Stirb mit mir: Roman (German Edition)
Sachen einsammelt. »Na gut, Alice. Ich gehe. Aber ich möchte, dass Sie über meine Worte nachdenken. Das nächste Gespräch führen wir dann morgen in meinem Büro.«
Auf dem Weg zur Tür sagt sie mir, wann ich mich bei ihr einfinden soll. Ich kann nur eines denken: dass ich das Gefängnis um jeden Preis vermeiden muss.
Sechs
Es gibt Dinge, die ich nur Ihnen erzählen werde. Sie haben entschieden, mir zuzuhören, und im Gegenzug werde ich ehrlich zu Ihnen sein. Da ist etwas, das ich Cate Austin nicht verraten werde. Würde es mir etwas nützen, wenn sie wüsste, dass ich von jemandem geliebt werde? Nein. Deshalb wird es unser Geheimnis bleiben.
Ich dehne meinen festen Körper, in dem die Muskeln noch vor Anstrengung zittern, von dem Gewicht meiner Liebsten auf meiner Brust und meinen Schenkeln. Mein Atem geht schnell, die Folge meiner Lust sickert aus mir heraus auf das Sofa. Ich genieße jenen Frieden, der einen nach dem Orgasmus befällt. Meine Gedanken, sonst ein Gewirr aus rauen Fäden, lösen und glätten sich. Das kann nur Sex bewirken, dagegen kommt keine andere Droge an.
Smith, der mit dem Zug kam, ist nicht mein Lover. Smith ist tot, er ist im letzten Juni gestorben. Jetzt ist jemand anders bei mir, jemand aus früheren Zeiten, der mich seit meinen Kindertagen kennt. Lee kehrt immer wieder zu mir zurück. Diesmal war es eine lange Trennung, ein ganzes Jahr. In der Zeit war ich mit Smith zusammen. Aber heute Abend, nachdem Cate Austin verschwunden war, ist Lee wieder zu mir gekommen. Vor einigen Tagen erhielt ich einen Luftpostbrief mit ihrer Ankündigung. Sie mache Urlaub in England, nur für ein paar Wochen. Lee zu sehen, stimmt mich jedes Mal froh. Ich streiche über ihr kurzgeschorenes Haar. Es ist weich wie Fell. Ihr Kopf liegt schwer an meiner Schulter. Unsere erhitzten Körper sind noch nicht abgekühlt, doch Lee steht auf, nimmt die Treppe nach oben und benutzt die Toilette. Ich höre, wie im Bad über mir uriniert wird. Da fällt mir wieder ein, weshalb Smith zu mir gekommen ist. Wir wollten diesen antiklimatischen Zustand vermeiden, was uns auch gelungen ist. Ich rühre mich nicht, denn ich will nicht, dass der Zauber vergeht. Liege nur da und bewundere meinen Körper, streichele meinen flachen Bauch. Ich bin wie eine aufgesprungene Falle, entriegelt, bestehe aus feuchtem Samt und bin erfüllt von dem Geruch warmen Leders.
Lee kommt zurück und sieht in meinem viel zu kleinen Bademantel lächerlich aus. »Soll ich dir irgendetwas bringen?«
»Wasser.« Ich lecke mir über die ausgetrockneten Lippen. »Und die Paracetamol aus meiner Handtasche.« Das Kaffeetrinken habe ich zwar aufgegeben, meine Kopfschmerzen kommen trotzdem immer wieder.
Als der Wasserhahn aufgedreht wird, gurgelt es in den Rohren. Irgendwo summt jemand. Ich stecke nach wie vor tief in meinem Vakuum.
Da kommt Lee zurück. Als ich das schwere Glas entgegennehme, verschütte ich etwas Wasser auf meiner Brust. Ich sehe die braunen Augen, die vor Kurzem noch vor Lust verhangen waren, schaue auf die Zeitung, die auf dem Fußboden liegt, und frage mich, wo ich die Fernbedienung für den Fernseher gelassen habe. Wäre ich allein, würde ich noch eine ganze Weile so liegen bleiben, nur um den Zauber nicht zu brechen. Doch es gibt nur einen einzigen Weg, ihn zu bewahren und den Rausch zu erhalten, und das ist der Tod.
Ich habe Schlafschwierigkeiten, das war von jeher so. Während meine Geliebte in meinem Bett liegt und träumt, wandere ich im Morgenrock durchs Haus. Die Seide klebt an meinen Schenkeln. Ich schaue nach meiner Kakteensammlung und beobachtete die ersten Schleier des Tageslichts. Es ist kalt, selbst für Januar. Auf den geparkten Wagen draußen schimmert der Raureif wie Glitzerstaub. Dann ist es Tag, die Nachbarn kratzen das Eis von ihren Autos und fahren zur Arbeit. Ich gehe hoch ins Schlafzimmer. Es ist kurz nach neun, aber ich muss nirgends mehr hin. Es gibt nur noch eine Arbeit, die ich an der Universität verrichten muss, nämlich den Stapel Aufsätze über Keats korrigieren, den die Erstsemester geschrieben haben. Eine anspruchslose Aufgabe. Ich kann mich noch mal ins Bett legen.
Lee atmet schwer im Traum und hat die geplanten Schwimmrunden verschlafen. Mich kümmert das nicht, es geht mich nichts an. Ich bin eine Geliebte, keine Ehefrau. Wie eine Haut streife ich den Morgenmantel ab und lasse ihn zu Boden fallen. Ich steige ins Bett, lege die Füße an Lees Fersen, meine Knie gleiten in ihre Kniekehlen. Ich
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