Stirb mit mir: Roman (German Edition)
auf dem Halter, weiß und flauschig. Alles in dem Raum war weiß und verströmte die Ruhe eines Wellnessbereichs. Im Gästezimmer standen ein Bett mit schwarzem Eisenrahmen und eine Kommode aus Mahagoni. Nirgendwo lag etwas herum, das Zimmer war ohne Zierrat, an den Wänden hingen nicht einmal Bilder. Keinerlei Ablenkung. Minimalismus, der mich beruhigte.
Dann ging ich hinunter in die Küche und bereitete die Getränke zu. Ich hatte ihn nicht nach seinen Wünschen gefragt und machte meinen Lieblingsdrink, zwei Whiskycocktails mit viel Ingwerwein und einem Schuss Single Malt, der torfig schmeckte. Auch die Nüsse, die schon seit einer Weile im Schrank lagen, holte ich heraus.
Als Smith herunterkam, waren seine Haarspitzen feucht und wellten sich. Er hatte wieder das Hemd an, das er vorher getragen hatte, diesmal jedoch ohne Krawatte, sodass es am Hals offenstand. Er ging barfuß, wirkte entspannt, als sei er zu Hause, und nippte an seinem Drink.
»Islay Malt?«
»Richtig.«
»Du kennst dich aus.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe guten Whisky zu schätzen gelernt. Überhaupt habe ich lieber weniger als etwas Schlechtes.«
Er ließ den Blick schweifen. »Das sieht man.«
Der Whisky erhitzte mein Blut, lockerte meinen Körper und machte meine Lippen taub. Ich saß schwer in meinem Sessel, zog die Beine wie totes Gewicht unter mich und lehnte meinen schlaffen Kopf gegen die gerade Rückenlehne. Smith lag ausgestreckt auf dem Sofa. Eine Hand hing herab, als würde er über einen Fluss gerudert und ließe die Finger durchs Wasser pflügen. Der Inhalt der Whiskyflasche kreiste durch unser Blut. Hätten wir die Hände ausgestreckt, so hätten wir uns berühren können, doch keiner von uns tat es. Ich fragte mich vage, ob wir auf diese Weise die Nacht verbringen würden. Ich wollte ihn berühren.
Da zog Smith die Hand aus dem Fluss und rieb sich die Stirn. »O Gott, es dreht sich alles.«
Trotz meiner bleischweren Glieder war der Raum für mich wie immer. Nur er machte ihn anders. Er war wie ein Tier, das ich aus dem Zoo geraubt hatte, eine exotische Kreatur, für die ich nicht zu sorgen wusste und die mich beißen konnte. Ich wünschte, ich wäre nicht so betrunken, aber was sollten zwei Fremde denn auch anderes tun als trinken, wenn sie nur aufgrund eines einzigen Wunsches und sonst kaum etwas zusammengekommen waren? Ich wusste nichts über ihn. Ich wartete auf seine Berührung, schloss die Augen und dachte an seine Hände unter meiner Kleidung, wollte die Wärme spüren, das Gefühl von Haut auf Haut. In mir wuchs der Wunsch, aufzustehen und zu ihm zu gehen, schließlich war ich weder ein Kind noch ein albernes Schulmädchen, sondern eine erfahrene Liebhaberin, die keinen Grund hatte zu zögern.
Ich öffnete die Augen, zog meine Beine hervor, rutschte auf den Boden und kroch auf Smith zu. Seine Hand lag noch immer auf der Stirn, als wolle er seine Augen vor zu hellem Sonnenlicht beschatten. Inzwischen saß ich auf dem Fußboden, unsere Köpfe waren auf einer Höhe, und berührte sein dunkles Haar. Eine Locke wand sich um meinen Finger wie der Griff eines Babys. Er regte sich nicht. Sein Atem war tief und von röchelnden Lauten durchsetzt. Luft, die zu enge Atemwege passieren muss. Er schlief tief und fest. Ich zog die Hand zurück, ließ ihn die Nacht auf dem Sofa verbringen, ging nach oben und legte mich in mein Bett.
Wie durch ein Wunder hatten wir am nächsten Tag beide keinen Kater. Ein weiterer Grund, nur in die besten Spirituosen zu investieren. Es war ein Samstag im Februar, doch die Sonne stand hoch am Himmel. Wie konnte man da nicht glücklich sein? Ich streifte ein duftiges Kleid über, das für das Wetter zu dünn war, aber Smiths Anwesenheit wärmte mich. Ich hörte ihn duschen und, als er das Wasser abdrehte, sein Summen, dann das Geräusch seiner bloßen Füße auf den feuchten Fliesen. Mir war, als hätte ich Geburtstag. Ich wollte feiern, trotzdem beherrschte ich mich, denn ich war mir nicht sicher, ob derartige Gefühle angemessen waren. Schließlich war er zu mir gekommen, um zu sterben.
Als ich mich in dem Standspiegel begutachtete, versuchte ich mich mit seinen Augen wahrzunehmen. Ich war hochgewachsen und schlank, der Baumwollstoff meines Kleides lag an meinen Brüsten und Hüften an. Unter dem Kleid, das kürzer war als meine anderen Röcke und Kleider, sah man meine blassen, wohlgeformten Beine. Die Fußnägel hatte ich lackiert, in einem hübschen Korallenrot, das meine langen
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