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Stirb schön

Stirb schön

Titel: Stirb schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Mann ganz gut erkennen. Groß, schlank, Ende zwanzig, mit eleganter schwarzer Kleidung, strengem Gesicht und modernem Kurzhaarschnitt. Vor allem aber sah er, was sich hinter ihm befand.
    Eine Reihe Chemikalienfässer, gar nicht weit entfernt.
    »Iss«, sagte der Mann und trat zu seinem Begleiter. Sekunden später waren sie weg, das Rechteck aus Licht verschwand. Wieder blieben Tom und Kellie in völliger Finsternis zurück.
    »Liebes?«
    Schweigen.
    »Liebes, hör mir bitte zu.«
    »Warum hab ich nichts zu trinken bekommen?«
    »Sie haben uns Wasser gebracht.«
    »Scheiße, das hab ich nicht gemeint.«
    Wie lange mochte sie schon trinken? Wie lange hatte er es übersehen?
    »Und wie soll ich trinken, wenn ich die Arme an den Körper gefesselt habe, Mr Überschlau?«
    Tom rutschte mit dem Kopf in die Richtung, in der er Wasser und Brötchen vermutete. Er berührte den Becher mit der Nase und fluchte insgeheim, weil man ihn so demütigte. Vorsichtig glitt er mit den Lippen über den Rand, um nichts zu verschütten, biss hinein, kippte den Becher und leerte ihn gierig aus.
    Wie ein Nachttier tastete er mit der Nase nach dem Brötchen. Appetit hatte er keinen, zwang sich aber abzubeißen. Kaute und schluckte. Noch ein Bissen, das reichte.
    »Ich glaube, wir sollten jetzt gehen«, verkündete Kellie. »Meinst du, sie packen uns die Reste ein?«
    Zum ersten Mal seit Tagen musste Tom lächeln.
    Vielleicht wurde sie allmählich ruhiger, dachte er und neue Hoffnung keimte in ihm auf. »Bisher lässt die Gastfreundschaft sehr zu wünschen übrig«, scherzte er, erntete aber nur Schweigen.
    Wasser und Essen verliehen ihm ein wenig Stärke. Zeit für den nächsten Schritt.
    Zuckend und rollend rutschte er über den Boden nach links, die Richtung hatte er sich gemerkt.
    Hin zu den Chemikalienfässern.
    Als sich die Kette spannte, fuhr er zusammen. Bitte, nur noch ein bisschen, ein winziges bisschen. Tom zog fester, die Fessel grub sich noch tiefer ins Fleisch. Er schrie auf vor Schmerz.
    »Alles okay, Tom? Liebling?«
    Gott sei Dank, sie hatte sich beruhigt. »Ja«, flüsterte er, »alles klar.«
    Dann stieß er an etwas. Bitte nicht die Wand.
    Kalt, rund, aus Plastik. Ein Fass!
    Er versuchte, sich hochzustemmen. Das Fass wackelte. Tom rutschte ab. Rollte sich auf den Bauch, die Beine verschlungen, der Schmerz fast unerträglich. Ruckte hoch, immer weiter. Ein tiefer Atemzug, dann warf er sich mit aller Kraft nach oben. Und bekam das Kinn über den Rand.
    Er fühlte sich wunderbar scharf an.
    Langsam, ganz langsam kippte er das Fass. Es war viel schwerer als vermutet, viel zu schwer für ihn. Irgendwann fiel es polternd um.
    »Tom?«, rief Kellie laut.
    »Schon gut.«
    »Was machst du da?«
    »Nichts.«
    So schnell er konnte, rutschte er zum Rand des Fasses und begann, die Schnüre an seinen Armen daran zu reiben.
    Kurz darauf konnte er tatsächlich die Arme ein wenig vom Körper lösen. Nur ein winziger Schritt, aber er fühlte sich, als hätte er den Mount Everest bestiegen. Erleichterung durchflutete ihn. Er würde es schaffen!
    Nun tastete Tom mit den gefesselten Händen nach dem Rand. Rieb wie wild mit dem Stück, das sich zwischen seinen Handgelenken spannte, an der scharfen Kante. Langsam gaben die Fesseln nach. Dann waren seine Hände frei. Er schüttelte den Rest der Schnur ab, stemmte sich hoch, streckte die Arme und bewegte die Hände, um die Blutzirkulation anzuregen.
    »Werden wir hier drinnen sterben, Tom?«, wimmerte Kellie.
    »Nein.«
    »Mum und Dad können die Kinder nicht großziehen. Daran haben wir nie gedacht, was?«
    »Wir werden nicht sterben.«
    »Tom, ich liebe dich so sehr.«
    Beinahe hätte er geweint. Ihre Stimme klang warm und zärtlich. »Ich liebe dich mehr als alles auf der Welt, Kellie«, sagte er und tastete nach den Schnüren, mit denen seine Beine gefesselt waren.
    Der Knoten saß unglaublich fest, doch Tom gab nicht auf und konnte ihn tatsächlich mit einiger Mühe lösen. Seine Beine waren frei! Bis auf den Knöchel mit der Kette. Wenn der Fette jetzt hereinkäme, wäre die Hölle los! Doch dieses Risiko musste er eingehen.
    Tom kniete sich, umklammerte den Rand des Fasses und stemmte es hoch. Dann tastete er nach dem Verschluss. Zum ersten Mal konnte er sich ungefähr vorstellen, was es hieß, blind zu sein.
    Über der Verschlusskappe befand sich ein gezwirnter Draht, darüber ein Siegel aus Papier. Er schob die Finger unter den Draht und zog. Er schnitt in sein Fleisch. Tom fand ein

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