Stirb mit mir: Roman (German Edition)
unterstützen wollen, wenden Sie sich an Roy …«
Zuunterst stehen eine Telefonnummer und eine E -Mail-Adresse.
Verstohlen beobachtet Krishna den Mann zu seiner Linken, der sich in einem abgegriffenen Heft Notizen macht, und nimmt an, dass es sich bei ihm um Roy handelt. Um seine verspannten Schultern zu lockern, dehnt Krishna den Nacken. Dann konzentriert er sich wieder auf das, was unten vor sich geht.
»Wie Euer Ehren sich erinnern, wurde die Verhandlung ausgesetzt«, fährt die Frau fort. »Sie hatten die Bewährungshilfe gebeten, ein vorgerichtliches Gutachten anzufertigen.«
»Ja, richtig«, entgegnet der Richter. »Es liegt mir nur noch nicht vor.«
»Da hat es leider eine Verzögerung gegeben. Die zuständige Bewährungshelferin ist hier. Soll sie vortreten?«
»Ich bitte darum.«
Unten wenden die Anwesenden die Köpfe zu einer Stelle, die Krishna nicht einsehen kann. Er hört auf dem Holzfußboden Schuhabsätze klacken. Die Frau, deren Kaffee er verschüttet hat, tritt in sein Gesichtsfeld und geht zur Richterbank. Ihre Haltung wirkt entschlossen und gleichzeitig angespannt, eine Hand hat sie zur Faust geballt. Die anderen studieren sie mit neugierigen oder vorwurfsvollen Mienen. Sie streicht ihre Jacke glatt, betastet unsicher die Flecken darauf.
»Guten Morgen, Euer Ehren«, beginnt sie mit leicht unsteter Stimme. »Mein Name ist Cate Austin, von Beruf Bewährungshelferin. Ich bin für das vorgerichtliche Gutachten verantwortlich.«
Demzufolge musste sie die Angeklagte bewerten, begreift Krishna und weiß plötzlich, weshalb er sie angerempelt hat: Es war Karma.
Alice Mariani setzt sich noch aufrechter hin. Der ältere Mann beugt sich so weit über das Geländer, dass Krishna sich um dessen Gleichgewicht Sorgen macht. Hinter ihnen recken die Reporter die Hälse, hacken auf die Tastaturen ihrer Laptops ein oder machen sich handschriftliche Notizen.
»Ich bitte um einen weiteren Aufschub, Euer Ehren. Leider war es mir nicht möglich, das Gutachten bis heute abzuschließen.« Einer der Reporter murmelt: »Oh Mann.« Die ältere Frau flüstert ihrem Mann etwas zu.
Der Richter seufzt ungehalten. »Darf man auch den Grund dafür erfahren, Miss Austin?«
»Ja, Euer Ehren, es lag daran, dass man die Angeklagte am vergangenen Dienstag in eine psychiatrische Klinik eingewiesen hat und sie seitdem in der geschlossenen Abteilung untergebracht ist. Angesichts dieser neuen Entwicklung brauche ich mehr Zeit, um diesen Sachverhalt mit zu berücksichtigen. Deshalb bitte ich um eine weitere Vertagung der Verhandlung um zwei Wochen.«
Hinter Krishna klappern die Computertasten, kratzen die Stifte über Papier. Er spürt die Aufregung der Reporter, die jetzt davon ausgehen, dass die Frau auf der Anklagebank unzurechnungsfähig ist, und dabei sind, ihre Sensationsgeschichten zu formulieren. Die ältere Frau neben ihm schlägt eine Hand vor den Mund und lehnt sich an ihren Mann.
»Wenn das so ist.« Der Richter reibt sich das Kinn und schaut zu der Gerichtsschreiberin hinunter, die eifrig Protokoll führt. »Liegt denn das psychiatrische Gutachten vor?«
Der Gerichtsdiener steht auf und überreicht ihm ein Schreiben. »Wir haben einen Brief von Doktor Gregg erhalten, Euer Ehren.«
Der Richter nimmt das Schreiben entgegen, scheint nicht wahrzunehmen, dass alle ihn beobachten, und liest. Dann setzt er sich zurück und sieht Cate Austin an, die tief durchatmet. Schließlich wendet sich der Richter an den Mann in schwarzer Robe und weißer Perücke, der der Angeklagten am nächsten sitzt. »Wie es aussieht, bittet auch Doktor Gregg um mehr Zeit. Möchten Sie dazu einen Kommentar abgeben, Mister Thomas?«
»Wie wir gerade gehört haben, Euer Ehren, steht meine Mandantin zurzeit unter psychiatrischer Aufsicht. Ihr Wunsch ist es, so bald wie möglich aus der Klinik entlassen zu werden. Sofern eine weitere Vertagung erforderlich ist, um die Möglichkeit einer Bewährungsstrafe zu prüfen, wird sie sich mit den entsprechenden Untersuchungen einverstanden erklären.« Er schaut Cate Austin an, als warte er auf ihre Zustimmung, doch sie reagiert nicht.
»Na schön«, sagt der Richter. »Ich gebe Ihnen zwei Wochen Zeit und vertage die Verhandlung auf den neunten Februar. Zu dem Termin erwarte ich Ihr vollständiges Gutachten, Miss Austin, einschließlich einer eindeutigen Empfehlung. Sind wir uns da einig?«
»Ja, Euer Ehren.«
»Kommen wir nun zur Frage der Freilassung. Wie lautet Ihr Vorschlag, Mister
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