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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Bemühte sich, Ruhe zu bewahren. Er würde all seine Kraft brauchen, um vorwärtszukommen.
    Dann, ohne zu wissen, ob er sich auf das Geräusch zu- oder von ihm fortbewegte und ob das, was ihn weiter vorn erwartete, schlimmer war als das, was hinter ihm lag, kroch er los.

    114 Der Junge zitterte noch immer. Gut. Das gefiel Gärtner.
    Falsch. Das liebte er.
    Dadurch wurde seine Erregung noch größer. Die Vorfreude noch süßer.
    Der Junge hielt die Gitterstäbe des Käfigs umklammert. Zog und rüttelte an ihnen, versuchte zu entkommen. Zwecklos. Zu stabil.
    Gärtner lachte den Jungen aus. Das Lachen schlug in Husten um.
    Es war ein schmerzhafter Anfall. Vornübergekrümmt stand er da, während sich sein Körper unter dem tiefsitzenden, bellenden Husten zusammenkrampfte. Er bekam kaum noch Luft. Seine Lunge, seine ganze Brust, brannte wie Feuer.
    Endlich ließ der Hustenanfall nach. Er hatte etwas im Mund. Er schob die Maske hoch und spuckte es auf den Boden. Betrachtete es. Schwarz und glänzend.
    Blut.
    Der Hustenanfall hatte ihn geschwächt. Es wurde immer schlimmer. Kräftezehrender. Die Schmerzen in seinem Körper wurden immer größer. Nach jedem Anfall dauerte es länger, bis er sich erholt hatte.
    Er zog sich die Maske wieder übers Gesicht und sah auf den Altar hinab. Die Werkzeuge lagen bereit, präzise aufgereiht wie immer. Die Kerzen rechts und links daneben brannten. Ihr bloßer Anblick flößte ihm Kraft ein. Er richtete sich auf. Betrachtete den Jungen.
    Lächelte. Diesmal ließ er das Lachen lieber sein.
    »Bald … bald …« Er hob den geschliffenen Handspaten auf. Ließ den Kerzenschein auf der blinkenden Klinge tanzen. Zielte damit auf den Jungen, der zusammenzuckte, wann immer ein Lichtreflex ihn traf.
    Das brachte Gärtner auf eine Idee.
    Erneut lächelte er. Das war ein gutes Spiel. Er winkelte die Klinge an, fing einen Lichtstrahl ein und jagte damit den Jungen, der jedes Mal davor zurückfuhr und in eine andere Ecke des Käfigs floh. Der Gärtner gluckste, hielt die Klinge wieder anders, versuchte den Jungen noch einmal zu treffen. Der wimmerte und kroch erneut davon.
    Das machte Spaß. Er hätte stundenlang weiterspielen können.
    Aber so viel Zeit hatte er nicht. Er warf einen Blick auf den Kalender. Es musste bald geschehen. Jetzt.
    Er trat zum Käfig.
    War bereit für den Jungen.
    Bereit, das Opfer zu vollziehen.
    Damit der Garten wieder zum Leben erwachte.

    115 »Warten Sie auf mein Zeichen, verstanden? Niemand rührt sich, bis mein Zeichen kommt. Ist das klar?«
    Es war klar.
    Noch nie hatte Glass sich so lebendig gefühlt. Er hatte ganz vergessen, was für ein Hochgefühl es war, einen Verbrecher zu stellen. Zu spüren, wie Adrenalin und Testosteron durch seinen Körper rauschten, sich in seinem Innern wie zuckende Blitze aufbauten, die ihm auf sein Geheiß aus den Fingerspitzen schießen und jeden vernichten würden, der es wagte, sich ihm in den Weg zu stellen.
    Allerdings gab es keine zuckenden Blitze. Doch die Halbautomatik in seiner Hand war das Nächstbeste.
    Vor ihm im überwucherten Hof des Bauernhauses stand die bewaffnete Sondereinheit. Die Nacht war schwarz wie die Sünde und machte sie so gut wie unsichtbar. Türen und Fenster des Bauernhauses waren mit Brettern vernagelt, nirgendwo war ein Licht zu sehen. Es machte einen unbewohnten Eindruck. Und dennoch war es nicht leer. Das wusste Glass mit absoluter Sicherheit.
    »Also«, sagte er zur Einheit. »Die Zielperson befindet sich in diesem Gebäude. Meinen Informationen zufolge hält sie sich im Keller auf. Die uns vorliegenden Gebäudepläne zeigen, dass sich dieser unter dem vorderen Teil des Hauses befindet. Zugang erfolgt über eine Tür in der Küche, die wieder­um in der Mitte des Hauses liegt. Da wollen wir hin.«
    Er wandte sich an den Leiter der Einheit, Joe Wade. »Sergeant Wade hat Sie alle gebrieft. Sie kennen Ihre Positionen. Ich werde zusammen mit Team A durch die vordere Tür reingehen. Denken Sie daran, dieser Mann ist extrem gefährlich. Keine Warn- oder Beinschüsse. Und holen Sie den Jungen lebend da raus.« Erneut ein Blick auf die Männer. Wie sie so dastanden, in ihren kugelsicheren Westen, die Waffen vor dem Körper, sahen sie aus wie ein Sturmtrupp aus der Zukunft. Glass’ Adrenalin- und Testosteronspiegel kletterten noch weiter in die Höhe.
    Ein letzter Blick zu Sergeant Wade.
    »Auf Ihr Zeichen, Sergeant.«
    Wade gab den Befehl. Die Einheit rückte vor, umstellte das Bauernhaus.
    Auf Wades Signal

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