Stirb ewig
begrüßte er sie. »Was habt ihr denn hier zu suchen?«
»Ein bisschen frische Luft schnappen.«
»Gefährliche Gegend«, meinte Allison und deutete auf den Toten. »Der wollte auch nur frische Luft schnappen.« Ein Polizeiarzt und ein Fotograf waren eingetroffen. Allison sprach kurz mit ihnen und kam dann zu Grace und Branson zurück.
»Schon klar, was passiert ist?«
»Noch nicht.«
»Ich kannte ihn«, erklärte Grace. »Habe ihn heute Abend noch befragt. Um acht Uhr. Er ist der Geschäftspartner des Vermissten, du weißt schon, der Junggesellenabschied, die vier Unfallopfer von letzter Woche.«
Allison nickte.
»Können wir uns die Wohnung ansehen?«
»Ich war gerade oben – der Hausmeister hatte einen Schlüssel. Soll ich mitkommen?«
»Warum nicht?«
Die drei Beamten betraten die Wohnung. Der Hausmeister, ein muskulöser Mann Mitte fünfzig in Shorts und Unterhemd, wartete vor der Tür.
Grace ging durchs Wohnzimmer auf den Balkon, auf dem er noch wenige Stunden zuvor gestanden hatte. Von oben sah er die Menschen, die beiden Krankenwagen, die Streifenwagen, das Blitzlicht des Polizeifotografen, das Absperrband um die Gestalt von Mark Warren, die dunkle Flüssigkeit um seinen Kopf herum.
Er dachte an den Empfang, bei dem Mark sich so aggressiv verhalten hatte. Heute Abend hatte er sich als betrunkenes Wrack gezeigt. Grace wusste aus Erfahrung, dass Überlebende von Unfällen mit Toten oft von Schuldgefühlen gequält wurden; manche gingen daran zugrunde. Doch war Mark Warren wirklich deshalb vom Balkon gesprungen?
Denkbar, dass er an dem Abend, an dem er mit dem schlammbedeckten Wagen nach Hause kam, zur Unfallstelle gefahren war, an der er seine Freunde verloren hatte. Doch warum war er bei dem Hochzeitsempfang so aggressiv geworden? Das passte nicht ins Bild. Grace hatte bei Mark kein gutes Gefühl gehabt. Ein Trauzeuge, der die Pläne für den Junggesellenabschied nicht kannte?
War das glaubhaft?
Nachdenklich kehrte er ins Wohnzimmer zurück. »Wir schauen uns noch ein bisschen um.« Grace trat an den Schrank, zu dem Marks Blicke ständig gewandert waren, fand in der ersten Schublade aber nur zwei verstaubte Blumenvasen und eine leere Kiste Cohiba Robustos.
Sorgfältig ging er auch die anderen Fächer und Schubladen durch. Als er sich zum Kühlschrank in der offenen Küche vorgearbeitet hatte und die Tür öffnete, fettarme Milch, Joghurt, exklusive Salatmischungen und mehrere Flaschen weißen Burgunder und Champagner registrierte, hätte er beinahe den Polsterumschlag übersehen.
Er zog ihn hervor und schaute stirnrunzelnd hinein. Kippte den kleinen Plastikbeutel auf die Arbeitsplatte aus schwarzem Marmor.
»Herr im Himmel«, sagte Branson und starrte auf die Fingerspitze.
»Gut, allmählich ergibt es einen Sinn«, warf Robert Allison ein. »Das hier habe ich nämlich bei dem Opfer gefunden, als ich nach Papieren suchte.« Er holte ein gefaltetes DIN-A4-Blatt aus der Tasche, das er Grace aushändigte.
Lassen Sie den Abdruck von der Polizei überprüfen. Er ist von Ihrem Freund und Geschäftspartner. Ich schneide alle 24 Stunden ein größeres Stück von ihm ab. Bis Sie genau das tun, was ich verlange.
»Ich glaube, das verrät uns zweierlei«, sagte Grace.
Die Kollegen sahen ihn an. Grace überlegte, bevor er bedächtig weitersprach.
»Erstens haben wir es nicht mit einem Selbstmord zu tun. Und zweitens können wir von Glück sagen, wenn wir Michael Harrison noch lebend finden.«
79
WIEDER DAS HANDY! Zum dritten Mal! Immer hatte er wie wild die Tasten gedrückt, damit Vic nichts merkte. Hatte dann auf der Tastatur herumgefingert und die Mailbox angewählt. Und jedes Mal dieselbe verdammte Frauenstimme gehört: »Sie haben keine neuen Nachrichten.«
Doch nun teilte sie ihm etwas anderes mit: »Sie haben eine neue Nachricht.« Und dann: »Hallo, Michael Harrison, hier spricht Detective Sergeant Branson von der Kriminalpolizei Brighton. Dies ist eine Antwort auf Ihre Nachricht an Ashley Harper. Bitte rufen Sie an oder schicken eine SMS an 0789965018. Noch einmal zur Wiederholung: 0789 965018.«
Das Schönste, was Michael je im Leben gehört hatte.
Er versuchte, im Dunkeln eine Antwort zu tippen: »Ihc wEEde gEfaagen – «
Grellweißes Licht.
Vic.
»Hast du etwa ein Handy, von dem du mir nichts verraten hast, Mikey? So ein ungezogener Junge aber auch. Das nehme ich dir lieber mal weg, bevor du Probleme kriegst.«
Michael grunzte.
Vic entriss ihm das
Weitere Kostenlose Bücher