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Stirb schön

Stirb schön

Titel: Stirb schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Reisetasche. Er trat auf den Bahnsteig und schaute sich vorsichtig um, als wolle er prüfen, ob die Luft rein sei.
    Rein wovon? Tom drückte auf »Pause«.
    Der Mann hielt mitten im Schritt inne, den linken Fuß mit dem Turnschuh in der Luft, das Gesicht leicht zur Kamera geneigt. Er wirkte ausgesprochen bestürzt.
    Tom drückte wieder auf »Play«, und die Sorgen des Mannes schienen verflogen. Beinahe munter schritt er zum Ausgang. Wieder »Pause«. »Der ist es.«
    Branson schaute ihn betroffen an. »Holen Sie ihn mal näher ran, bitte.«
    Tom fummelte an den Knöpfen und holte das Gesicht des Vollidioten im Großformat auf den Bildschirm.
    »Sind Sie sich absolut sicher?«
    Tom nickte. »Klar, das ist er, kein Zweifel.«
    »Irrtum ausgeschlossen?«
    »Ja.«
    »Das ist sehr interessant«, erklärte Branson.
    »Kennen Sie ihn?«
    »Sicher«, entgegnete der Ermittler mit grimmiger Miene, »und ob wir den kennen.«

54
    UM KURZ VOR FÜNF werkelte Sergeant Jon Rye noch immer am Laptop von Tom Bryce, als sein Telefon klingelte. Er hob ab und meldete sich.
    »Hallo, hier spricht Tom Bryce, ich bin gerade im Haus im Videoraum und wollte fragen, ob Sie mit meinem Computer fertig sind. Dann würde ich ihn abholen. Ich muss heute Abend noch arbeiten. Morgen findet ein wichtiges Meeting statt.«
    Du hörst dich furchtbar an, dachte Rye. Du musst arbeiten und ich müsste eigentlich nach Hause fahren und meine Ehe retten. Er war allein mit Andy Gidney, außer ihnen beiden verbrachte niemand den Sonntagnachmittag im Büro.
    Gidney, der Freak, hing, die Kopfhörer seines iPod in den Ohren, über der Tastatur und versuchte, endlich den Code zu knacken, an dem er schon die ganze Woche knobelte. Sein Schreibtisch war mit leeren Coladosen und Plastikbechern aus dem Automaten übersät.
    Rye hielt ihn für eine arme Seele. Wenn er selbst nach Hause ging, wartete wenigstens jemand auf ihn. Sicher, Nadine war gelegentlich sauer, aber das Essen stand auf dem Tisch, und er konnte mit den Kindern reden. Ein bisschen Normalität. Wie normal sah Gidneys Privatleben wohl aus?
    Andererseits, was hieß schon normal? Sie alle hier verbrachten ihren Arbeitstag damit, sich auf beschlagnahmten Computern Pornofotos oder -filme anzuschauen. Und meist handelte es sich nicht um anzügliche, aber harmlose Geschichten im Playboy-Stil, sondern um Männer mittleren Alters, die Kinder missbrauchten, von denen manche erst zwei Jahre alt waren. Etwas, das er nie verstehen würde und wenn er hundert Jahre alt würde. Wie konnte einen so etwas anturnen? Wie konnten Menschen solche Dinge mit wehrlosen Kindern anstellen? Wie konnte ein Vierzigjähriger an einem Kleinkind Analverkehr praktizieren und mit dieser Tat weiterleben?
    Leider geschah es viel zu häufig und wurde den Leuten viel zu einfach gemacht.
    Rye wusste genau, was er getan hätte, wenn er jemanden mit seinen Kindern erwischt hätte. Rasierklinge und Lötlampe, mehr wäre nicht nötig gewesen.
    Plötzlich erklang ein vertrautes elektronisches Rauschen. Gidneys Handy. Der Freak zog einen Stöpsel aus dem Ohr und meldete sich mit ausdrucksloser Stimme.
    Gidney wohnte in einer Einzimmerwohnung in The Level, nahe der Rennbahn, wo sich Reihenhäuser im viktorianischen und edwardianischen Stil drängten, in denen früher Künstler gehaust hatten und die heute von Studenten und jungen Singles bewohnt wurden. Was erwartete den Freak, wenn er nach Hause kam? Eine Dose Bohnen auf einer einzelnen Kochplatte? Der nächste Bildschirm? Der Guardian, den er morgens stets unter dem Arm trug, aber nie zu lesen schien, ein Haufen Computerzeitschriften?
    »Ich brauche noch etwa eine halbe Stunde«, sagte Rye zu Tom Bryce. »Können Sie warten, oder soll ich ihn auf dem Heimweg vorbeibringen?«
    »Ja, das wäre gut, ich muss zu meinen Kindern, danke auch. Es wäre sehr nett, wenn Sie ihn vorbeibringen könnten.«
    »Gut, Ihre Adresse habe ich ja, ich komme so bald wie möglich.« Er sah auf die Uhr, weil er hoffte, es noch rechtzeitig zum Automagazin Top Gear, seiner Lieblingssendung, nach Hause zu schaffen. Obwohl seit mehreren Jahren nicht mehr bei der Verkehrspolizei, war er noch immer Feuer und Flamme für Autos.
    Als er auflegte, sah er Gidney mit Anorak und Rucksack gerade aus der Tür verschwinden. Ohne sich zu verabschieden, ganz schön unhöflich!
     
    Rye brauchte länger als geplant für seine Untersuchung und stellte irgendwann schuldbewusst fest, dass er schon vor über einer Stunde mit Bryce gesprochen

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