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Stirb ewig

Titel: Stirb ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Scheibenwischer klemmte.
    Idioten.
    Er stieg aus, schnappte sich den Strafzettel und riss die Plastikhülle auf. Fünfunddreißig Mäuse wegen eines Parkscheins, der ganze fünf Minuten abgelaufen war – und keine Aussicht, ihn als Spesen deklarieren zu können. Das hatte der Chief mehr als deutlich erklärt.
    Ich hoffe, Mr Branson, Sie mit Ihrem netten Wochenendtrip nach Solihull wissen das zu schätzen. Er verzog das Gesicht und warf den Zettel auf den Boden. Dann kehrte er in Gedanken zu Mark Warren zurück. Vor fünf Jahren hatte er im FBI-Ausbildungszentrum in Quantico einen zweiwöchigen Kurs in Kriminalpsychologie besucht, der ihn zwar nicht zu einem Fachmann gemacht, aber doch gelehrt hatte, seinen Instinkten zu vertrauen. Körpersprache zu interpretieren. Und Mark Warrens Körpersprache war mehr als verräterisch. Er hatte vier enge Freunde verloren. Sein Geschäftspartner wurde vermisst, war womöglich tot. Er müsste unter Schock stehen, wie betäubt wirken, bestürzt sein, alles, aber nicht wütend. Für Wut war es noch viel zu früh.
    Und Grace hatte ganz deutlich gespürt, dass er mit der Bemerkung über die Wagenwäsche einen wunden Punkt getroffen hatte.
    Ich weiß ja nicht, was Sie vorhaben, Mr Warren, aber ich werde es herausfinden.
    Er wählte eine Nummer, hörte es klingeln. Da es Samstagnachmittag war, rechnete er mit einem Anrufbeantworter, aber es meldete sich eine Frauenstimme. Weich und warm. Man konnte ihr unmöglich anhören, womit sie ihr Geld verdiente.
    »Leichenschauhaus Brighton and Hove.«
    »Cleo, ich bins, Roy Grace.«
    »Mensch, Roy, wie geht’s denn noch so?«
    Grace merkte, wie er sich automatisch auf einen Flirt einließ. »Ganz gut. Ich bin sehr beeindruckt, dich um diese Zeit bei der Arbeit zu finden.«
    »Die Toten achten nicht auf Wochentage.« Sie zögerte. »Die Lebenden wohl auch nicht. Die meisten jedenfalls.«
    »Die meisten?«
    »Mir kommt es so vor, als wüssten die meisten Lebenden gar nicht, welchen Wochentag wir gerade haben – sie tun zwar so, aber es stimmt nicht.«
    »Schwer verdauliche Philosophie für einen Samstagnachmittag.«
    »Ich studiere an der Open University Philosophie und muss meine Argumentation an jemandem ausprobieren – und die Leute hier reagieren nicht so richtig.«
    Grace grinste. »Und wie geht es dir?«
    »Geht so.«
    »Du klingst ein bisschen down.«
    »Mir ging es nie besser, Roy. Bin nur müde. Ich arbeite schon die ganze Woche – Personalmangel – und Doug ist in Urlaub.«
    »Habt ihr die Jungs, die am Dienstag bei dem Verkehrsunfall umgekommen sind, noch im Leichenschauhaus?«
    »Ja, die sind hier. Josh Anderton auch.«
    »Ist das der Mann, der später im Krankenhaus gestorben ist?«
    »Ja.«
    »Ich muss sie mir ansehen. Kann ich jetzt kommen?«
    »Sie warten auf dich.«
    Grace mochte ihren schwarzen Humor. »In zehn Minuten bin ich da.«
     
     
    Auf den Straßen war mehr los als erwartet, und er brauchte fast zwanzig Minuten, bevor er am zentralen Kreisverkehr dem Schild LEICHENSCHAUHAUS BRIGHTON & HOVE folgte und rechts abbog. Er fuhr durch das schmiedeeiserne Tor zwischen den Ziegelmauern, das rund um die Uhr geöffnet war – was Symbolcharakter hatte, denn die Toten kümmerten sich nicht um Öffnungszeiten.
    Grace kannte den Ort nur zu gut. Ein nichts sagendes Gebäude mit unheilvoller Ausstrahlung – lang, flach, mit Rauputzmauern und einer überdachten Einfahrt, in die ein Krankenwagen passte. Das Leichenschauhaus diente bei plötzlichen, gewaltsamen oder zweifelhaften Todesfällen als Zwischenstation, bevor die Leiche beerdigt oder eingeäschert wurde. Außerdem nahm man dort Opfer von Infektionskrankheiten wie viraler Meningitis auf, bei denen eine Autopsie von medizinischer Bedeutung sein konnte.
    Dennoch war eine Autopsie die ultimative Erniedrigung. Ein Mensch, der sich Tage zuvor noch bewegt, gesprochen, gelesen, geliebt hatte, wurde aufgeschnitten und ausgeweidet wie ein Schwein beim Metzger.
    Er parkte hinter einem blauen MG, der vermutlich Cleo gehörte, lief durch den Regen zum Vordereingang und klingelte. Die kleine, blaue Tür hätte auch zu einem Vorstadtbungalow gepasst.
    Kurz darauf öffnete Cleo Morey und lächelte ihm herzlich entgegen. Sooft er sie traf, verblüffte ihn immer wieder der Kontrast zwischen der ungeheuer attraktiven jungen Frau mit dem langen, blonden Haar und ihrem grünen Chirurgenkittel, der strapazierfähigen grünen Schürze und den weißen Gummistiefeln. Sie hätte auch als Model oder

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