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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Übrigen war er innerlich so aufgewühlt, dass ihm ständig die Tränen in die Augen schossen und er sogar laut vor sich hin schluchzte. Es war einigermaßen gefährlich, in der regenreichen Jahreszeit mit stark getrübter Sicht den Pacific Coast Highway zu befahren, weil man angesichts von Schlammlawinen, die plötzlich auf die Fahrbahn herunterprasselten, und von herabstürzenden Felsbrocken von der Größe eines kleineren Lkws als Autofahrer mit der Reaktionsschnelligkeit einer Katze auf der Pirsch gesegnet sein musste. Zudem rauschte der frühnachmittägliche Verkehr, obwohl offiziell nur Tempo hundert erlaubt war, mit hundertdreißig Sachen in Richtung Süden, und bei dieser Geschwindigkeit konnten unkontrollierte Tränenausbrüche katastrophale Folgen haben.
    Brust und Bauch taten ihm immer noch vom Aufschlag der Kevlar-gebremsten Kugeln weh. Heftige Bauchkrämpfe, die nichts mit der Verletzung zu tun hatten, sondern eine Folge seiner inneren Anspannung und Angst waren, machten ihm zu schaffen. Er hatte Migräne, wie immer, wenn er bei seiner Mutter gewesen war, egal, ob bei seinem Besuch jemand mit einer Armbrust erschossen wurde oder nicht.
    Seine Seelenqualen aber waren noch schlimmer, als es der schlimmste körperliche Schmerz hätte sein können. Dustys und Marties Haus war in Schutt und Asche gelegt, und ihm war zumute, als wäre es sein eigenes gewesen. Sie waren die besten Menschen auf der Welt, diese beiden, die besten. Sie hatten solche Schicksalsschläge nicht verdient. Ihr wunderbares kleines Haus ein Raub der Flammen, Susan tot, Eric tot, ein Leben in Angst und Schrecken.
    Sein Herz wurde noch schwerer, als er plötzlich vor sich sah, wie sich seine Mutter, seine eigene wunderschöne Mutter, mit einem Kissen in den Händen über sein Kinderbettchen gebeugt hatte. Als Dusty den Vorwurf erhoben hatte, hatte sie nicht einmal abgestritten, dass sie ihn hatte umbringen wollen. Ihm war klar, dass er als Erwachsener ein Versager war, dass er schon als Kind ein hoffnungsloser Fall gewesen war, aber jetzt stellte sich heraus, dass man ihm offensichtlich schon als Säugling den zukünftigen Versager derartig deutlich angesehen hatte, dass die eigene Mutter es für gerechtfertigt gehalten hatte, ihn im Schlaf zu ersticken.
    Er wollte kein Versager sein. Er wollte das Richtige tun, und er wollte seine Sache gut machen, damit sein Bruder Dusty stolz auf ihn sein konnte, aber er geriet immer vom Weg ab, ohne zu merken, dass er in die Irre ging. Ihm war klar, dass er auch Dusty das Herz schwer machte, was ihn noch mehr bedrückte.
    Mit Schmerzen in der Brust und im Bauch, mit Magenkrampfen, Migräne, schwerem Herzen und verschwommener Sicht, konzentriert auf den Hundertdreißig-StundenkilometerVerkehr, in Sorge auch, weil man ihm den Führerschein schon vor Jahren abgenommen hatte, kam er kurz vor drei Uhr nachmittags auf dem Parkplatz hinter dem Praxisgebäude in Newport Beach an, ohne sich auch nur einen einzigen Schritt seines Angriffs auf Dr. Ahriman gründlich überlegt zu haben.
    »Ich bin ein hoffnungsloser Versager«, murmelte er.
    Die Chancen, dass er, der hoffnungslose Versager, es über den Parkplatz, durch das Gebäude in den vierzehnten Stock bis in Ahrimans Praxis schaffen und den Mistkerl tatsächlich erschießen würde, lagen jenseits der Grenze der Berechenbarkeit. Ungefähr so, als wollte man das Haar auf dem Hintern eines Flohs wiegen.
    Einen Vorteil konnte er allerdings für sich verbuchen. Wenn es ihm wider alle Erwartung gelang, den Psychiater zu erschießen, würde er nicht wie Dusty oder Martie, wären sie an seiner Stelle gewesen, für den Rest seines Lebens hinter Gitter wandern. Angesichts der Serie erfolgloser Entzugsversuche, eines ganzen Stapels wenig schmeichelhafter psychologischer Gutachten und der allseits bekannten Tatsache, dass er seinem Wesen nach eher zu krankhafter Feigheit als zur Gewalttätigkeit neigte, würde Skeet vermutlich in einer psychiatrischen Anstalt landen und darauf hoffen können, irgendwann einmal entlassen zu werden, vorausgesetzt, nach fünfzehn weiteren Jahren intensiver medikamentöser Behandlung würde überhaupt noch etwas von ihm übrig sein.
    Obwohl die Pistole ein vergrößertes Magazin hatte, konnte er sie bequem in den Gürtel stecken und unter seinem Pullover verbergen, der ohnehin weit geschnitten war und zudem noch lockerer saß, weil er ihn vor Jahren gekauft und seither so abgenommen hatte, dass er ihm jetzt zwei Nummern zu groß war.
    Er

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