Stirb, Schätzchen, Stirb
wieder groß und rund, unschuldig und naiv.
»Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen. Ich will nicht mehr hier sitzen.« Die Lippen, die sie zu sehr mochte, um sie zu verändern, fingen an zu zittern. »Ich will meinen Bobby. Ich will endlich heim.«
»Haben Sie Bobby je gewollt? Oder war er für Sie nicht vielmehr der nützliche Idiot? Aber dazu kommen wir später. Sie sollten die Maske fallen lassen, Marnie. Das wäre für uns beide angenehmer, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es besonders lustig für Sie ist, ständig so langweilig wie Zana zu sein.«
Marnie schniefte jämmerlich. »Wie können Sie nur so gemein sein?«
»Das werde ich nun mal, wenn mich jemand belügt. Sie haben sicher Spaß mit der Rolle gehabt. Aber in dem Raum neben Trudys Hotelzimmer, in dem Sie sich sauber gemacht haben, sind Sie ein bisschen nachlässig gewesen. Sie haben nämlich etwas Blut und - was noch viel besser ist - zwei Fingerabdrücke dort hinterlassen.«
Eve stand auf, ging um den Tisch herum, beugte sich über Marnies Schulter und roch einen blumigen Duft. Hatte Marnie vielleicht heute Morgen etwas von Trudys neuem Parfüm benutzt? Was war es wohl für ein Gefühl, sich mit dem Duftwasser, das einer toten Frau gehörte, zu besprühen?
Wahrscheinlich hatte sie sich dabei durchaus gut gefühlt. Wahrscheinlich hatte sie sogar vergnügt gekichert, als sie mit dem Flakon vor ihren Ankleidetisch getreten war.
»Der Identitätswechsel war wirklich gut«, stellte sie mit ruhiger Stimme fest. »Aber so etwas ist nie perfekt. Außerdem ist da noch Trudys Handy. Kleinigkeiten, Marnie, es sind immer die Kleinigkeiten, über die man stolpert. Sie konnten der Versuchung, ein paar von ihren Sachen mitzunehmen, einfach nicht widerstehen. Sie haben eben lange Finger, die haben Sie immer schon gehabt.«
Sie streckte einen Arm nach der auf dem Tisch liegenden Akte aus und blätterte darin herum, bis sie Marnies und Zanas Fotos sowie Marnie Raistons Lebenslauf und Vorstrafenregister fand.
»Sie waren schon immer äußerst rührig, ich glaube, das habe ich sofort bei unserem ersten Treffen vor Trudys Zimmertür bemerkt. Die rührige Person, die sich hinter der Fassade der braven Hausfrau versteckt.«
»Sie haben gar nichts bemerkt«, stieß Marnie zischend aus.
»Ach nein? Wie dem auch sei, Sie hätten das Parfüm nicht nehmen sollen, und auch nicht den Pulli und die neue Handtasche von Trudy, auch wenn sie zugegebenermaßen hübsch ist und durchaus zu Ihnen passt.«
»Sie hat mir die Sachen geschenkt. Mama Tru -«
»Das ist totaler Blödsinn, es ist einfach dumm, mich derart zu belügen. Es wäre deutlich cleverer gewesen, wieder in Tränen auszubrechen und mir zu erzählen, Sie hätten die Sachen genommen und würden sich entsetzlich dafür schämen, aber Sie hätten einfach nicht anders gekonnt. Sie wissen nämlich genauso gut wie ich, dass es völlig ausgeschlossen ist, dass Trudy irgendeinem Menschen gegenüber je so großzügig gewesen ist.«
»Sie hat mich geliebt.« Marnie warf sich die Hände vors Gesicht und brach in Schluchzen aus. »Sie hat mich geliebt.«
»Was ebenfalls totaler Blödsinn ist«, antwortete Eve ihr beinahe gut gelaunt. »Wie schon eben ist es einfach dämlich, mich derart zu belügen. Sie haben es bei mit nämlich mit einem Cop zu tun, der sie gekannt hat und der sich genau an sie erinnern kann. Sie haben nicht gedacht, dass ich an dem Morgen in dem Hotel erscheinen würde, bevor Sie damit fertig wären, hinter sich aufzuräumen und alles so zu arrangieren, dass kein Verdacht auf Sie und Bobby fallen kann. Sie haben auch nicht damit gerechnet, dass ich die Ermittlungen übernehme.«
Sie klopfte Marnie auf die Schulter und nahm auf der Tischkante Platz. »Damit konnten Sie auch schwerlich rechnen. Ich meine, wie groß wäre die Chance normalerweise wohl gewesen, dass ausgerechnet ich den Fall zugeteilt bekomme?« Eve wandte sich an ihre Partnerin. »Was meinen Sie?«
»Damit konnte wirklich niemand rechnen«, stimmte ihre Partnerin ihr zu. »Und die Handtasche ist wirklich wunderschön. Es wäre eine Schande gewesen, sie einfach liegen zu lassen, damit sie möglicherweise weggeworfen wird. Wissen Sie, was ich denke, Lieutenant? Ich denke, dass sie mit dieser angeblichen Entführung ein bisschen übertrieben hat. Es wäre cleverer gewesen, sich im Hintergrund zu halten. Aber sie konnte der Versuchung, sich in den Mittelpunkt zu rücken, einfach nicht widerstehen.«
»Damit haben Sie
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