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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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war das der Wellen, die an den Strand spülten, erst ein lautes Rauschen, wenn sie an Land liefen, dann ein leises Flüstern, wenn sich das Wasser wieder zurückzog. Mickey schloss seine Jacke. Er spürte, wie Kälte und Nässe ihm in die Glieder drangen.
    Die Umrisse des hell erleuchteten Felixstowe auf der anderen Seite zeichneten sich gegen die Dunkelheit ab. Es schien ausschließlich aus gigantischen kastenförmigen Verladekränen und blinkenden Lichtern zu bestehen. Ein unheimlicher, fremdartiger Anblick. Als wäre dort ein außerirdisches Raumschiff notgelandet und hätte seine Tarnschilde deaktiviert. Havariert, aber immer noch bedrohlich. Die Kräne entlang der Küstenlinie, dunkel und kopflastig auf ihren viereckigen Beinen, sahen aus wie die Walker aus den alten Star Wars -­Filmen. Als bildeten sie die Vorhut des Raumschiffs und würden jeden Moment durch die Mündung gestampft kommen, schwarz und rostig und aus allen Rohren feuernd.
    Mickey fröstelte und hoffte, dass es nur an der Kälte lag.
    Clemens stieg aus dem Wagen und kam auf ihn zu. Er stellte sich neben ihn, schüttelte sich eine Zigarette aus seiner Schachtel und steckte sie an. Erst danach fiel ihm ein, auch Mickey die Packung hinzuhalten. Mickey lehnte ab.
    Während der Fahrt hatte Clemens kein Wort gesagt. Mickey kannte den Mann nicht gut genug, um ihn nach dem Grund zu fragen.
    »Hab’s gerade erfahren«, sagte Clemens und blies Rauch in Richtung des anderen Ufers. »Mein Partner ist ins Koma gefallen.«
    »Das tut mir leid«, sagte Mickey. Dann dachte er nach. »Ist denn nicht Fennell Ihr Partner?«
    »Ersatzmann. Wir kennen uns, haben früher schon mal zusammengearbeitet. Mein eigentlicher Partner wurde vor zwei Tagen mit dem Messer schwer verletzt. Seitdem kämpft er um sein Leben.«
    Mickey wusste nicht, was er sagen sollte. Wahrscheinlich musste er gar nichts sagen, nur zuhören.
    »Und wissen Sie, wer es getan hat?«
    »Wer? Die alte Schlampe aus dem Hotel. Sie war’s.«
    Mickey schwieg. Er ahnte, wie das Gespräch weitergehen würde.
    »Und sie wird ungeschoren davonkommen. Sich mit Notwehr rausreden.«
    »War es das denn?«, fragte Mickey. »Notwehr?«
    Clemens brummte. Schüttelte den Kopf. Blies mehr Rauch in die Nacht. »Dachte ich mir, dass Sie’s nicht verstehen. Kenne ja Ihren Boss. Jetzt weiß ich, woher Sie das haben. Durch den mutieren Sie noch zum Guardian -Leser.«
    Mickey hatte Clemens von Anfang an nicht sonderlich gemocht. Zu aufbrausend, zu unbeherrscht. Immer auf Streit aus. Keine guten Eigenschaften bei jemandem, der einem Rückendeckung geben sollte. Das würde er im Hinterkopf behalten.
    Er gab keine Antwort. Wollte sich nicht provozieren lassen.
    Die zwei Männer schauten schweigend über das Wasser, ein jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt.
    Kurz darauf stiegen die anderen aus dem Wagen und gesellten sich zu ihnen.
    Dann kam auch Fennell, der gerade sein Handy wegsteckte.
    »Ihr Boss hat gesagt, dass Sie sich auf einen anständigen Polizeieinsatz freuen«, sagte er zu Mickey. »Eine richtige Verbrecherjagd.«
    Mickey lächelte grimmig. »Besser, als am Schreibtisch zu sitzen.«
    »Das auf jeden Fall.« Fennell sah auf seine Armbanduhr. »Zeit, dass wir in die Gänge kommen.«
    113 Phil versuchte aufzustehen. Ganz langsam, weil er nicht wusste, wie viel Platz zwischen seinem Kopf und der Höhlendecke war. Nicht viel, wie sich herausstellte. Nicht genug, um aufrecht stehen zu können.
    Er untersuchte sich auf Verletzungen. Nirgendwo starke Schmerzen, nichts, was auf verstauchte Knöchel oder Knochenbrüche hindeutete. Sein Körper war lediglich etwas durchgeschüttelt, weil er so schnell abgerutscht und hart gelandet war. Morgen würde es richtig weh tun.
    Falls er hier wieder rauskam.
    Er leuchtete mit der Taschenlampe. Der Raum, in dem er sich befand, schien ein natürlich entstandener Hohlraum zu sein, der im Nachhinein von Menschenhand vergrößert worden war. An einigen Stellen war der Fels glatt vom Alter, an anderen rau, als sei er behauen worden.
    Phil drehte sich mit der Taschenlampe in der Hand langsam um die eigene Achse.
    Hier unten wohnte jemand.
    Auf einem Bettgestell aus miteinander verflochtenen dicken Zweigen lag eine Matratze aus Sackleinen, aus deren aufgeplatzten Nähten Stroh und Blätter herausquollen. Mehrere alte Decken, löchrig und voller Schimmelflecken, waren achtlos darübergeworfen. Sie stanken.
    Phil richtete den Strahl der Lampe auf das Bett und inspizierte es genauer.

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