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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Götz
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und Natalie in dem Oma-Café. Das war der Tag gewesen, an dem sie sich kennengelernt hatten. Und jetzt sah er sich selbst, wie durch Tristans Augen!
    »Bist du okay?«, fragte Mareike.
    Er fasste sich, so gut es ging. »Alles bestens. Machen wir weiter, damit wir hier wegkommen.«
    Während Mareike weiter in Natalies Ordner blätterte, sah er die anderen durch. Hastig, mit zitternden Händen. Betrachtete die Fotos der Mädchen auf der jeweils ersten Seite. Las ihre Namen: Sarah, Alina, Laila. Alle tot.
    »Hier ist noch was, Sascha.«
    Was denn noch? Die Ordner waren doch schlimm genug. Er schaute zu ihr.
    Mareike hielt einen USB -Stick hoch. »Der war mit Tesafilm hinten eingeklebt. Was sollen wir damit machen?«
    Sascha zuckte die Schultern. Was würde schon darauf sein? Noch mehr Fotos. Videos. Vielleicht solche, die die Mädchen beim Umziehen zeigten oder beim Duschen. Was immer es auch war, er wollte es eigentlich gar nicht sehen. Andererseits konnte auch etwas vollkommen anderes auf dem Stick sein. Etwas, das einen Hinweis auf Tristans Motive lieferte.
    »Schauen wir wenigstens rein«, beschloss er.
    Mareike entdeckte unter dem Papierchaos auf dem Tisch einen zugeklappten Laptop und schaltete ihn ein.
    Sascha trat zu ihr.
    »Das ist alles so widerlich«, sagte sie und schüttelte sich.
    Die Anspannung schnürte Sascha die Kehle zu.
    Stumm warteten sie, bis der Laptop hochgefahren war. Dann hielt Mareike den Stick hoch. »Willst du?«
    Er schüttelte den Kopf. Sie steckte den Stick in einen Port, klickte auf
Wechseldatenträger
, ein Fenster öffnete sich, in dem vier Ordner angezeigt wurden. Jeder trug den Namen eines der toten Mädchen. Mareike klickte auf Natalie , der Ordner wurde geöffnet, eine Liste von Foto-und Videodateien angezeigt.
    »Welche soll ich nehmen?«
    »Keine Ahnung. Irgendeine.« Hauptsache, sie machte schnell, damit sie das Ganze hinter sich brachten!
    Der Media Player startete automatisch, wenig später begann ein Film. Sascha hielt den Atem an. Er konnte nicht hinsehen. Aber wegsehen konnte er auch nicht …
    Natalie sitzt auf ihrem Bett und trinkt etwas, das aussieht wie Cola. Sie öffnet die Augen, schaut jemanden an, dann in die Kamera, dann auf etwas neben der Kamera. Sie wirkt irritiert. Etwas scheint nicht so zu sein, wie sie es erwartet hat.
    »Gute Reise«, sagt eine viel zu sanfte Stimme aus dem Off.
    Dann verzieht Natalie das Gesicht, wie unter heftigen Schmerzen, sie kippt zur Seite, die Kamera hält drauf, zoomt gnadenlos auf ihr Gesicht. Natalie krächzt, ein Schrei, sie röchelt, ihre Augen sind jetzt weit aufgerissen …
    Erst da erkannte Sascha, was er sah: Natalie im Todeskampf. Er schrie auf und spürte, wie sein Magen sich zusammenkrampfte. Seine Hände kochten, doch er bekam die verdammten Latexhandschuhe nicht ab. In Panik lief er aus dem Zimmer. Das Bad! Wo war hier das Bad? Links? Die Küche. Also rechts. Er stieß die Tür auf, machte Licht – richtig, er war im Bad. Vor der Kloschüssel fiel er auf die Knie, würgte. Doch es kam nichts, der Druck in seinem Magen hatte schon wieder nachgelassen.
    »Sascha?«
    Mareike. Sie stand in der Tür, sah ihn besorgt an.
    »Bin okay«, antwortete er gepresst. »Brauch nur zwei Minuten … für mich allein.«
    Sie nickte und ging.
    Er stand auf, streifte die Handschuhe ab, beugte sich über das Waschbecken und kühlte seine Hände und seine brennend heißen Wangen unter kaltem Wasser.
    Scheiße, dachte er, was hat das alles zu bedeuten?
    Er richtete sich wieder auf und betrachtete das Gesicht, das ihm aus dem Spiegel entgegensah. Es war ihm bekannt und fremd zugleich. So als wäre etwas damit geschehen, als hätte es sich verändert, eine Kleinigkeit nur, aber eine entscheidende.
    Schon einmal hatte er so einen Moment erlebt: nach dem Tod seines Vaters.
    Ein Geräusch riss ihn aus seinen Gedanken. Schwere, schlurfende Schritte, draußen im Gang. Sie wurden lauter.
    »Licht aus!«, rief er gedämpft und schlug auf den Schalter. »Da kommt jemand!«
    Mareike hatte ebenfalls reagiert, die Wohnung lag im Dunkeln. Saschas Herz hämmerte wild in seiner Brust, Schweiß brach ihm schlagartig aus.
    Die Schritte kamen näher. Hielten genau vor der Wohnungstür. Das Klimpern eines Schlüsselbunds.
    Tristan, dachte Sascha. Was jetzt?
    Ein Schlüssel stocherte im Türschloss, die Klinke wurde mehrmals herabgedrückt, erst sanft, dann hektischer, wilder. Jemand fluchte derb. »So ein Scheißdreck …!« Was war da los? Dann wieder die

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