Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
marineblauen Wollpullover anzog.
    Wenn er mit dem Hund allein im Haus war, folgte ihm dieser gewöhnlich auf Schritt und Tritt in der Hoffnung auf eine Schmuseeinheit, einen Leckerbissen, ein ausgelassenes Spiel oder auch nur ein aufmunterndes Wort. Heute blieb Valet, wo er war.
    Als Dusty in die Küche zurückkam, stand Valet immer noch vor der Tür zum Toilettenraum. Er lief zu seinem Herrchen, sah ihm zu, wie er den dampfenden Kaffee in eine Tasse goss, und kehrte dann zur Toilettentür zurück.
    Der Kaffee war stark, aromatisch und heiß, aber die Wärme, die er ausströmte, drang nicht unter die Oberfläche, sie konnte das Eis in Dustys Innerem nicht tauen.
    Vielmehr spürte Dusty, während er an der Frühstückstheke lehnte und Valet betrachtete, der die Nase wieder schnüffelnd in den Spalt zwischen Tür und Rahmen geschoben hatte, wie eine fremdartige, losgelöste Kälte über ihm zusammenschlug. »Stimmt irgendwas nicht, Fusselhintern?«
    Valet sah ihn an und winselte leise.
    Dusty goss sich eine zweite Tasse Kaffee ein, aber er trank nicht gleich davon, sondern ging zuerst zur Toilette, schob Valet zur Seite, drückte die Tür nach innen auf und schaltete das Licht ein.
    Ein paar benutzte Kosmetiktücher waren aus dem Messingeimer in das Waschbecken gekippt worden. Der Abfalleimer selbst lag auf dem geschlossenen Klosettdeckel.
    Offensichtlich hatte jemand den Eimer benutzt, um den Spiegel am Arzneischränkchen zu zerschmettern. Gefrorenen Blitzen gleich funkelten die gezackten Scherben auf dem Fußboden des Toilettenraums.

13. Kapitel
    Während Martie das Essen im China-Restaurant holte – Mu Gu Gai Pin: Rindfleisch nach Sichuan-Art, Zuckererbsen und Brokkoli, Reis und eine gekühlte Sechserpackung Tsingtao –, wartete Susan bei laufendem Motor im Wagen. Martie hatte im Autoradio einen Sender eingestellt, in dem Rockklassiker gespielt wurden. Das Essen hatte sie unterwegs vom Handy aus bestellt, sodass es bei ihrem Eintreffen schon fertig war. In Anbetracht des Regens waren die Pappbehälter und das Bier in zwei Plastiktüten verpackt.
    Es dauerte nur wenige Minuten, aber in dieser kurzen Zeit hatte Susan das Autoradio so laut aufgedreht, dass Martie die schmetternden Saxophonklänge von Gary U. S. Bonds’ »School Is Out« bis in das Lokal hören konnte.
    Sie zuckte förmlich zusammen, als sie in den Wagen einstieg. Die Bässe dröhnten so laut, dass die Lautsprechermembran vibrierte und die losen Münzen im Kleingeldfach klimpernd aneinanderstießen.
    Allein im Auto, fühlte sich Susan, auch wenn es im eigentlichen Wortsinn kein offener Raum war und sie den Kopf gesenkt und den Blick vom Fenster abgewandt hielt, oft von der gewaltigen Weite der Außenwelt bedrängt. Manchmal half ihr dann laute Musik, sich von der zwanghaften Beschäftigung mit ihrer Angst abzulenken.
    Der Grad ihrer Angst ließ sich daran messen, wie laut sie die Musik aufdrehen musste, um diese Wirkung zu erzielen. Diesmal musste es eine heftige Panikattacke gewesen sein, denn lauter konnte man das Radio nicht mehr stellen.
    Martie drehte die Lautstärke auf ein erträgliches Maß zurück. Das Sturmgetöse war im dröhnenden Beat der Musik völlig untergegangen. Jetzt schlug das rhythmische Trommeln, Rasseln und Scheppern des sintflutartigen Regens wieder über ihnen zusammen.
    Zitternd wie Espenlaub, wortlos, mit gesenktem Blick saß Susan da; ihr Atem ging stoßweise.
    Martie sagte nichts. Es gab Zeiten, da musste sie Susan mit guten Worten, mit Überredungskunst, Vernunft und sogar mit Grobheiten aus ihren Angstzuständen hervorlocken. In Momenten wie diesem dagegen gab es nur eine geeignete Methode, sie vom Abgrund der Panik zurückzuziehen, nämlich ihre Verfassung mit keinem Wort zu erwähnen; das Reden darüber hätte unweigerlich ihre Angst noch gesteigert.
    Nachdem sie schweigend ein paar Straßenzüge hinter sich gebracht hatten, sagte Martie: »Ich habe uns Stäbchen einpakken lassen.«
    »Ich esse lieber mit der Gabel, danke.«
    »Chinesische Gerichte schmecken nur richtig chinesisch, wenn man sie mit Stäbchen isst.«
    »Und Kuhmilch schmeckt nur wie richtige Milch, wenn man sie im Kuhstall direkt aus dem Euter trinkt.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht«, sagte Martie.
    »Ich werde mich also mit einem halbwegs vernünftigen Äquivalent des authentischen Geschmackserlebnisses begnügen. Es macht mir nichts aus, ein Kulturmuffel zu sein, solange ich als Kulturmuffel eine Gabel benutzen darf.«
    Als sie den Wagen in der

Weitere Kostenlose Bücher