich nicht gehört. Skeet lag in seinem Bettchen. Du hast dich mit einem Kissen in den Händen über ihn gebeugt. So hast du eine Ewigkeit dagestanden. Und dann hast du das Kissen seinem Gesicht genähert. Ganz langsam. Das war der Moment, in dem ich irgendetwas zu dir gesagt habe. Ich weiß nicht mehr, was. Aber du wusstest jetzt, dass ich im Zimmer war, und … hast aufgehört. Damals wusste ich noch nicht, was du da vorhattest. Später … Jahre später habe ich es begriffen, aber ich wollte es nicht wahrhaben.«
    »Gott«, murmelte Skeet mit einer Stimme, die so dünn war wie die eines Kindes. »Großer, gütiger Gott.«
    Dusty glaubte zwar an die Kraft der Wahrheit, aber er konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob diese Enthüllung Skeet mehr Schaden oder Nutzen bringen würde. Der Gedanke daran, welchen Schaden er möglicherweise anrichten konnte, durchfuhr ihn wie ein Messer, sodass er, als plötzlich Übelkeit in ihm aufwallte, das Gefühl hatte, er müsste eher Blut als sonst etwas erbrechen. Claudette biss die Zähne so fest aufeinander, dass die Kaumuskeln hervortraten.
    »Als ich dich vorhin gefragt habe, Mutter, ob Mord für dich wirklich eine bedeutungslose Lappalie ist, hat diese Frage dir kein bisschen zu denken gegeben. Schon komisch, denn über diese Sache zu diskutieren würde sich mal richtig lohnen, mehr als über deine großen Ideen.«
    »Bist du endlich fertig?«
    »Noch nicht. Nach all den Jahren, in denen ich mich mit diesem ganzen Mist habe überhäufen lassen, werde ich wohl das Recht haben, ausreden zu dürfen. Ich kenne deine schlimmsten Geheimnisse, Mutter, die allerschlimmsten. Ich habe darunter gelitten, und wir werden weiter darunter zu leiden haben …«
    Sie schlug ihre Krallen in seine Hand, auf deren Rücken sofort zwei blutige Kratzer erschienen, und während sie sich von ihm losriss, rief sie: »Wenn Dominique kein Down-Baby gewesen wäre, und wenn ich ihr dieses armselige Leben, das sie hätte führen müssen, nicht erspart hätte, und wenn sie hier und jetzt am Leben wäre, wäre das nicht viel schlimmer? Wäre das nicht unendlich viel schlimmer?«
    Je schriller ihre Stimme wurde, desto sinnloser schien das Gesagte zu sein. Dusty hatte keine Ahnung, was sie eigentlich meinte.
    Junior rückte näher an seine Mutter heran. Hand in Hand standen sie da und bezogen eine merkwürdige Kraft voneinander.
    Indem sie auf den Toten deutete, der unten in der Diele am Boden lag, eine Geste, die in keinem Zusammenhang zu ihren Worten zu stehen schien, fuhr sie fort: »Das Down-Syndrom ist zumindest ein erkennbares Leiden. Was, wenn sie völlig normal gewirkt hätte, und dann … als Erwachsene plötzlich so gewesen wäre wie ihr Vater?«
    Dominiques Vater, Claudettes erster Mann, war zwanzig Jahre älter gewesen als sie, ein Psychologe namens Lief Reissler, ein kalter Fisch mit blassblauen Augen und dünnem Oberlippenbärtchen, der glücklicherweise keine Rolle in Dustys und Skeets Leben gespielt hatte. Ein kalter Fisch, das ja, aber keineswegs das Ungeheuer, für das man ihn halten musste, wenn man sie so reden hörte.
    Bevor Dusty sein Unverständnis äußern konnte, wurde Claudette deutlicher. Nach den Erlebnissen der vergangenen drei Tage war er der Meinung gewesen, dass ihn nichts mehr erschüttern konnte, aber acht Worte reichten, ihn eines Besseren zu belehren. »Was, wenn sie wie Mark Ahriman geworden

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