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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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über viele weiche, verwundbare Stellen. Die Genitalien. Der Bauch. Der Rippenzwischenraum direkt über dem Herzen. Die Kehle. Die Halsschlagader.
    Abscheuliche, blutrünstige Bilder mischten sich in ihrem Kopf wie die Karten eines grotesken Quartetts berühmter
    Serienmörder – J ACK THE R IPPERS SÄMTLICHE M ORDE IN ANSCHAULICHEN B ILDERN ! J EDER J OKER FARBIG ILLUSTRIERT MIT EINEM K OPF AUS DER S AMMLUNG IN J EFFREY D AHMERS K ÜHLTRUHE !
    Heftig knallte sie die Schublade wieder hinein, kehrte ihr den Rücken zu und bemühte sich verzweifelt, die widerwärtigen Bilder zu verdrängen, die ihr ein wahnsinnig gewordener Teil ihres Hirns hämisch grinsend vorgaukelte.
    Es war niemand sonst im Haus. Sie konnte niemanden mit der Schere verletzen. Außer sich selbst natürlich.
    Seit ihrer völlig abwegigen Reaktion auf das Wiegemesser in Susans Küche und wenig später auf den Wagenschlüssel hatte Martie das Gefühl, dass eine unerklärliche, fremde Gewaltbereitschaft von ihr Besitz ergriffen hatte, und die Vorstellung, welchen Schaden sie während eines dieser vorübergehenden Anfälle von Wahnsinn irgendeinem unschuldigen Menschen zufügen konnte, machte ihr Angst. Jetzt kam ihr zum ersten Mal der Gedanke, dass sie in diesem Zustand vielleicht auch fähig war, sich selbst etwas anzutun.
    Sie starrte auf den Karton mit den Messern. Selbst wenn sie ihn in die Garage brachte und im hintersten Winkel unter einem Berg von Gerümpel versteckte, konnte sie die Schachtel im Handumdrehen wieder hervorholen. Der Streifen Paketband – und die dicke Rolle, die an seinem Ende baumelte – konnte ohne weiteres entfernt, die Verschlusslaschen konnten geöffnet und die Messer wieder entnommen werden.
    Obwohl das große Fleischermesser zusammen mit den anderen Messern im Karton lag, konnte sie das Gewicht dieser Waffe spüren, als läge sie in ihrer Hand: Daumen flach an die Klinge gedrückt, Zeigefinger dicht am Abrutschschutz, das hölzerne Heft fest umklammert. So musste sie das Messer halten, wenn sie einen schnellen, kräftigen Stoß von unten führen und es tief in die Eingeweide eines ahnungslosen Opfers rammen wollte.
    Ihre rechte Hand begann zu zittern, dann der Arm, und schließlich zitterte sie am ganzen Leib. Sie machte eine ruckartige Handbewegung, als wollte sie das imaginäre Messer weit von sich schleudern; absurderweise erwartete sie halbwegs, das Klirren der Stahlklinge auf den Steinfliesen zu hören.
    Nein, um alles in der Welt, sie wäre nicht imstande, eines der Messer zu einer solchen Abscheulichkeit zu benutzen. Und sie war auch nicht imstande, sich selbst umzubringen oder zu verstümmeln.
    Reiß dich zusammen!
    Aber sie konnte an nichts anderes denken als an blitzende Messer und scharfe Klingen, an Schneiden, Aufschlitzen und Zerfetzen. Kaum hatte sie das Jack-the-Ripper-Spiel mühsam aus ihrem Kopf verdrängt, überfielen sie auch schon – wie mit Zauberhand ausgeteilt – die Karten einer grausigen Patience, Bild auf Bild, flipp-flipp-flipp , in rasender Folge, bis sie von einem Schwindelanfall gepackt wurde, der vom Kopf über die Brust in die Magengrube hinunterstrudelte.
    Sie wusste nicht mehr, wie sie sich vor der Schachtel auf die Knie hatte fallen lassen. Sie erinnerte sich auch nicht, nach der Rolle Klebeband gegriffen zu haben, aber plötzlich hielt sie den Karton in Händen, drehte ihn unablässig herum und zog hektisch das Paketband darum, erst mehrere Male längs, dann quer, dann diagonal.
    Die Panik, mit der sie ans Werk ging, erschreckte sie. Sie wollte die Schachtel loslassen, ihr den Rücken zukehren, aber sie konnte nicht aufhören.
    Martie arbeitete so schnell und verbissen, dass ihr feiner, glänzender Schweiß auf die Stirn trat; keuchend und leise wimmernd vor Angst und Ungeduld wickelte sie die gesamte Haushaltsrolle Klebeband um den Karton, an einem Stück, um ja die Schere nicht anfassen zu müssen. So gründlich, wie sie ihn verpackte, kam sie sich vor wie ein königlicher Mumifizierer im alten Ägypten, der seinen toten Pharao mit salbengetränkten Leinentüchern bandagierte.
    Doch auch nachdem sie die ganze Rolle aufgebraucht hatte, war sie nicht zufrieden mit ihrem Werk, denn sie wusste ja immer noch, wo sich die Messer befanden, auch wenn sie nicht mehr so leicht zugänglich waren. Sie hätte sich durch endlose Schichten von Klebeband arbeiten müssen, um die Schachtel zu öffnen und die Messer herauszuholen, und da sie es niemals wagen würde, zu diesem Zweck ein

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