Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Nähe ihres Hauses auf der BalboaHalbinsel parkten, hatte Susan ihre Angst so weit wieder unter Kontrolle, dass sie den Weg bis zu ihrer Wohnung im zweiten Stock bewältigen konnte, auch wenn es ein mühsames Unterfangen war, weil sie sich die ganze Zeit über schwer auf Martie stützte.
    Im Schutz der Wohnung mit ihren fest geschlossenen Jalousien und Vorhängen fühlte Susan sich endlich in der Lage, sich gerade aufzurichten, die Schultern zu straffen und den Kopf zu heben. Auch ihre Gesichtszüge entspannten sich. Zwar wirkten ihre grünen Augen immer noch gehetzt, aber der Ausdruck wilden Entsetzens war aus ihnen gewichen.
    »Wenn du den Tisch deckst«, sagte Susan, »schiebe ich inzwischen das Essen in die Mikrowelle.«
    In dem Augenblick, als Martie im Esszimmer eine Gabel neben Susans Teller legen wollte, begann ihre Hand so unbeherrscht zu zittern, dass die Edelstahlzinken klirrend gegen das Porzellan schlugen.
    Sie ließ die Gabel auf das Platzdeckchen fallen und starrte darauf, gepackt von einem unbegreiflichen Entsetzen und einem so heftigen Abscheu, dass sie unwillkürlich vom Tisch zurückwich. Die Zinken der Gabel waren bedrohlich spitz. Ihr war nie zuvor bewusst geworden, wie gefährlich eine gewöhnliche Gabel in den falschen Händen sein konnte. Man konnte jemandem ein Auge damit ausstechen. Das Gesicht zerfetzen. Sie ihm in den Hals bohren und seine Schlagader aufwickeln wie einen Spaghettistrang. Man konnte …
    Plötzlich hatte sie das Bedürfnis, ihre Hände zu beschäftigen, damit sie kein Unheil anrichten konnten. Sie zog eine der Schubladen in der Vitrine auf, suchte das Kartenspiel mit achtundvierzig Karten für ein Zweier-Binokel heraus und nahm es aus der Schachtel. Dann stellte sie sich so weit wie nur irgend möglich von der Gabel entfernt an den Tisch und begann die Karten zu mischen. Anfangs verhedderte sie sich immer wieder, sodass ihr die Karten herunterfielen und über den Tisch rutschten, doch allmählich gelang es ihr, die Bewegung ihrer Hände besser zu koordinieren.
    Sie konnte nicht ewig Karten mischen.
    Nur nicht aufhören! Die Hände beschäftigen. Bis diese eigenartige Stimmung verflogen war.
    Bemüht, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen, betrat sie die Küche, wo Susan auf den Summton wartete, der signalisierte, dass das Essen in der Mikrowelle heiß war. Martie nahm zwei Flaschen Tsingtao aus dem Kühlschrank.
    Die Luft war erfüllt von den fein abgestimmten Duftnoten der chinesischen Kochkunst.
    »Glaubst du, dass ich den authentischen Geruch der Speisen überhaupt wahrnehmen kann, wenn ich das trage, was ich gerade anhabe?«, fragte Susan.
    »Wie bitte?«
    »Oder muss ich, um sie wirklich riechen zu können, vielleicht ein Cheongsam anziehen, ein Suzi-Wong-Kleid?«
    »Ha, ha.« Eine geistreichere Antwort fiel Martie in ihrer aufgewühlten Verfassung nicht ein.
    Sie wollte die zwei Bierflaschen gerade auf das Schneidebrett neben dem Spülbecken stellen, um sie zu öffnen, als ihr Blick auf das Wiegemesser fiel, das immer noch mit boshaft funkelnder Schneide dort lag. Beim Anblick des Messers begann ihr Herz so wild zu hämmern, dass es fast wehtat.
    Sie entschloss sich, die Flaschen lieber auf dem kleinen Küchentisch zu öffnen, nahm zwei Gläser aus dem Schrank und stellte sie neben die Flaschen.
    Die Hände beschäftigen!
    Sie kramte in einer mit allen möglichen kleineren Küchengeräten gefüllten Schublade, bis sie einen Flaschenöffner gefunden hatte, nahm ihn heraus und ging wieder auf den Tisch zu.
    Ein Ende des Öffners war für Kronkorken gedacht und abgerundet. Das andere Ende diente als Dosenöffner und hatte eine dornförmige Spitze.
    Am Tisch angelangt, empfand Martie den spitzen Dorn des Öffners bereits als ein ebenso mörderisches Instrument wie die Gabel, wie das Wiegemesser. Hastig, weil sie spürte, dass sie ihn in ihrem Entsetzen sonst fallen lassen oder von sich schleudern würde, legte sie den Öffner mit zitternder Hand neben die Bierflaschen auf den Tisch.
    »Würdest du bitte die Bierflaschen aufmachen?«, bat sie Susan und beeilte sich, aus der Küche zu kommen, bevor die Freundin ihre Nervosität bemerkte. »Ich muss mal aufs Klo.«
    Als sie das Esszimmer durchquerte, vermied sie es, den Tisch anzuschauen, auf dem die Gabel mit nach oben gerichteten Zinken lag.
    Im Flur, der an das Esszimmer grenzte, ging sie mit abgewandtem Blick an dem Garderobenschrank mit den verspiegelten Schiebetüren vorbei.
    Das Badezimmer. Wieder ein

Weitere Kostenlose Bücher