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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Götz
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noch zehn Minuten. Sie schwiegen jetzt schon ziemlich lange. Schließlich sagte Bruno: »Bist du eigentlich … Ich meine …« Er räusperte sich. »Gibt es jemanden, den du …?«
    Joy rutschte ein wenig im Autositz herum. »Eigentlich nicht.«
    »Eigentlich?«
    »Nein, es gibt niemanden.«
    »Und was ist mit Sascha?«
    »Was soll mit ihm sein?«
    »Keine Ahnung. Ich frag nur.«
    Der Scheibenwischer scharrte wieder einmal über die Scheibe, und Joy bemerkte auf dem Bürgersteig gegenüber eine Gestalt in einer olivfarbenen Regenjacke, die ein paarmal vor dem Hauseingang auf und ab ging. Dann verschwamm sie zu einem Farbfleck, der langsam aus dem Sichtfeld glitt.
    »Sascha und ich sind nur Freunde«, sagte sie nun mit einiger Verzögerung. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er ihr das nicht glaubte, aber er sagte nichts dazu.
    Sie hingen beide ihren Gedanken nach.
    Da trat ein Junge auf die Straße, spannte einen Regenschirm auf und ging zügig davon. Wahrscheinlich Androschs Patient.
    »Jetzt kann es nicht mehr lange dauern«, sagte Bruno.
    Er drehte sich zur Rückbank um und holte aus dem Fußraum hinter ihrem Sitz etwas hervor. Als sie sah, was es war, erschrak sie: ein Baseballschläger.
    »Spinnst du?«, rief sie.
    »Ist nur zur Einschüchterung«, beschwichtigte Bruno. »Ich setz ihn nicht ein. Bin doch kein Schlägertyp.«
    Da war sie sich inzwischen nicht mehr so sicher.
    »Bist du total übergeschnappt?«, fuhr sie ihn an. »Leg das Ding weg!«
    Er überlegte einen Moment, dann tat er, was sie wollte, wenn auch widerwillig.
    Da ging auf der anderen Straßenseite erneut die Tür auf. Ein Mann in einem Regenmantel trat heraus, spannte, noch in der Tür stehend, seinen Schirm auf.
    »Das ist er«, sagte Bruno.
    »Bist du sicher?« Er hatte ihr gestern zwar ein paar Bilder von Androsch gezeigt, die er im Internet gefunden hatte, aber sie hätte ihn trotzdem nicht erkannt.
    »Hundertpro.«
    Während der Mann auf der anderen Straßenseite zielstrebig den Bürgersteig hinabging, stiegen sie aus und überquerten die Straße. Joy hatte Mühe, mit Bruno Schritt zu halten, ohne zu rennen. Ihr wurde mit jeder Sekunde mulmiger. Ihr erster Eindruck, dass Bruno ein ziemlich harmloser Typ war, galt schon lange nicht mehr. Zumindest wenn es um seine Schwester ging, war er zu allem fähig, das zeigte sich immer mehr. Sie konnte kaum fassen, dass er zu diesem angeblichen
Gespräch
mit einem Baseballschläger ausgerückt war!
    Androsch – oder zumindest der Mann, den sie dafür hielten – ging auf einen dunkelblauen BMW zu. Schon schienen die Blinklichter auf, die Türen entriegelten hörbar.
    »Herr Androsch!«
    Der Mann blieb stehen und drehte sich zu Bruno um. »Ja?« Er war es also wirklich.
    Mit zwei großen Schritten sprang Bruno auf ihn zu, sie standen so dicht voreinander, dass ihre Nasenspitzen sich fast berührten.
    »Was hast du mit meiner Schwester gemacht, du Schwein?«, schrie Bruno.
    Androsch sah ihn verwirrt an und trat einen Schritt zurück. »Was? Wer sind Sie überhaupt?«
    »Ich bin Alinas Bruder. Du erinnerst dich doch noch an Alina, oder?«
    »Ich weiß nicht, was …«
    Bruno schlug ihm den Regenschirm aus der Hand.
    »Bruno!«, rief Joy. »Hör auf!«
    Aber er war nicht zu bremsen. Er packte Androsch am Kragen, stieß ihn nach hinten und drückte ihn gegen seinen BMW .
    »Ich will wissen, was du meiner Schwester angetan hast! Und lüg mich nicht an!«
    Androsch sagte überhaupt nichts mehr. Starr vor Schreck, mit offenem Mund, sah er Bruno an.
    »Lass ihn los!« Joy, die bisher ebenfalls wie gelähmt gewesen war, packte Bruno am Ärmel.
    Der fuhr mit dem Arm nach hinten, Joy spürte einen heftigen Schmerz im Bauch, taumelte zurück und fiel auf den Boden, mitten in eine Pfütze. Er hatte ihr seinen Ellbogen in den Magen gerammt. Und es tat höllisch weh. Zum Schmerz kam die Wut. So ein Irrer!
    Ehe sie wieder hochkam, sah sie, wie von hinten jemand auf Bruno zulief und ihn packte. Der Typ in der olivfarbenen Jacke, den sie vorhin schon einmal kurz gesehen hatte. Er riss Bruno von Androsch los und stieß ihn weg. Dabei bekam Bruno seine Jacke zu fassen, mit einem lauten Ratsch riss eine Naht auf. Bruno wurde ein Ellbogen in die Rippen gerammt, er taumelte und fiel aufs Gehsteigpflaster. Der Typ in der Regenjacke setzte nach und trat ihn mit seinen schweren Stiefeln in die Nieren.
    »Du verdammtes Arschloch!«, brüllte Bruno, »ich mach dich alle!« Er wollte aufspringen, doch der Angreifer zog ein

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