Stirb mit mir: Roman (German Edition)
lasse mich von ihr wärmen. Im Zimmer riecht es nach dem Sex der vergangenen Nacht, nach salzigem, unreinen Saft, der frisch besser schmeckt. Ich lege einen Arm um Lee, passe meinen Atem dem ihren an, überrede meinen Körper dazu, sich zu entspannen, und hoffe, dass mein Geist ihm folgt.
Indem ich mich an die schlafende Gestalt schmiege, spüre ich die Kraft des Lebens. Deinen Namen werde ich Cate Austin nie verraten , schwöre ich. Ich werde dich aus allem heraushalten . Ihr Besuch ist ohnehin nur von kurzer Dauer und kann nichts bewirken. Lee ist eine Freundin, meine beste Freundin. Zuverlässig und treu, ohne jemals meine wahre Liebe zu sein, so wie Smith es war. Die kurze Zeit mit ihr ist nur eine Zerstreuung, eine Erholungspause. Mehr kann es nicht sein, wenn die Zukunft ungewiss ist.
Ich warte auf den Schlaf.
Als wir wach werden, necke ich Lee, wie ich es seit jeher getan habe, in all den gemeinsamen Jahren. Seit unserer letzten Begegnung ist so viel Zeit vergangen, dass ich sie berühren muss, um sicherzugehen, dass ihre Rückkehr Wirklichkeit ist. »Musst du die Haare so kurz tragen?« Ich spüre die dunklen Stoppeln und darunter ihren knochigen Schädel. »Du fühlst dich wie ein Igel an.«
»Es ist ein militärischer Haarschnitt, Alice. Bei den anderen ist er nicht ganz so kurz, aber ich mag es so.«
Ich mag es auch, doch das sage ich ihr nicht. Lee hantiert in meiner Küche herum, öffnet den Kühlschrank, nimmt einen Becher aus dem Hängeschrank.
»Fühl dich hier ruhig wie zu Hause«, sage ich.
»Möchtest du etwas trinken?«
»Nein.« Ich warte, bis sie sich zu mir an den Tisch setzt und eine dick mit Butter bestrichene Scheibe Toast isst. »Erzähl mir von Deutschland.«
»Seit wann interessiert dich so etwas?« Lee lacht.
Sie hat recht. Bisher habe ich mich nie groß danach erkundigt, wo sie stationiert war. Diesmal ist der Ort jedoch weiter als sonst entfernt, und der Aufenthalt dort wird länger als zuvor dauern. Vor einem Jahr ist Lee nach Deutschland versetzt worden. Das war im vergangenen Januar, zur selben Zeit, als ich Smiths Annonce entdeckte. Ein Liebhaber hat mich verlassen, ein anderer ist gekommen. Schicksal.
»Hast du inzwischen geheiratet?«
Lee trinkt einen großen Schluck Tee, sieht mich an und hält meinen Blick ein bisschen zu lange fest. »Ich glaube, wir wissen beide, dass das unmöglich ist.«
Mir steigt Blut in die Wangen, dennoch versuche ich, die Intensität dieses Augenblicks zu überspielen. »Wieso denn? Irgendwo wird es ja wohl ein nettes Fräulein geben, das dir gefällt. Die deutsche Art müsste dir eigentlich auch liegen. Du magst es doch, wenn man dich dominiert.« Ich habe es nur zum Spaß gesagt, aber Lee scheint es nicht lustig zu finden. Also wechsele ich das Thema. »Wie lange bleibst du diesmal hier?«
»Ein paar Wochen. Mit steht einiges an Freizeit zu. Vor Kurzem hat ein Manöver stattgefunden. Vier Wochen, für die sich auch Freiwillige melden sollten. Ein Großteil der Männer hatte dazu keine Lust, einige andere, die Frauen oder Familie haben, wollten abends zu Hause sein. Ich dagegen bin flexibel und habe fleißig Überstunden gesammelt. Wahrscheinlich bleibe ich mindestens drei Wochen hier.«
Der Moment des Unbehagens ist vorüber. Wir spielen wieder unser altes, unbeschwertes Spiel. Es tut uns gut, zusammen zu sein. Drei Wochen sind kurz und dennoch mehr als genug. In weniger als drei Wochen werde ich verurteilt werden. Weiter kann ich nicht denken. Ich wünschte, ich könnte Lee von der Verhandlung erzählen. Ich würde es tun, wenn ich sicher sein könnte, dass sie mich versteht. Allerdings kann ich es nicht glauben. Es gibt keine Liebe, die eine Untreue wie meine aushält. Deshalb schweige ich ihr gegenüber und erzähle es nur Ihnen.
Später muss ich mich in Cate Austins Büro einfinden, aber im Moment möchte ich lieber an etwas anderes denken. Lee war früher schon in der Lage, mich abzulenken, und ich wende mich einem meiner Lieblingsthemen zu. »Gefällt dir das Armeeleben noch? Die vielen Vorschriften, die strenge Ordnung?«
»Ja.« Etwas Verruchtes blitzt in ihren braunen Augen auf. »Du hast mir beigebracht, wie schön es ist, herumkommandiert zu werden.«
»Trotzdem wäre ich nie darauf gekommen«, antworte ich mit der leisen Verwunderung, die mich jedes Mal befällt, wenn ich daran denke. »Ich meine, dass du fortgehst. Ich dachte immer, du würdest dir hier in der Gegend eine Arbeit suchen. Ich hätte nie gedacht, dass du
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