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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Götz
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ICH, wie ich es mache. Meinen Protokollen sei Dank! An jedem Dienstagnachmittag, so gegen sechs, macht Laila auf dem Weg zum Volleyballtraining in der Stadtbibliothek Station und versorgt sich mit ihrer wöchentlichen Dosis an banalem Lesestoff. Weil sie nie sehr lange braucht, gibt sie ihre Jacke und Tasche nicht an der Garderobe ab, sondern lässt sie einfach im Vorraum liegen. Ich werde vor ihr da sein und meine eigene Tasche bereits abgelegt haben. Wenn sie weg ist, tausche ich ihre Wasserflasche gegen die aus, die ich mitgebracht habe. Glück muss man haben: Sie trinkt ein stilles Wasser von immer derselben Marke. Nach dem Sport wird sie durstig sein und sehr schnell sehr viel trinken. Trotzdem werde ich das Zyankali sicherheitshalber hoch dosieren, damit es auch reicht, wenn sie nur einen kleineren Schluck nimmt.
    Dass sie mich um das Vergnügen bringt, dabei zu sein, wenn sie verendet, das verzeih ich ihr nie! In der Hölle sollst du schmoren, Schlampe!

13
    »HAMMER, ODER?«, SAGTE Joy und lugte unter der Kapuze ihrer Regenjacke hervor.
    »Hä?«, machte Sascha. Er hatte bis halb zwei an seiner Playstation gesessen und versuchte noch, sein Schlafdefizit auszubalancieren. Nicht einmal der kühle Wind hatte es bis jetzt geschafft, seine Müdigkeit zu vertreiben.
    Sie standen mit ihren Fahrrädern an der Kreuzung, an der sich ihre Schulwege jeden Morgen trennten. Um einem Regenschauer zuvorzukommen, waren sie ein bisschen früher losgefahren, doch die dunklen Wolken hatten sich wider Erwarten verzogen, und so hatten sie keine Eile mehr.
    »Na, das da!« Joy deutete auf die fette Schlagzeile, die sie vom Zeitungskasten eines Boulevardblatts herab anbrüllte: ES WAR ZYANKALI ! TEENAGER - TOD IMMER MYSTERIÖSER .
    Erst jetzt wachte Sascha richtig auf. »Worum geht’s denn da?«, fragte er.
    Joy wischte sich die Kapuze vom Kopf. »Hast du das echt nicht mitgekriegt? Dieses Mädchen – Laila heißt sie, glaube ich – ist nach dem Sport tot zusammengebrochen. Von jetzt auf gleich. Hat noch gezuckt und so, dann war’s vorbei. Voll krass, oder?«
    Und ob das krass war. Krasser noch, als ihr offenbar klar war. »Natalie hat sich auch mit Zyankali umgebracht. Und Alina.«
    »Wieso
auch
? Die hier hat sich garantiert nicht umgebracht. Nach dem Sport, in der Umkleidekabine. So was macht doch kein Mensch.«
    Nee, eigentlich nicht, dachte er. Aber sein Kopf war so blockiert, dass er sich nicht denken konnte, wie das sonst zugegangen sein sollte. Erst als Joy es aussprach, wurde es ihm klar: »Jemand muss sie vergiftet haben. Das war Mord.«
     
    KAUM ZU HAUSE von der Schule, setzte Sascha sich an seinen Laptop und recherchierte alles, was er im Internet an Berichten über den Tod dieser Laila finden konnte. Wie es aussah, hatte ihr jemand das Gift in die Wasserflasche gemischt, aus der sie nach dem Volleyballtraining getrunken hatte. Das war aber schon alles, was sich mit Gewissheit sagen ließ.
Wir ermitteln in alle Richtungen
, hieß es vonseiten der Polizei.
Die Ermittlungen stehen aber noch ganz am Anfang.
Mit diesen Worten wurde die Leiterin der sofort gebildeten Soko »Laila« zitiert. Ihr Name: Ilona Schmidt.
    Komisch, dachte er, Mama hat kein Wort darüber verloren.
    Seine Mutter kam an diesem Tag noch später nach Hause als sonst. Erst weit nach elf Uhr hörte er endlich ihren Schlüssel in der Tür. Sofort eilte er in den Flur.
    »Na?«, sagte sie müde, ließ ihre Tasche auf den Boden sinken und streifte Mantel und Schuhe ab. Sie sah aus wie eine flügellahme Taube.
    »Hunger?«, fragte er.
    »Nein, danke. Wir haben uns Pizza ins Büro kommen lassen.« Sie kniff die Augen zusammen und sah ihn fragend an. »Is’ was?«
    »Was soll sein?« Bemüht, ganz und gar beiläufig zu klingen, fügte er nach ein paar Sekunden hinzu: »Dein Name war in der Zeitung. Wegen diesem toten Mädchen. Laila. Du hast gar nichts davon erzählt.«
    Sie ging an ihm vorbei in die Küche. Doch so leicht ließ er sich nicht abwimmeln. Er sah zu, wie sie einen Apfelsaft aus dem Kühlschrank nahm und aus der Flasche trank, obwohl sie zu ihm immer sagte, das sei total unappetitlich. »Der Fall hält uns ganz schön auf Trab. Komische Sache.«
    »Stimmt es, dass sie mit Zyankali vergiftet wurde?«
    »Mhm.« Sie trank noch mal, dann stellte sie die Flasche weg, nicht in den Kühlschrank, sondern auf die Anrichte.
    In die gespannte Stille hinein, die sich zwischen ihnen aufgetan hatte, sagte er: »Warum hast du mir nichts davon

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