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Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Titel: Stirb mit mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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Probleme, wie ich vermute. Sie hatte bereits fünf Fehlgeburten. Er ist Manager in einem Elektrizitätswerk. Sehr gutes Gehalt. Sie arbeitet als Hilfskrankenschwester, würde nach der Adoption jedoch zu Hause bleiben. Ein reizendes Paar, seit sechs Jahren verheiratet. Wunderschönes Haus mit Garten. Muss ich noch mehr sagen?«
    Matty versuchte, das Gehörte zu interpretieren. Sollte sie etwa auf der Grundlage dieser wenigen, dürren Fakten eine Entscheidung treffen? Dabei gab es doch nur eine einzige wichtige Frage, und die hieß: Werden die beiden meine Tochter lieben? Sie rieb sich die müden Lider.
    »Ich weiß, Sie fühlen sich verletzlich, was völlig normal ist. Im Grunde wollte ich Ihnen nur sagen, dass wir mit dem Verfahren beginnen können.«
    Lastende Stille breitete sich aus. Matty war zu erschöpft, um klar denken zu können. Ein kurzes Klopfen an der Tür unterbrach ihr Schweigen.
    Eine Krankenschwester kam herein, ein Eindringling mit einer Singsangstimme. »Ihr Baby schreit. Ich gehe zu ihm.«
    Die Frau war schon fast wieder aus der Tür. »Nein«, rief Matty voller Zorn über ihre Anmaßung. »Ich gehe selbst.« Sie sprang auf, drängte sich an den beiden Frauen vorbei und lief die Treppe hoch.
    Auf dem Weg hörte sie ihr Baby bereits. Als sie die Tür zu ihrem Zimmer aufstieß, klangen die Schreie lauter als jemals zuvor. Sie griff in das Gitterbett und nahm das Kleine in die Arme. Die Schreie verstummten, als sei ein Schalter umgelegt worden. Schniefend barg das Kind sein Gesicht an Mattys Brust und suchte nach der Milch, die es riechen konnte.
    Der Gedanke, noch einmal nach unten zu gehen, eine Flasche in einem Topf mit heißem Wasser zu sterilisieren und dabei der Sozialarbeiterin wieder zu begegnen, war Matty unerträglich. Sie war todmüde, und ihre Brust schmerzte. Zwei feuchte Flecken auf ihrem Pullover verrieten, dass ihre Milch noch nicht versiegt war. Sie setzte sich, schob erstmals ihren Pullover hoch und öffnete ihren Büstenhalter. Das Baby war es nicht gewohnt, gestillt zu werden, wusste aber instinktiv, was es tun musste, wie ein neugeborenes Tier, das von seiner Mutter gesäugt werden will. Matty beobachtete den kreisenden Mund. Unsicher führte sie das Köpfchen an die richtige Stelle. Gleich darauf spürte sie einen Ruck. Das Baby hatte angedockt und trank die süße, warme Flüssigkeit, nach der es geschrien hatte.
    Matty hielt den Säugling in den Armen, betrachtete ihn und dachte an das kinderlose Paar, das ihrer Tochter ein Zuhause geben würde. Sie wusste nichts über diese beiden Menschen, war sich jedoch sicher, dass sie ihr Kind lieben würden. Ihre Tochter, die noch immer keinen Namen hatte. Sie schaute auf das kleine Gesicht, die Augen, die vor Konzentration geschlossen waren, die winzigen Fäuste, und fragte sich, ob sie wohl eine gute Mutter wäre. Sie wusste es nicht, doch als sie den Kopf senkte und den zarten Duft neuen Lebens roch, gab sie ihrem kleinen Mädchen zum ersten Mal seit seiner Geburt einen Kuss.
    Nach einer Weile entschied sie sich für einen Namen. Sie nannte mich Alice.

Neun
    »Schneiden Sie alles ab«, sagte Cate.
    Die Frisörin zuckte mit den Schultern, zog eine glänzende Schere aus dem Beutel an ihrer Taille und kaute verbissen Kaugummi. »Sind Sie sicher?«
    »Absolut«, entgegnete Cate.
    Die Schere arbeitete sich durch ihre Haare, die wie Herbstlaub zu Boden sanken. Sie schloss die Augen und roch den Pfefferminzkaugummi.
    Amelia liebte Frisörsalons. Sie wirbelte um die jungen Angestellten herum, ließ am Wasserspender kleine Plastikbecher volllaufen, fuhr sich immer wieder mit einer Haarbürste übers Gesicht.
    »Sie ist so weich, Mummy.«
    Die Frisörin lachte und schnitt weiter. Cate versuchte, einen Artikel in ihrer Zeitschrift zu lesen. Dabei ging es um Frauen, die Callboys aufsuchten. Hinter ihr plapperte Amelia mit einer älteren Kundin, die das Mädchen nach seinem Alter fragte und den Nagellack bewunderte. Cates Blick fiel auf ihre eigenen Hände. Sie hatte nur Amelias Fingernägel lackiert und wünschte, sie hätte es auch bei sich getan. Seit wann wurden Vierjährige noch vor ihren Müttern feingemacht? Wahrscheinlich seit eh und je. Cate hörte, wie Amelia ihrem hingerissenen Publikum ein Lied vorsang.
    Inzwischen war die Schere schon bei ihren Ohren angekommen. Hier und da bat die Frisörin sie, nach unten zu schauen. Cate blätterte in der Zeitschrift, überflog die üblichen Fotos von aufreizenden Frauen und Prominenten,

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