Stimmen
hat sie meine Energie abgezapft. Ich bin sofort zurück ins Bett und hab nur gesagt: Geh weg! Was, wenn Gespenster tatsächlich Blutsauger sind?«
»Ich glaube nicht, dass es das ist, was geschieht.«
Die Haustür ging auf: Helen kam mit einer Tüte Lebensmittel herein. Ihr Gesicht war zwar immer noch blass, aber offenbar hatte sie sich inzwischen mit der Störung des gewohnten Tagesablaufs abgefunden. Wieder spürte Peter unvermittelt heftiges Mitgefühl für sie.
»Ich hab die Gelegenheit genutzt, um ein paar Einkäufe zu tätigen«, sagte sie. »Hab Dulce de Leche mitgebracht. Und Häagen-Dazs-Eis. Ist euch das recht?«
»Ich geh jetzt ins Bett«, erklärte Lindsey, sprang von der Couch auf und wirbelte kurz Richtung Gang herum. »Dad und ich haben unser Gespräch gehabt. Es lief gut, mach dir also keine Sorgen.« Über ihre Schulter hinweg sah sie Peter an. »Du hörst jetzt doch mit deiner Arbeit für diese Telefongesellschaft auf, nicht?«
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»Ich werde dich nicht fragen, worüber ihr gesprochen habt«, verkündete Helen steif, nachdem Lindsey die Schlafzimmertür hinter sich zugemacht hatte. »Tut mir Leid, dass ich böse geworden bin. In letzter Zeit verhält Lindsey sich einfach merkwürdig – und du auch.«
»Und du hast wirklich nichts Seltsames gesehen?«, fragte Peter und folgte ihr in die kleine Küche.
»Falls du Gespenster meinst, nein«, erwiderte sie knapp.
»Lindsey hat mir gesagt, ihr hättet nicht darüber gesprochen«, bemerkte Peter verwirrt.
Helen kniff die Augen zusammen. »Ich hab deinen Scheck bei meiner Bank eingereicht. Der Geschäftsführer hat zwar ein paar dumme Bemerkungen losgelassen, aber ich hab einen Kotau vor ihm gemacht. Es ist viel Geld, Peter. Ich hoffe, die Arbeit läuft gut. Ich heb nächste Woche das Bargeld für dich von meinem Konto ab.« Sie griff in die Küchenschublade, um eine Eiskelle herauszunehmen. Danach kramte sie hinten in der Schublade herum und zog schließlich das Trans hervor. »Lindsey hat mich gebeten, dir das Ding zurückzugeben. Ich nehme an, es funktioniert, hab’s aber nicht ausprobiert.«
Als Peter das Trans in die Hosentasche steckte, kam er sich so vor, als wäre er mitten in einen Film geplatzt und hätte den größten Teil des wesentlichen Dialogs nicht mitgekriegt.
»Eine Kugel oder zwei?«
»Zwei.« Er achtete darauf, dass sie seine Hände, die zitterten, nicht sehen konnte.
»Ich habe heute einfach den Drang, irgendeinem Mann dazu zu verhelfen, dass er wenigstens ein paar Minuten glücklich und zufrieden ist. Ist das zu viel verlangt? Wenn man jemanden dazu bringen will, dass er Anteil an einem nimmt und wenigstens ein kleines bisschen glücklich ist?«
»Überhaupt nicht«, erwiderte Peter.
»Ich wünschte, ich könnte mit Lindsey noch kommunizieren«, sagte sie mit spröder Zurückhaltung. »Früher hatten wir ein so offenes Verhältnis.« Sie gab zwei Eiskugeln in eine kleine Schüssel, steckte oben einen Löffel hinein und reichte sie ihm. »Typisch, nicht? Ich war zu meiner Mutter ganz genau so.«
»Sie ist schon in Ordnung. Hart im Nehmen und Austeilen, genau wie du.«
»Sie verhält sich so, als wäre sie hart, aber sie ist erst zwölf. Ich mach mir Sorgen.«
Sie gingen ins Wohnzimmer, wobei Helen sich bemühte, fröhlich zu wirken. Nachdem sie etwas Eis gelöffelt hatte, sagte sie: »Ähm… Ich werd einfach das Gefühl nicht los, dass hier eine Verschwörung im Gange ist und ich außen vor bin.«
»Keine Verschwörung«, widersprach Peter. »Wir mussten vor dem Picknick nur ein paar Dinge bereinigen. Zum Beispiel, dass ich hier nicht gerade die Haustür eingetreten habe, um sie sehen zu können.« Er wusste selbst, wen er damit eigentlich schützen wollte.
»Tja, mea culpa, du Armer. Das Picknick ist für diesen Samstag geplant. Du wirst doch da sein, oder?«
»Werd alles daran setzen.«
»In der nächsten Zeit braucht sie nicht bei dir zu übernachten, Babysitting fällt flach, hab ja sowieso kein Liebesleben mehr.« Helen nahm einen größeren Löffel Eis. »Falls du dich wunderst, warum ich über Gespenster rede: Mein Freund ist völlig durchgeknallt. Seine Entschuldigung dafür, dass er mich abservierte, war, dass er seine Ehefrau im Garten hat herumspazieren sehen. Sie ist seit sechs Jahren tot. Ich such mir wirklich immer die Richtigen aus, nicht?«
Kapitel 38
Peter saß in einer Nische im Denny’s, sah zu, wie die Menschen kamen und gingen, und fragte sich im Stillen: Und was habt ihr
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