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Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht

Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht

Titel: Stimmen in der Nacht - Brodie, L: Stimmen in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Brodie
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Initialen. Es wird eine Mahnung an das sein, was Sie getan haben.«
    Emma ließ das Armband vor Grace auf den Tisch fallen. Grace sah die Kette an, wollte sie aber nicht berühren. Sie würde sich daran verbrennen, das wusste sie.
    Langsam öffnete sie ihre Handtasche, hob sie auf die Höhe der Tischplatte und schob das Armband mit einem Finger über die Kante, sodass es hineinfiel.
    Grace sah Maggie an. »Ich kann dafür sorgen, dass du in Mrs Newels Geometriekurs wechseln darfst, ohne weitere Nachfragen.«
    Maggie nickte.
    »Nun.« Grace schob ihren Stuhl zurück. »Ich gehe dann jetzt.« Sie stand auf und hängte sich die Handtasche über die Schulter, ehe sie Emma noch ein letztes Mal ansah. »Es tut mir wirklich leid, ob Sie es glauben oder nicht.«
    Emma schüttelte den Kopf. Sie hörte so viele falsche Entschuldigungen in ihrem Job, die Worte klangen rein mechanisch. Doch sie hob den Blick und sah das unsichtbare Mädchen noch ein letztes Mal an. »Wenn Sie das alles tun, wird es Ihnen nicht mehr leidtun müssen.«

24
    Typisch,
dachte Grace Murdock, als sie das Café verließ. Ihre Professorin für englische Literatur hatte ihr eine schriftliche Arbeit mit einem Abgabetermin aufgegeben. Sollte sie die auch wissenschaftlich korrekt mit Fußnoten und bibliografischen Angaben anfertigen? Sollte sie Professor Greene vielleicht ein Exposé einreichen und um Kommentare zu diesem ersten Entwurf bitten?
    Warum nur war sie so bitter? Die zweite Runde im Café hatte ihre Schuldgefühle mindern, eine weitere Handvoll Erde auf ihre unbegrabene Vergangenheit werfen sollen. Doch wieder war der Prozess nicht abgeschlossen, und sie spürte ihr Gewissen auf ihren Schultern lasten, schwer wie ein Wintermantel, sodass sie sich jetzt, als sie an der Kooperative lokaler Künstler vorbeiging, an dem Schaufenster mit dem schimmernden Glaszierrat, den farbenfrohen Keramiken und Aquarellscheunen, fühlte wie der einzige Schandfleck inmitten des penetranten Charmes dieser Stadt, wie der einzige menschliche Makel in einer blitzblanken Gemeinde.
    Bekenntnis war nicht gut für die Seele. Bekenntnis war ein endlos demütigendes Trauma, das den ursprünglichen Schmerz in all seiner Schärfe wiederaufleben ließ. Und wie arrogant von Professor Greene, ihr das Armband zu überlassen. Wie arrogant, ihr Anweisungen zu geben, einer erwachsenen Frau, so als wäre sie immer noch College-Studentin   – ihr zu sagen, was sie tun und lassen, was sie Fremden gegenüber enthüllen sollte. Warum sollte sie dieses Symbol ihres Verbrechens behalten, wenn sie sich doch schon so sehrverändert hatte, so viel besser geworden war? Hatte Professor Greene ihre Transformation denn nicht gesehen?
    Neben der Künstlerkooperative stand ein grüner metallener Mülleimer, der fast bis an den Rand mit Papiertüten, Plastikbechern und Kuchenresten von den Kunden des Cafés gefüllt war. Grace holte das Armband aus der Handtasche und hielt es über den Müll. Scheiß auf Professor Greene. Scheiß auf die ›Jackson Gazette‹. Scheiß auf diese ganze lächerliche Stadt. Sie ließ das Armband los und sah es auf den Deckel eines Kaffeebechers fallen, dessen Kaffeereste das silberne Hufeisen und das Zinnbuch schwarz färbten, während die Kette in die Ritzen einer zerknüllten weißen Papiertüte glitt.
    Grace setzte ihren Weg fort, vorbei an der Buchhandlung und den Immobilienmaklern und auf das grüne Auto zu, das am Ende des Blocks geparkt war. Sie schuldete niemandem etwas. Nicht Maggie, nicht Emma, nicht den Leuten in dieser Stadt. Und dennoch, als sie an der Tür ihres Autos stand und ihren Schlüssel herausholte, dachte sie an das Kind, das dort auf der anderen Seite des Berges auf sie wartete. Ihrer Tochter schuldete sie alles, und frohen Herzens würde sie ihr alles geben. Wie sollte sie Lily gegenübertreten, wenn sie die Vergangenheit nicht beilegte? Wie konnte sie eine gute Mutter sein, wenn sie kein guter Mensch war?
    Die Vorstellung des in einer Pfütze bitteren Kaffees liegenden Armbands erschien ihr plötzlich schrecklich, so wie Geschichten von in Mülleimer geworfenen Föten. Was, wenn Maggie und ihre Mutter aus dem Café kamen, an der Künstlerkooperative vorbeigingen und in dem Mülleimer das weggeworfene Armband sahen? Sie würden wissen, wie schnell sie versagt hatte, wie oberflächlich ihre Entschuldigung gewesen war.
    Grace drehte sich um und war erleichtert, als sie in der Nähe des Mülleimers niemanden sah. Schnell lief sie zurück, griff mit

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