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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Götz
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Sascha fragen konnte.
    Bruno, dachte er, alles klar.
    »Wie praktisch, bei so einem Wetter einen Chauffeur zu haben. – Du, ich muss weiter.«
    »Wohin denn so eilig?«
    »Ich treff Mareike im
Rocky
. Ihr ist noch was eingefallen, sagt sie, zu Natalie.«
    »Wirklich? Super.« Die Begeisterung klang nicht echt.
    »Ich erzähl dir alles, wenn ich wieder da bin. Aber jetzt muss ich los.«
    Er zog die Kapuze auf und sprang hinaus in den Regen.
    »Vielleicht stellst du sie mir bei Gelegenheit ja mal vor, deine Mareike«, rief Joy ihm nach.
    Sie ist nicht
meine
Mareike, wollte er schon sagen, sagte dann aber nur: »Klar, warum nicht?«
     
    »WAR DAS EBEN dein neuer Freund?«, fragte Joys Mutter.
    »Wer?«
    »Na der, der dich heimgebracht hat. Ich hab euch zufällig vom Fenster aus gesehen.«
    Joy rollte mit den Augen. »Das war niemand. Absolut niemand!« Sie warf den Rucksack neben den Schuhschrank, zog erst die nasse Regenjacke, dann die Gummistiefel aus und versuchte dabei, die bohrenden Blicke ihrer Mutter zu ignorieren.
    »Ist was?«, fuhr sie sie schließlich an.
    »Nein. Aber es ist schon nach vier, und Schule war um eins aus, wenn ich nicht irre.«
    »Na und?«
    »Wieso denn so zickig? Darf ich nicht mal fragen?«
    Nein, durfte sie nicht!
    »Das Problem ist – Ach!«
    Sie war es leid, immer alles zu erklären und sich zu rechtfertigen. Hörte das nie auf? Zornig lief sie in ihr Zimmer.
    »
Was
ist das Problem?«, rief ihr ihre Mutter nach.
    Aber da schlug die Tür schon ins Schloss.
    Das Problem war, dass Lehrer viel zu viel Freizeit hatten und deshalb dauernd zu Hause rumhingen und ihren Kindern auf den Keks gingen; dass sie sie überwachten und ständig Fragen stellten zu Sachen, die sie nichts angingen. Das Problem war, dass Mütter ihre Töchter nicht dauernd in irgendwelche Beziehungen oder Freundschaften reinquatschen, sondern akzeptieren sollten, dass die ihr eigenes Leben lebten und ihre eigenen Entscheidungen trafen. Töchter wollten nicht hören, was ihre Mütter in ihren sogenannten wilden Jahren alles angestellt hatten, schon gar nicht, wenn es um Liebe und Sex und solche Sachen ging. Mütter sollten nicht die besten Freundinnen ihrer Töchter sein wollen, sondern genau das, was sie nun mal waren: Mütter.
    Joy sank aufs Bett, saß eine Weile da, ehe sie sich nach hinten fallen ließ und an die Decke starrte.
    Nein, das alles war nicht das Problem. Nicht heute. Nicht jetzt. Das eigentliche Problem war, dass Sascha sich mit dieser Mareike traf und sie einfach nicht einschätzen konnte, was da genau lief. Was auch immer es war, es sah jedenfalls verdammt danach aus, als würde diese Mareike sie verdrängen. Die Tristan-Sache war ihr gemeinsames Ding gewesen. Man wechselte doch nicht einfach so den Partner. Gerade von Sascha hätte sie etwas anderes erwartet. Anscheinend hatte sie sich in ihm getäuscht. Genau wie in allen anderen. Man musste den Tatsachen des Lebens ins Auge sehen: Männer waren so. Irgendwann enttäuschten sie einen. Das war wohl ein Art Naturgesetz. Und die mit den sanften Augen und den schönen Gitarrenspielerhänden waren wahrscheinlich die Schlimmsten.
     
    WIE BEIM LETZTEN Treffen im
Rocky
war Mareike schon da und erwartete ihn. Ihre eben noch in sich gekehrte, finstere Miene, mit der sie in ihr Glas Cola gestarrt hatte, hellte sich schlagartig auf, als sie ihn bemerkte. Auf dem Weg zu ihrem Tisch überlegte Sascha, ob er den gestrigen Abend ansprechen sollte, entschied sich aber dagegen. »Sauwetter«, sagte er stattdessen nur, nachdem er sie begrüßt hatte, schlüpfte aus seiner nassen Jacke und hängte sie über die Stuhllehne. Dann setzte er sich. »Hier bin ich also. Was gibt’s so Wichtiges?«
    »Musst du sofort wieder los?«
    »Nee, warum?«
    »Na, weil du gleich so zur Sache kommst.«
    »Ach so, ich dachte halt …« Seit wann war sie so empfindlich?
    »Schon okay. – Wie gesagt, mir ist da noch was zu Natalie eingefallen. Es war eine Woche oder so, bevor sie sich …, also, bevor sie das Gift genommen hat. Da hat sie mich angerufen. Es ging ihr nicht gut, das hab ich gleich gemerkt. Sie wollte, dass ich sie abhole. Nicht bei sich zu Hause, sondern bei einer Freundin. Angeblich. Ich bin also hin, aber da war keine Freundin, nur sie. Ihr war total schlecht, sie hatte auch schon gekotzt. Sie brauchte jemanden, der sie nach Hause brachte. Keine Ahnung, ob sie nur gesoffen hatte oder ob auch was anderes im Spiel war. Sie hat es mir nicht gesagt, und ich hab sie nicht

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