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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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vom Putz abprallte.
    »Du widerliches, perverses kleines Stinktier.«
    »Er hatte eine Pistole.«
    »Ich hatte sie ihm längst weggenommen«, brüllte Dusty, dass dem Jungen ein Spuckeregen entgegensprühte.
    »Das habe ich nicht gesehen«, sagte Junior.
    Dieser Dialog wiederholte sich sinnlos zwei-, dreimal, bis Dusty dem Jungen mit donnernder Stimme, die im ganzen Haus widerhallte, seine Anschuldigung entgegenschleuderte: »Du hast es gesehen, du hast es gewusst, und du hast es trotzdem getan!«
    Auf einmal tauchte Claudette auf, schob sich zwischen die beiden, zwang sie auseinander, indem sie Junior mit ihrem Rücken schützte, und starrte Dusty mit Augen an, die noch härter waren als zuvor, von stählernem Grau und Funken sprühend wie Feuerstein. Zum ersten Mal in ihrem Leben beeindruckte ihr Gesicht nicht durch seine Schönheit: Es war zu einer furchterregenden Fratze der Wut geworden. »Du lässt ihn in Ruhe, augenblicklich, lass ihn sofort los!«
    »Er hat Eric umgebracht.«
    » Er hat uns das Leben gerettet! Wir wären alle tot, aber er hat uns das Leben gerettet !« Ihre Stimme war so schrill wie noch nie; mit den bleichen Lippen und dem grauen Gesicht sah sie aus wie eine lebendig gewordene, rasende Göttin aus Stein, eine Furie, die mit der bloßen Kraft des Willens die bittere Realität nach Gutdünken umformte, wie das nur Göttern und Göttinnen möglich ist. »Er hatte den Mumm , und er hatte den Verstand zu handeln, uns zu retten !«
    Jetzt erschien auch Lampton auf der Bildfläche, und über seine Lippen strömte eine Flut beschwichtigender Worte, kübelweise Platitüden, Unzusammenhängendes, Wogen glättendes Gebrabbel, das ebenso wenig einzudämmen war wie der Ölfluss aus einem leckgeschlagenen Supertanker. Er redete und redete und redete, während seine Frau fortfuhr, ihren Sohn mit schriller Stimme zu verteidigen, ein einziges aufgeregtes Durcheinandergeplapper: Ihre Worte waren wie Malerrollen, die alle hässlichen Flecken Bahn um Bahn mit einer frischen Farbschicht überdeckten.
    Gleichzeitig versuchte Lampton, Dusty die Pistole zu entreißen, die dieser, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, immer noch in der Hand hielt. Als ihm klar wurde, was Lampton von ihm wollte, ließ er die Waffe los.
    »Wir rufen jetzt lieber die Polizei«, sagte Lampton, obwohl die Nachbarn das sicher längst erledigt hatten, und eilte davon.
    Während Skeet, einen Bogen um seine Mutter schlagend, vorsichtig näher kam und sich auf dem Feld der verhärteten Fronten auf Dustys Seite stellte, verharrte Fig in einiger Entfernung und beobachtete die Szene, als würde er nun endlich die Begegnung mit den Aliens erleben, die er schon so lange herbeisehnte.
    Keiner von ihnen war aus dem Haus geflüchtet, wie Dusty ihnen geraten hatte … oder wenn sie es doch bis zum Dach der Veranda geschafft hatten, waren sie wieder umgekehrt. Zumindest Lampton und Claudette mussten gemerkt haben, dass Junior die Armbrust in der Absicht geladen hatte, in den Kampf einzugreifen, aber keiner von beiden hatte offensichtlich auch nur den Versuch unternommen, ihn aufzuhalten. Vielleicht hatte sie die Angst daran gehindert, denn Eltern, die noch bei Trost waren und ihr Kind wirklich liebten, hätten ihm die Armbrust weggenommen und ihn notfalls mit Gewalt aus dem Haus gezerrt. Vielleicht war aber auch die Idee von einem Kind, das sich mit primitiver Waffe einem Mann mit einer Pistole in den Weg stellt – eine perverse Verkörperung des rousseauschen Ideals vom edlen Wilden, das die Herzen so vieler gebildeter Leser höher schlagen ließ –, so verlockend, dass sie ihr nicht hatten widerstehen können. Dusty konnte sich längst nicht mehr einreden, dass er die rätselhaften Gedankengänge dieser Menschen begriff, und er war es leid sich darum zu bemühen.
    »Er hat einen Menschen getötet«, sagte er zu seiner Mutter, denn auch das schrillste Geschrei konnte für ihn nichts an dieser elementaren Wahrheit ändern.
    »Einen Irren, einen Wahnsinnigen, einen Geisteskranken mit einer Pistole«, sagte Claudette unbeirrt.
    »Ich hatte ihm die Pistole bereits abgenommen.«
    »Das behauptest du.«
    »Es ist die Wahrheit . Ich wäre mit ihm fertig geworden.«
    »Du wirst mit gar nichts fertig. Du hast die Schule abgebrochen, du hast dein Leben verpfuscht, du streichst Häuser an, um dir deinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
    »Wenn die Zufriedenheit der Kunden den Ausschlag geben würde«, sagte Dusty, unfähig, sich zurückzuhalten, obwohl

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