Stirb mit mir: Roman (German Edition)
gestört. »Warum sind Sie hier, Frank?«
»Ohne Grund«, entgegnet er.
Ich bleibe bei ihm stehen, beobachte, wie der Militarist die Tür zu seinem Zimmer mit dem Ellbogen öffnet, und weiche dem Blick der Frau mit den violett verfärbten Zähnen aus. Sie streift mich, als sie an mir vorübergeht.
Shane schaut aus dem Aufenthaltsraum für die Patienten heraus. Dorthin verzieht sich das Personal, um zu rauchen. »Gehen Sie nicht ins Fernsehzimmer«, sagt er. »Dort muss erst noch geputzt werden. Pete hat hinter das Sofa geschissen.«
»O Gott«, sage ich angewidert.
Frank zuckt nur mit den Schultern und tritt seine Zigarette mit dem Pantoffel aus. »Es gibt Schlimmeres als Scheiße.«
Vierzehn
In dem Garten hinter dem Haus hob Cate den schweren Blumentopf an, so wie Alice es ihr aufgetragen hatte. Der Schlüssel zur Hintertür steckte im Erdboden, zusammen mit Würmern und Kugelasseln. Nach einigem Ruckeln und Ziehen sprang das Schloss auf, und Cate fragte sich erneut, warum Alice keine Freunde hatte, die diesen Botendienst übernehmen konnten. Die Tür öffnete sich zu einem Kellerraum. Cate trat über die Schwelle.
Es war ein seltsames Gefühl, als würde Alice sie dabei beobachten. Sie beschloss, das Ganze rasch über die Bühne zu bringen. In dem Raum standen eine Waschmaschine und ein Gefrierschrank. Alles war blitzsauber, die weiß getünchten Wände waren ohne den kleinsten Schmutzfleck. Es war eindeutig ein Haus ohne Kinder. Missmutig dachte Cate an die schmierigen Handabdrücke an ihren Wänden, die nicht abgewaschenen Müslischalen auf der Arbeitsfläche der Küche. Auf den Kellerraum folgte die weiträumige offene Küche, in der sie ihr erstes Gespräch mit Alice geführt hatte. Allerdings sah es dort anders aus als an jenem Tag.
Auf dem Küchentisch waren Wasserflecken, und unter ihren Füßen knirschte Glas. Auch in den Fußboden war Wasser gesickert, und überall lagen Blumen mit roten und orangefarbenen Blüten. Es waren die Löwenmäulchen, die bei ihrem ersten Besuch in voller Blüte gestanden hatten. Inzwischen waren sie vertrocknet und abgestorben. Cate schaute zu Boden, der mit großen Glasscherben und einer Vielzahl kleiner Glassplitter übersät war. Sie dachte an die wundervolle Vase mit den weißen und leuchtend blauen Wirbeln, in der bei ihrem ersten Besuch die Löwenmäulchen gestanden hatten. Teuer und unersetzbar hatte Alice sie genannt. Aber Dr. Gregg hatte ihre Hysterie erwähnt und dass sie sich eine Scherbe an den Hals gehalten hatte. Hatte Alice etwa diese zauberhafte Vase zerschmettert?
Cate bückte sich und hob vorsichtig eine der großen Scherben auf. Nein, das war kein feines, blauweißes Glas, sondern ein dickes gelbes Stück, zu dem die anderen Scherben passten. Demnach hatte Alice eine andere Vase genommen, um sie zu zerschmettern. Nur die Blumen waren dieselben.
Langsam stieg Cate die Treppe hoch, die ebenso wie das Geländer aus Mahagoni war, und störte sich an dem Klacken ihrer Schuhe. Sie erinnerte sich an die marokkanischen Slipper, die Alice getragen hatte. Ihre Schritte hatte man kaum gehört. Besorgt schaute sie nach, ob sie auf den Holzstufen Trittspuren hinterlassen hatte, und wünschte, sie hätte unten die Schuhe abgestreift.
Alice hatte ihr genau erklärt, welche Dinge sie brauchte. Cate zog die Liste aus ihrer Jackentasche hervor. Es war eine Seite aus ihrem Notizblock. Sie las sich, als habe jemand ein paar Dinge für eine Wochenendreise zusammengestellt. Oben auf dem Flur angekommen, sah sie die geöffnete Tür des Badezimmers.
Es war ein wundervolles Bad, wie in einem noblen Hotel. Auf dem Boden war ein Schachbrettmuster aus schwarzen und weißen Fliesen, und die schwere Badewanne ruhte auf vier silberfarbenen Kugeln. Georgianisch, vermutete Cate, und ein Original. Sie nahm an, dass die Wanne gleich nach der Errichtung des Hauses ihren Platz in diesem Bad gefunden hatte. Oder aber Alice war es gelungen, diesen Eindruck zu erwecken. Auch das Waschbecken schien antik zu sein, eckig und mit hohen, glänzenden Hähnen versehen. Alice musste eine Putzfrau haben, die alles dermaßen perfekt in Schuss hielt. Cates Blick fiel auf das Badeöl und die Körpercreme von Chanel, die beide, ebenfalls in Schwarz und Weiß, auf der Fensterbank standen. Vielleicht hatte Alice sie weniger nach dem Inhalt, sondern eher nach den Farben der Behältnisse ausgesucht. Es wirkt alles so künstlich, ging es Cate durch den Sinn, als sei das gesamte Bad ein Vorführraum
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