Stirb mit mir: Roman (German Edition)
Handschrift. Als er hochsah, rechnete er damit, dass Mark und Caroline ihn beobachteten, aber sie war gar nicht mehr da, während Mark auf der Tastatur von Daves Laptop herumtippte, ohne zu ahnen, dass Krishna den Brief eines Toten erhalten hatte. Krishna begann zu lesen.
16. Juni
Krish,
ich weiß, dass der Stick bei dir in guten Händen ist. Er ist wichtig. Manchmal entwickeln die Dinge sich anders als geplant, das wissen wir ja beide. Schließlich beschäftigen wir uns mit Ausnahmen. Wenn du das hier in der Hand hältst, werde ich längst fort sein, aber ich habe vor, mit leichtem Gepäck zu reisen. Bitte heb den Stick auf.
Ich hoffe, dich bald wiederzusehen, entweder hier oder in einem anderen Leben.
Dave
Krishna steckte den USB -Stick in seinen Laptop. Der Brief allein hatte ihm schon zugesetzt, doch das, was er jetzt sah, ging ihm durch Mark und Bein. Es war, als hätte ihn etwas berührt, das gehört hatte, wie er Mark auftrug, den Ordner »Robin & Smith« zu löschen. Dieser Geist schien nun beschlossen zu haben, ihm diesen Ordner noch einmal in die Hände zu spielen.
»Na bitte«, sagte Mark. »Alles erledigt. Ich verschwinde wieder.«
»Danke.«
»Kein Problem, Kumpel. Wenn die Polizei kommt, sag ihnen, dass ich alles auf USB gespeichert habe.«
»Die Polizei?«, fragte Krishna erschrocken.
»Ja, die wollen den Laptop abholen und den Schreibtisch durchsuchen. Bei ungeklärten Todesfällen ist das anscheinend so üblich. Wahrscheinlich wollen sie auch mit dir reden.«
Krishna brach der Schweiß aus. Er zog den Stick aus seinem Laptop, schob ihn in den Umschlag und steckte diesen zu dem zusammengeknüllten Klebezettel in die Tasche seines Jacketts.
Detective Inspector Stephen West musterte Krishna und tat ihn offenbar als unwichtig ab. Krishna spürte die Anspannung in seinem Körper, die verkrampften Schultern.
»Sie kannten ihn also gut«, sagte West.
Krishna wich seinem bohrenden Blick aus. »Eigentlich nicht. Wir haben nur zusammen gearbeitet.«
West sah ihn an, als wäre Krishna geistig zurückgeblieben. »Sie haben sich fünf Tage in der Woche gegenübergesessen. Ich würde sagen, da kennt man sich recht gut. Waren Sie befreundet?«
»Nicht richtig.« Krishna betastete den Stick in seiner Tasche. »Ich meine, ich mochte ihn. Wir sind miteinander klargekommen. Nach der Arbeit einen trinken gegangen und so, haben zusammen gelacht. Dave war in Ordnung.«
Der Detective wirkte, als habe er in seinem ganzen Leben noch nicht gelacht. Krishna setzte sich um, dachte an den Stick und das Tagebuch, das er noch nicht gelesen hatte. Er wünschte, Dave hätte sich in dem Brief klarer ausgedrückt. Hatte er gewollt, dass Krishna den Stick für die Polizei aufhob? Fragen konnte er den Toten nicht mehr. Überhaupt war Krishna nicht bewusst gewesen, wie sehr Daves Gegenwart Teil seines täglichen Lebens gewesen war. Vielleicht sollte er West den Stick einfach überreichen, ebenso den Umschlag mit den E -Mails, dann wäre er aus dem Schneider. Doch das schaffte er nicht. Schließlich wusste er nicht, was sich in dem Ordner »Robin & Smith« befand. Was, wenn dort etwas über seinen eigenen Drogenkonsum stand oder über die Telefonnummer des Dealers, die er Dave gegeben hatte? Das konnte er nicht riskieren, die Polizei hatte ihn schon einmal mit Drogen erwischt.
Der Detective betrachtete ihn, als habe er, Krishna, Daves Tod zu verantworten. Als hätte er ihn verhindern können. Aber Dave hatte ihm das Tagebuch aus einem bestimmten Grund zukommen lassen. Er hatte ihm vertraut, wohingegen Krishna dem Detective nicht vertraute.
»Wonach suchen Sie denn?«, erkundigte er sich vorsichtig.
»Nach Beweisen. Irgendetwas, das Licht auf die Motive dieses Irren wirft. Die Sache schmeckt mir nicht, denn diese Art von Selbstmord ist mir bisher noch nie untergekommen.«
»War es denn kein Selbstmord?«, fragte Krishna verwirrt.
»Es war eine Überdosis.«
Krishna dachte an den Zettel in seiner Jackentasche. War es womöglich doch seine Schuld gewesen?
West stützte die Hände auf den Schreibtisch und beugte sich vor, bis sein Gesicht mit dem von Krishna auf einer Höhe war. »Nur mal so zwischen uns beiden. Irgendetwas an dieser Sache ist faul. Die Freundin behauptet, Jenkins habe sterben wollen, aber warum hätte er sie dann in die Sache hineinziehen sollen? Warum hat er es nicht allein in seiner Wohnung gemacht, ebenso wie jeder andere Schwachkopf, der sich um die Ecke bringen will? Und warum wollte er
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