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Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Titel: Stirb mit mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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überhaupt sterben? Hatten Sie den Eindruck, dass er an Depressionen gelitten hat?«
    »Nein«, log Krishna, ohne eine Miene zu verziehen. Er wusste, dass Dave Schlafschwierigkeiten gehabt hatte, denn wenn man jemandem täglich gegenübersaß, erkannte man, ob der andere müde war. Trotzdem hätte er nie gedacht, dass Dave sich umbringen würde. Zumal er im letzten Monat so gut gelaunt gewesen war.
    »Noch was«, setzte der Detective eindringlich hinzu. »Welcher Vollidiot will denn obendrein noch gegessen werden?«
    Krishna schluckte krampfhaft. Ihm waren bereits Gerüchte zu Ohren gekommen, denn im Büro war darüber getratscht worden. Die Zeitungs- und Fernsehberichte über den Fall hatte er bewusst ignoriert. »Sie hat ihn aufgegessen?«
    »Nicht vollständig.« West richtete sich auf, steckte eine Hand in die Hosentasche und kratzte sich an den Weichteilen. »Wissen Sie, wenn ein Masochist nichts Schöneres kennt, als seine Freundin dabei zusehen zu lassen, wie er stirbt, dann juckt mich das nicht im Geringsten. Geht mich nicht mal was an. Mir wäre nur lieber, bei der Untersuchung würde nicht so viel Polizeiarbeit anfallen.« Er kniff die Augen zusammen.
    »Aber diese Frau hat nicht bloß zugesehen. Und falls Ihr Kumpel gar nicht sterben wollte, dann hätten wir es mit Mord zu tun. Der wiederum geht mich durchaus etwas an.«

Dreiundzwanzig
    Die beißende Kälte an diesem Tag spürt Krishna nicht, dazu geht ihm zu viel durch den Kopf. Außerdem muss er sich auf den Weg konzentrieren, denn vom Bahnhof Ipswich muss er zum Krongericht gelangen und dort seine Mission erfüllen. Seit er im Besitz des USB -Sticks ist, hat er ihn in der Jackentasche gehabt oder ihn zu Hause ins Regal gelegt, neben die Statue von Ganesha. Ihm ist noch immer nicht klar, was Dave von ihm wollte. Das Tagebuch hat er inzwischen gelesen, allerdings nur ein einziges Mal. Es war keine einfache Lektüre. Was er erfahren hat, ist eine Bürde, mit der er nicht umgehen kann. In seiner Not hat er gar nichts gemacht. Was dumm war, das sieht er inzwischen ein, denn heute wird eine Frau vor einem Richter erscheinen und dessen Urteil entgegennehmen. Den Stick zu behalten hat ihn keineswegs neutral gemacht, schließlich wird sein Nichtstun den Ausgang der Verhandlung beeinflussen. Er hat sich zu viele Sorgen um sich selbst gemacht und dabei den größeren Rahmen nicht erkannt. Jetzt kann er den Stick nicht länger behalten. Heute wird er ihn weiterreichen. Ob an diese Frau namens Alice oder an die Polizei, muss er noch entscheiden. Er weiß nur eines: Wenn er später am Tag nach London zurückkehrt, wird er dieses schwarze Kunststoffding nicht mehr bei sich haben und froh darüber sein.
    Als er durch die Tür des Gerichtssaals tritt, fühlt er sich wie ein Verbrecher und wartet auf einen Warnton des Detektors.
    Der bullige Wachmann trägt trotz der kalten Jahreszeit ein Hemd mit kurzen Ärmeln und taxiert ihn. »Name?«, fragt er und zückt einen Stift, um auf der Liste der Angeklagten einen Haken zu machen.
    Als Krishna zuletzt in einem Gerichtssaal war, stand sein Name auf einer solchen Liste, die Anklage lautete auf Drogenbesitz. Bei der Erinnerung werden seine Hände feucht. »Mein Name steht da nicht. Ich bin hier nur als Zuschauer, nicht als Angeklagter.«
    Dass der Wachmann ihn für einen Kriminellen hält, wundert ihn nicht, denn die anderen um ihn herum sind weiß und sprechen gehobenes Englisch. Krishna mag zwar Statistiker sein, aber das ist nichts wert, sobald die Leute seine Hautfarbe sehen. Was könnte ein dunkelhäutiger Mensch schon anderes sein als ein Verbrecher? Anders als in dem Amtsgericht, in dem sein Fall damals verhandelt wurde, gibt es hier offenbar mehr Anwälte als Angeklagte. Es stehen auch weniger Fälle auf der Tagesordnung, doch die wenigen wiegen schwer und erfordern jeweils ein ganzes Team von Verteidigern. Die Parteien sind deutlich zu unterscheiden. Die Anwälte schauen ernst, stehen in feinem Zwirn und mit einer Aktentasche auf dem Flur. Wohingegen der Mann, der nicht weit weg auf der Bank sitzt, eindeutig keiner von ihnen ist. Er trägt Jeans und ein billig aussehendes Jackett mit breitem Revers, nestelt an seiner Krawatte und schaut hier und da hoch, als warte er darauf, aufgerufen zu werden. Neben ihm befindet sich ein jüngerer Mann von vielleicht nicht mal zwanzig Jahren. Er sitzt vornübergebeugt da und hält eine Baseballkappe in den Händen. Als sein Blick auf Krishna fällt, macht er ein finsteres

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