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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Angstzustände gealtert, die Gesichtszüge in sechzehn Monaten der Isolation erschlafft und verschwommen, grau vor Langeweile und von Sorgen verzehrt.
    Die Frau auf dem Monitorbild war schlank und hübsch. Und – wichtiger noch – sie schien ein Ziel vor Augen zu haben. Dies war eine Frau voller Zuversicht – und sie hatte eine Zukunft.
    Erfreut spielte Susan die Aufnahme noch einmal ab. Und da war sie wieder, zurückgerufen aus dem Eisenoxidgedächtnis der Kamera, bewegte sie sich zielstrebig im Raum, verschwand aus dem Bild, tauchte wieder auf, hielt inne, um zu lauschen: eine Frau, die einen Plan verfolgte.
    *
    Sogar ein Löffel konnte als Waffe dienen, wenn man ihn umdrehte und mit dem Stiel zustach. Auch wenn er nicht so scharf wie ein Messer war, konnte man einem Menschen damit Wunden zufügen, konnte ihn blenden.
    Von Zeit zu Zeit wurde Martie von einem so heftigen Beben geschüttelt, dass der Löffel in ihrer Hand vibrierte. Zweimal klapperte er gegen den Teller, als wollte sie eine Tischrede ankündigen.
    Am liebsten hätte sie den Löffel weit von sich gelegt und mit den Fingern gegessen. Sie verzichtete aber darauf, aus Angst, Dusty könnte sie dann endgültig für verrückt halten.
    Die Unterhaltung bei Tisch hatte einen merkwürdigen Beiklang. Obwohl sie ihm schon im Wohnzimmer alles haarklein erzählt hatte, hörte er nicht auf, Fragen über ihre Panikattacke zu stellen. Es wurde ihr zunehmend unangenehm, darüber zu sprechen.
    Zum einen schlug ihr das Thema aufs Gemüt. Die Erinnerung an ihr seltsames Verhalten erfüllte sie mit einem Gefühl der Hilflosigkeit, als wäre sie so machtlos und abhängig wie ein kleines Kind.
    Zum anderen hatte sie die irrationale, darum aber nicht weniger hartnäckige Befürchtung, durch das Reden über die Panikattacke die nächste heraufzubeschwören. Sie hatte das Gefühl, über einer Falltür zu sitzen, und irgendwann würde ihr, je länger sie redete, unweigerlich das Schlüsselwort entschlüpfen, das den Mechanismus auslöste und sie in einen bodenlosen Abgrund stürzen.
    Sie fragte Dusty, wie sein Tag verlaufen sei, woraufhin er eine lange Liste von Beschäftigungen aufzählte, denen er gewöhnlich nachging, wenn er wegen der Wetterverhältnisse keine Streicharbeiten erledigen konnte.
    Obwohl Dusty sie nie belog, spürte Martie, dass er ihr irgendetwas verschwieg. Allerdings konnte sie sich in ihrer gegenwärtigen Verfassung nicht so recht auf ihre Gefühle verlassen.
    Dusty schob den Teller von sich und sagte: »Du weichst ständig meinem Blick aus.«
    Das leugnete sie nicht. »Ich will nicht, dass du mich so siehst.«
    »Dass ich dich wie sehe?«
    »So schwach.«
    »Du bist nicht schwach.«
    »Die Lasagne hat mehr Mumm als ich.«
    »Sie ist zwei Tage alt. Für eine Lasagne … herrje, das wären ungefähr fünfundachtzig Menschenjahre.«
    »Ich fühle mich auch wie fünfundachtzig.«
    »Also, ich kann bezeugen, dass du wesentlich besser aussiehst als diese alberne Lasagne.«
    »He, Mister, Sie verstehen es aber, einer Frau Komplimente zu machen.«
    »Weißt du, was man uns Malern und Lackierern nachsagt?«
    »Was sagt man euch denn nach?«
    »Dass wir unheimlich dick auftragen können.«
    Ihre Blicke begegneten sich.
    Lächelnd sagte er: »Es wird alles gut, Martie.«
    »Nicht, solange deine Witze nicht besser werden.«
    »Schwach! Dass ich nicht lache.«
    *
    Mit einem Rundgang um die Zinnen ihrer Vier-ZimmerTrutzburg überzeugte sich Susan Jagger noch einmal, dass alle Fenster fest verriegelt waren.
    Der einzige Zugang zur Außenwelt war die Küchentür, und die war mit zwei Spezialschlössern und einer Kette gesichert.
    Nachdem Susan die Schlösser überprüft hatte, kippte sie einen Küchenstuhl und verkeilte ihn mit Lehne und Hinterbeinen zwischen Türgriff und Fußboden. Selbst wenn es Eric gelungen war, sich irgendwie in den Besitz eines Schlüssels zu bringen, würde der Stuhl verhindern, dass er die Tür öffnen konnte.
    Natürlich hatte sie es schon zuvor mit diesem Trick versucht. Es hatte den Eindringling nicht aufgehalten.
    Nach den Testaufnahmen mit der Videokamera hatte sie den Akku aus dem Gerät genommen und im Badezimmer wieder ans Ladegerät angeschlossen. Jetzt war er voll aufgeladen.
    Sie legte den Akku ein und versteckte die Kamera wieder im Efeu unter dem Bonsai-Bäumchen. Sie würde sie einschalten, bevor sie zu Bett ging, dann blieb ihr – dank der Verlängerungsfunktion – eine Aufnahmezeit von drei Stunden, in denen Eric ihr in die

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