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Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Titel: Stirb mit mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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gewesen. Was sollte das bedeuten?«
    »Das sind eine ganze Reihe Fragen, Miss Austin. Ich weiß nicht, ob ich auf jede davon eine Antwort habe. Schließlich bin ich keine Psychiaterin. Eins kann ich Ihnen jedoch versprechen: Ich habe nicht nach Smith gesucht, sondern er hat mich gefunden. Als ich seine Annonce gelesen habe, war es wie ein Ruf. Ich weiß nicht, ob Sie sich so etwas vorstellen können. Eine Botschaft auf einem Bildschirm, von einem Fremden gesendet. Eine Nachricht, die im Empfänger etwas berührt.«
    »Ist Ihnen nie der Gedanke gekommen, die Annonce könnte ein Scherz gewesen sein?«
    »Er hat von einer Reise gesprochen, davon, dass er eine schöne Frau sucht, die ihm hilft zu sterben.« Ich betrachte mein Spiegelbild und denke, so wie ich jetzt aussehe, hätte er mich nicht ausgewählt. Unter meinen Augen sind dunkle Ränder, und von der schlechten Luft und dem ungesunden Essen ist meine Haut fahl geworden. »Ich habe mein bisheriges Leben damit verbracht, Wörter zu analysieren. Dichter wählen ihre Worte nämlich mit Bedacht, Miss Austin, und genau das hatte Smith bei seiner Annonce getan. Ich wusste, dass er nach einem besonderen Tod suchte, und das von ihm verwendete Bibelzitat hat mir gezeigt, dass es sich um eine spirituelle Reise handeln würde. Deshalb war ich bereit, ihm zu helfen.«
    »Das klingt alles so einfach. Als hätten Sie die Annonce gelesen und gleich darauf das Datum für die Tat mit ihm vereinbart.«
    »Vielleicht klingt es so, aber das Leben ist nie einfach. Denken Sie daran, dass wir uns da noch nicht begegnet waren. Als wir uns dann gegenüberstanden, hätte es durchaus sein können, dass wir einander nicht gefallen. Damit wäre die Sache an dem Punkt beendet gewesen.«
    Es wird Zeit, dass Sie Smith kennenlernen. Wo war ich noch mal stehengeblieben? Ja, richtig. Bei dem scharfen, kalten Wind auf dem Bahnsteig.
    Am anderen Ende des Bahnsteigs stieg er aus dem Zug. Als Einziger. Wir waren allein und gingen langsam aufeinander zu. Obwohl meine Jacke offen war, spürte ich die Kälte nicht mehr, sondern schwitzte unter den Armen, und mein Gesicht brannte.
    Als uns nur noch wenige Meter trennten, blieb er stehen. Wir musterten uns gegenseitig. Er war klein oder wirkte zumindest so, aber für eine Frau bin ich ja auch groß gewachsen. Er trug einen langen schwarzen Mantel – der Stoff war zu dünn, um aus Wolle zu sein – und hielt einen abgewetzten Leinenrucksack in der Hand. All das fiel mir auf, weil ich Angst hatte, sein Gesicht anzuschauen. Doch dann sagte er: »Hallo, Robin.« Seine Stimme gefiel mir. Leise wie Wasser, das über Kieselsteine fließt. Eine ruhige Stimme.
    Ich blickte auf.
    Er sah anders aus als auf dem Foto, trug eine andere Brille, modischer und ohne Rahmen, die ihn jünger wirken ließ. Ich trat zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange, die glatt rasiert war und nach einem Rasierwasser mit Basilikum roch. Er gefiel mir besser, als ich ihn mir vorgestellt hatte, perfekt in seiner Durchschnittlichkeit. Alles war, wie es sein sollte: weißes Hemd, einfacher Anzug, billiger Mantel. Er hatte kleine Augen, die mich durch die Brillengläser anblinzelten.
    Schön war er nur in meinen Augen.
    Auf der Fahrt im Wagen war ich befangen, doch er half mir darüber hinweg, beschrieb in gleichförmigem Tonfall seine Zugfahrt und den mörderischen Verkehr, der in London geherrscht hatte. Er bewunderte meinen Midget und befühlte anerkennend den handgenähten Lederbezug seines Sitzes. Ich hatte den Wagen in einem ramponierten Zustand erworben, gesehen, wie lieblos er behandelt worden war, und ihn wiederhergerichtet. Das Gleiche würde ich für Smith tun. Ich spürte, dass er mich musterte, dennoch hielt ich den Blick auf die Straße gerichtet und konzentrierte mich auf das Fahren, als hätte ich eben erst meinen Führerschein gemacht. Um mich zu fassen, sagte ich mir inwendig die einzelnen Schritte auf: Innenspiegel, Außenspiegel, Blinker, lenken.
    Als ich die Handbremse anzog, warf er einen Blick auf mein Haus und pfiff leise durch die Zähne. »Schön.«
    Ich wurde verlegen.
    Natürlich konnte ich ihm nicht erklären, dass das Haus eine Bestechung gewesen und mit Blutgeld erworben worden war. Er folgte mir nach oben ins Gästezimmer und stellte seinen Rucksack auf das Bett, als habe er es schon hundertmal getan.
    »Macht es dir etwas aus, wenn ich zuerst dusche? Ich möchte die Stadt abwaschen.«
    Ich zeigte ihm das sich anschließende Bad und die neuen Handtücher

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