Stirb, mein Prinz
effektiv einzugrenzen. Ich habe gerade ausprobiert, ob sich die Sache mit Hilfe des Kalenders vielleicht irgendwie abkürzen lässt.« Ihr Haar fiel nach vorn, und sie schob es erneut zurück. »Was kann ich für Sie tun?«
Mickey schaute herum, als sei er nervös. Oder besorgt, dass man sie hören könnte. »Können wir kurz reden?«
»Sicher.«
»Nicht hier.« Noch immer sah er sich im Raum um.
Marina folgte seinem Blick. »Wo dann?«
»Wie wäre es mit Ihrem Büro?«
»Kommen Sie mit.«
Sie nahm ihre Handtasche und verließ gefolgt von Mickey das Großraumbüro. Sie liefen den Gang entlang und die Treppe hoch.
»Wie geht’s Phil?«, erkundigte sich Mickey.
»Ihm geht’s … den Umständen entsprechend«, sagte Marina, ohne sich zu ihm umzudrehen, so dass er ihr Gesicht nur im Profil sehen konnte.
»Echt mies.«
»Die Situation? Oder Glass?«
»Beides.«
»Sie sprechen mir aus der Seele«, sagte sie leise, mehr zu sich selbst als zu ihm.
Bei ihrem Büro angekommen, schloss sie die Tür auf.
»Nehmen Sie Platz.«
Mickey setzte sich in einen der zwei Sessel, die in der Mitte des Raumes standen. Marina nahm den anderen. Sie schlug die Beine übereinander und saß aufrecht da. Dann wurde ihr klar, dass sie viel zu förmlich wirkte, sie stellte die Beine nebeneinander und beugte sich vor. Mickey erkannte darin ihr Bemühen, aus dem Gespräch keine Therapiesitzung zu machen. Hoffentlich bekam er das auch hin.
»Also, wie kann ich helfen?«
Mickeys Hände waren fahrig. Er versuchte, einen Anfang zu finden. Marina wartete.
»Ich … bin in eine heikle Situation geraten.«
»Wie das?«
Mickey stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. Dann sprach er stockend weiter. »Durch … jemanden, der mit dem Fall zu tun hat.«
»Einen Verdächtigen?«
»Nein«, sagte er, klang aber unsicher. »Eine … ich glaube, sie ist nicht mal eine Zeugin. Aber sie ist irgendwie in die Sache verwickelt.«
»Wer ist es denn?«
Mickey erzählte ihr alles. Wie er Lynn Windsor kennengelernt hatte. Von ihrem Anruf und ihrer Bitte, er solle zu ihr in die Wohnung kommen. Wie sie behauptet hatte, es gäbe da etwas, was sie ihm unbedingt zeigen müsse. Dass sie ihn gebeten hatte, niemandem etwas von ihrem Treffen zu erzählen.
»Und war das die Wahrheit? Hatte sie Ihnen etwas zu zeigen?«
Fast hätte Mickey gelächelt. »Das kann man wohl sagen, nur hatte es nichts mit dem Fall zu tun.«
Marina lächelte kurz und nickte. Mickey fuhr fort.
»Ich habe die Nacht mit ihr verbracht«, gestand er. »Ich weiß, das war falsch, ich hätte nicht mal zu ihr in die Wohnung fahren sollen. Zumindest nicht, ohne vorher jemandem Bescheid zu sagen. Und ich hätte nicht …«
»Mit dem Schwanz denken sollen?«
Mickey wurde rot und studierte den Teppich.
»Genau.«
»Keine Sorge«, sagte Marina. »Sie sind nicht der Erste und bestimmt auch nicht der Letzte.« Sie grinste. »Was meinen Sie, wie Phil und ich zusammengekommen sind?«
»Ich weiß«, sagte er und nickte. »Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Es kommt noch mehr.«
Marina wartete, während Mickey nach den richtigen Worten suchte.
»Ich glaube … ich wurde reingelegt.«
Marina runzelte die Stirn. »Wie meinen Sie das?«
»Na ja … heute ist was passiert. Heute Morgen. Ich hatte mein Handy ausgeschaltet. Gestern Abend, als ich bei Lynn war. Als ich es heute Morgen dann wieder eingeschaltet habe, waren keine verpassten Anrufe von Glass drauf.«
»Hätten denn welche drauf sein sollen?«
»Ja. Angeblich hat er gestern Abend ständig versucht, mich zu erreichen. Er wollte, dass ich zurück aufs Revier komme. Nach dem, was im Krankenhaus passiert war. Mehrere Anrufe, hat er behauptet. Und ich habe keinen einzigen bekommen.«
»Seltsam.«
»Und das ist noch nicht alles. Ich hatte auch nur eine neue Textnachricht. Sie war von einem Informanten, und es stand genau das drin, was ich vorhin beim Briefing gesagt habe. Dass Weaver von einem Auftragskiller aus Litauen ermordet wurde.«
Marina nickte. »Und?«
»Ich komme gerade von einem Treffen mit meinem Informanten. Er hat diese Nachricht nie geschrieben. Stattdessen hat er gesagt, heute Abend käme eine neue Lieferung rein und wir müssten der Sache unbedingt nachgehen.«
Marina lehnte sich zurück. »Aber wie –«
Mickey ließ sie nicht ausreden. »Es geht noch weiter. Als ich auf meinem Handy nachgeschaut habe, habe ich gesehen, dass die Nummer, von der aus die SMS geschickt wurde, zwar unter dem Namen meines
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