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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Götz
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Erklärungen oder gar Rechtfertigungen für Mirko zu suchen.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Mareike.
    »Was wohl? Ich muss meiner Mutter alles erzählen.«
    Und sie wird ganz schön Augen machen, dachte er, dass wir den Fall gelöst haben, während sie mit ihren tausend Polizisten noch immer im Nebel stochert.
    »Du willst deiner Mutter erzählen, dass wir in die Wohnung eingebrochen sind? Da lässt du mich aber schön raus, ja? Ich will keinen Stress mit meinen Alten haben.«
    »Dann machen wir eben einen anonymen Anruf. Das heißt, ich mach das.«
    »Solche Anrufe werden aufgezeichnet. Deine Mutter erkennt hundertpro deine Stimme.«
    »Umso besser.«
    »Aber mich lässt du da raus, klar? Versprich es mir!«
    »Keine Sorge, dein Name wird nicht fallen. Ich schwör’s.«
    Zum ersten Mal nach all den Schrecken dieser Nacht gelang ihm ein kleines Lächeln.

28
    ALS DAS HANDY auf ihrem Nachttisch klingelte, war Joy innerhalb von Sekunden hellwach. Ihr Blick ging zum Wecker. 05 : 23 . Unmöglich die korrekte Zeit, denn draußen war es taghell. Dass Sascha mitten in der Nacht verschwunden war, hatte sie lange umgetrieben. Seine Erklärung, er müsse etwas im Hof nachsehen, hatte sie keine Sekunde lang geglaubt. Für wie blöd hielt er sie! Er traf sich mit dieser Mareike, das lag auf der Hand, und es gefiel ihr überhaupt nicht. Was lief da nur zwischen den beiden?
    Als sie dann doch eingeschlafen war, hatte ein lauter Knall sie wieder aufgeschreckt: Saschas Mutter, und ziemlich in Eile, wie die laut polternden Schritte auf der Treppe vermuten ließen. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Sascha ist was zugestoßen. Das war ihr erster Gedanke gewesen. Ein Unfall! Vielleicht ist er sogar … Nein, sie konnte, sie wollte es sich nicht vorstellen.
    Und dann – sie schämte sich im Nachhinein, es sich einzugestehen – hatte sie angefangen zu weinen. Stumm in ihr Kissen, um ihre Mutter nicht zu wecken. Als sie, keine Viertelstunde später, knarrende Schritte auf der Treppe hörte, war sie aufgesprungen und zum Spion gerannt. Er war es! Schlich im Dunkeln herauf wie ein Einbrecher. Am liebsten wäre sie rausgestürmt, um ihn erst zu umarmen und ihm dann in den Hintern zu treten. Aber sie tat keins von beidem.
    Joy nahm das Handy.
Sascha
, stand im Display. Super, dachte sie, zumindest hat er nicht ganz vergessen, dass es mich gibt.
    »Weißt du, wie spät es ist?«, fragte sie ihn als Erstes.
    »Okay, schon klar, zu früh für Sonntag.«
    »Nein, ich hab wirklich keine Ahnung. Mein Wecker spinnt.«
    »Ach so. Es ist kurz nach acht.«
    »Bist du bescheuert, mich so früh anzurufen!? An einem Sonntag!«
    Er hatte schon begriffen, dass sie die Empörung nur spielte, denn er sagte gelassen: »Frühstück bei mir, in einer halben Stunde?«, und fügte hinzu: »Ich muss dir was erzählen, das wird dich glatt umhauen.«
    Wie von der Kobra gebissen, fuhr sie hoch.
    »Was Gutes oder was Schlechtes?«
    »Wie man’s nimmt.«
    »In zehn Minuten bin ich da.«
    Alle schlechten Gefühle, Ungewissheiten und Zweifel waren längst in der Freude darüber ertrunken, gleich mit ihm genüsslich zu frühstücken. Sie sprang aus dem Bett und aus ihren Schlafklamotten, zog den BH an, warf sich ein Shirt und einen Schlabberpulli über und schlüpfte in ihre Jeans. Im Bad besprengte sie ihr Gesicht mit eiskaltem Wasser und lockerte das zerzauste Haar mit gespreizten Fingern. Das musste genügen. Was er ihr wohl erzählen wollte?
    »Mama, ich bin weg«, rief sie im Vorüberfliegen ins Schlafzimmer ihrer Mutter, »bei Sascha drüben.«
    Die Tür war nur angelehnt. Sie hörte ihn in der Küche mit Tellern und Besteck hantieren und gesellte sich zu ihm. Er empfing sie mit einem Blick, den sie an ihm kaum je gesehen hatte und der ein Kribbeln unter ihrer Bauchdecke auslöste. »Cooles Outfit«, sagte er dann lächelnd. »Spiegelei?«
    »Klar.«
    Sie nahm ihm die Teller und das Besteck ab und deckte den Tisch, während er eine Pfanne aus einem Küchenschrank holte und auf den Herd stellte.
    »Hast du gestern gefunden, was du gesucht hast?«, fragte sie.
    »Kann man so sagen.«
    »Aber nicht unten im Hof, oder?«
    Sascha ging an den Kühlschrank, holte zwei Eier heraus.
    Sie wurde heute nicht schlau aus ihm. Er wirkte irgendwie anders als sonst. Selbstbewusst. Erwachsener. Moment, dachte sie plötzlich, hat da jemand letzte Nacht Sex gehabt? Vielleicht sogar den ersten in seinem Leben? Wenn es so war, dann hatte er sich anscheinend nicht blamiert,

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