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Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Titel: Stirb mit mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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bedächtig. »Ihnen mag die Beihilfe zum Selbstmord moralisch erscheinen, aber sie war illegal.«
    Dürfen wir Gesetze nicht mehr hinterfragen? Werden sie nicht von Menschen gemacht, die wir gewählt haben? Wer sagt denn, dass Gesetze ausnahmslos befolgt werden müssen? Ich jedenfalls nicht. Noch nicht. Ich verbeiße mir die Worte, die ich an einem anderen Ort und zu einem anderen Zeitpunkt geäußert hätte.
    »Wie lautet das übliche Urteil bei einem Verbrechen wie diesem?«
    Sie nimmt ihren Kugelschreiber und dreht ihn zwischen Daumen und Zeigefinger. »Da es sich hier nicht gerade um ein gewöhnliches Verbrechen handelt, wird es kaum ›übliche‹ Urteile geben. Die meisten Fälle, in denen es um Sterbehilfe geht, betreffen einen Partner oder anderen Verwandten, der einem todkranken Familienmitglied geholfen hat zu sterben, als Erlösung aus dessen Leiden. Wenn Sie mögen, nennen wir es Euthanasie. Seit den entsprechenden Gesetzen im Jahr zweitausendneun ist es in solchen Fällen nicht mehr zur Anklage gekommen.«
    »Ich hätte auch nicht angeklagt werden dürfen! Sie haben genau das beschrieben, was auch auf Smith und mich zutrifft. Wir …«
    »Warum nennen Sie ihn so?« Mit gerunzelten Brauen betrachtet sie ihren Block und liest ihre Notizen durch. »Sein Nachname war Jenkins.«
    »Weil er von mir so genannt werden wollte. Aber Sie haben mich unterbrochen. Wir waren zwar nicht verheiratet, doch wir haben uns geliebt. Es war Euthanasie. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet ›leichter Tod‹. Das und nichts sonst habe ich ihm im vergangenen Juni ermöglicht, nur indem ich bei ihm war, als er seine Überdosis nahm.«
    »Er war nicht leidend«, betont sie. »Deshalb ist dieser Fall anders. Ebenso die Art, wie er gestorben ist. Aus diesem Grund wurden Sie angeklagt.«
    »Mag sein, dass er nicht krank war. Für den Wunsch, aus dem Leben zu scheiden, gibt es noch andere Gründe als physisches Leiden. Sie sollten versuchen, kreativer zu denken, Miss Austin.« Ihr Griff um den Kugelschreiber verstärkt sich. Ich habe zu viel gesagt, aber ich konnte mich nicht bremsen. »Vorhin haben Sie noch von anderen Erwägungen gesprochen. Wovon war da die Rede?«
    »Da wären zum einen Ihre Bedürfnisse. In der Regel wird erwogen, ob eine spezielle Behandlung oder Therapie Teil des Urteils sein soll. Das wäre bei Alkohol- oder Drogenproblemen der Fall oder bei einem zurückliegenden Trauma, einer Neigung zu unkontrollierter Wut, Sexualverbrechen und so weiter.«
    »Nichts davon trifft auf mich zu.« Das müsste sie eigentlich erkennen können. »Ich trinke nur selten und rühre keine Drogen an. Eine Sexualtäterin bin ich auch nicht.«
    Sie schweigt und beobachtet mich aufmerksam. Es macht mich wütend.
    »Darüber hinaus wird die geistige Gesundheit in Betracht gezogen. Auf Verlangen des Gerichts wird in dem Zusammenhang ein psychiatrisches Gutachten erstellt. Das Ihre wird Doktor Gregg verfassen. Nach seinen Gesprächen mit Ihnen wird er abwägen, ob Sie eine Behandlung brauchen oder nicht. Falls der Richter sich für Ihre Inhaftierung entscheidet, kann Doktor Greggs Gutachten dafür sorgen, dass Sie nicht in ein Gefängnis, sondern in eine gesicherte Klinik eingewiesen werden.«
    Gefängnis? Mir wird kalt. Ich umschließe die Teetasse, suche ihre Wärme.
    »Möglicherweise kommt auch eine Strafe auf Bewährung in Betracht, je nach den Umständen. Vor der Urteilsverkündung werde ich mein Gutachten noch mal mit Ihnen durchsprechen. Um es aber überhaupt schreiben zu können, muss ich Ihnen noch einige Fragen stellen.«
    Wie kann sie einfach weiterreden und so tun, als wäre jenes Wort nicht gefallen? Ich kann unmöglich ins Gefängnis gehen. In meiner Brust steigt Hitze auf. Wie können Sie nur auf einen solchen Gedanken kommen? Ich habe nichts Unrechtes getan! , würde ich am liebsten schreien.
    »Alice?«
    Ich bezwinge meine Wut. »Stellen Sie mir ruhig noch mehr Fragen. Obwohl die Polizei mich bereits über die Maßen ausgefragt hat. Bei der Gerichtsverhandlung war es das Gleiche.« Ich schaffe es nicht, mir ein Lächeln abzuringen.
    »Das weiß ich. Mir ist klar, dass Sie schon hinlänglich über sich gesprochen haben, nur leider noch nicht mit mir. Im Übrigen bin ich nicht hier, um Sie zu verhören. Sie sind bereits schuldig gesprochen worden und haben sogar auf schuldig plädiert, was man Ihnen zugutehalten wird. Als Nächstes geht es um das Strafmaß. Deshalb möchte ich unter anderem erfahren, warum

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