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Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Titel: Stirb mit mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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Zähnen. Mummy fing an zu weinen. Sie weinte laut, schrecklich laut. Alice wollte, dass sie aufhörte, aber das tat sie nicht. Die Tränen flossen immer weiter, bis auch Alice zu weinen begann.
    Sie wusste, dass es ihre Schuld war, und betete stumm, dass Mummy sie noch immer lieb hatte. Dann erinnerte sie sich an die schöne fliederfarbene Jacke, die sie trug und die Mummy nur für sie gestrickt hatte, und wusste, dass es so war.
    Alice lag auf dem Bett, hielt ein Kissen umklammert und sah die Sendung, die ihr mittags am liebsten war. Sie war den ganzen Morgen auf gewesen und wurde langsam müde. An ihrem Pulli klebte Gelee, und ihre Haare hatten sich verheddert. Im Fernsehen war ein Mann als Delphin verkleidet. Er tanzte mit einem Jungen, und die beiden sangen ein Lied über das Leben im Meer.
    Unten an der Haustür hörte man es klappern, wie immer, wenn der Briefträger kam. Am Morgen war nichts für sie gekommen, doch ihre Mutter hatte gesagt, sie müssten zu Hause bleiben und die Mittagspost abfangen. Sie wartete auf etwas Wichtiges.
    Mummy riss die Wohnungstür auf und lief bis zum Ende des Flurs. Alice folgte ihr. Unten ragte ein Bündel wie Zähne aus dem Briefkastenschlitz. Sie sah zu, wie die Füße ihrer Mutter die Treppe hinuntereilten.
    Unten durchsuchte Mummy das Bündel, ließ weiße und braune Umschläge auf den Boden fallen, die Post für die anderen Leute im Haus. Einen Umschlag behielt sie in der Hand und kam mit schwerem Schritt die Treppe hoch. Sie kehrten in ihr kleines Zimmer zurück und setzten sich auf das Bett. Alice überlegte, ob das Geld, das sich ›Giro‹ nannte, mit der Post gekommen war. Giro bedeutete Lebensmittel, vielleicht sogar eine Tüte Chips. Mummy legte einen Arm um sie und starrte noch immer auf den Umschlag. Er war lang und schmal und erinnerte Alice an den Zahn eines Haifischs. Ihre Mutter hielt den Umschlag, als habe sie Angst, er könne sie beißen. Im Fernsehen erzählte der Riesendelphin dem Jungen von all den Fischen, die im Wasser lebten, und von ihrer Nahrung. In blauen Buchstaben erschien ein langes Wort auf dem Bildschirm. Mummy riss den Umschlag auf.
    Alice hielt die Luft an, ohne zu wissen, warum. Vielleicht tat sie es, um den viel zu schnellen Atem ihrer Mutter wettzumachen. Das Einzige, was man außer dem Atem ihrer Mutter noch hörte, war das Lied, das der Delphin und der Junge sangen. Mummy zog einen Papierbogen aus dem Umschlag und faltete ihn langsam auf. Dann machte sie ein Geräusch in ihrer Kehle, als habe sie zu viel Wasser geschluckt. Alice dachte ans Haarewaschen und das Wasser, das ihr dabei immer in die Nase stieg. Doch das Gesicht ihrer Mutter war trocken und traurig, wie an dem Tag, als Alice zum ersten Mal in die Krabbelgruppe gehen sollte und sich an sie geklammert hatte, weil sie nicht wollte, dass ihre Mummy wegging.
    »Ist unser Giro gekommen, Mummy?«, fragte sie und schaute auf den Brief, auf dem oben ein Wappen war und komische Wörter, die sie noch nicht lesen konnte.
    Mummy flüsterte: »Es ist eine Vorladung. Das Versandhaus. Denen schulde ich eine Menge Geld.« Sie drehte sich zu Alice um. »Ich muss vor Gericht.«
    »Kann ich mitkommen?«, fragte Alice und dachte an Aschenputtel in dem hübschen Kleid und den Schuhen aus Glas.
    »Das ist nur für Erwachsene. Du musst hierbleiben.« Mummy faltete den Brief dreimal und steckte ihn wieder in den aufgerissenen Umschlag.
    Alice strich über den klebrigen Fleck Gelee auf ihrem Pulli und ihr zerzaustes Haar. Sie wollte mit ihrer Mummy gehen.
    Alice mochte Mr   Wilding nicht, aber er mochte Mummy. Wenn sie in ihr Zimmer wollten, mussten sie an seiner Tür vorübergehen. Jedes Mal, wenn sie daran vorbeikamen, schien er gerade auf dem Weg aus dem Haus zu sein, denn seine Tür öffnete sich. Alice war nicht gern in seinem Zimmer, aber Mummy hatte gesagt, dass sie nicht mit zum Gericht kommen durfte. Sie musste bei Mr   Wilding warten und währenddessen brav sein.
    Mr   Wilding sagte zu Mummy, dass sie in ihrem geblümten Kleid hübsch aussehe, aber Mummy zupfte an ihrem Ausschnitt und antwortete, es sei nicht mehr modern. Er schaute sie trotzdem an.
    Das Zimmer von Mr   Wilding war kleiner als ihres, und er öffnete die Vorhänge nie richtig, aber sogar in dem trüben Licht konnte Alice die gestapelten Kartons sehen.
    »Videogeräte«, sagte er und zeigte mit einem grüngoldenen Päckchen darauf. »Wenn du mir einen Kuss gibst, schenk ich dir eins.«
    Als Alice zurückzuckte, lachte er

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