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Stirb

Stirb

Titel: Stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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Promille im Blut in einen Hotel-Pool gestürzt«, erzählte Lara und schluckte. »Sie war bereits tot, bevor es jemand bemerkt hatte – sämtliche Wiederbelebungsmaßnahmen kamen zu spät.«
    Hausmann sah sie direkt an.
    »Und wann war das ganz genau?«
    »Vor über dreißig Jahren.«
    Die Kommissarin wurde ungeduldig.
    »Geht’s noch genauer?«
    »Es war im März 1977, warum ist das so wichtig?«
    Hausmann tauschte einen ernsten Blick mit Kern, als hätte sie das Gefühl, dicht an der Wahrheit dran zu sein.
    »Die ersten Morde sind nur wenige Wochen nach dem Unfalltod Ihrer Mutter passiert. Man könnte fast meinen, ihr Tod sei so etwas wie der Startschuss für die Mordserie gewesen …«
    »Vielleicht war sie ihm weggestorben, bevor er sie gekriegt hat«, mutmaßte Magnus Kern. »Und all die Frauen, die ihr so auffällig ähnlich sahen, waren nichts als Platzhalter, die lediglich seiner Ersatzbefriedigung dienten.« Er blickte Lara ins Gesicht. »Aber was hätte ihn dazu veranlassen können, Ihre Mutter zu töten? Frau Simons? Aus welchem Grund war ausgerechnet sie ins Zentrum seiner Aufmerksamkeit gerückt?«
    Lara ballte die Hände zu Fäusten und hatte das Gefühl, dass ihr augenblicklich eine Nadel quer durch den Kopf schoss. »Verdammt, ich war sechs Jahre, als sie starb! Und ich habe nicht die geringste Ahnung, was das alles mit ihr, mir oder mit Emma zu tun hat!« Sie stand so ruckartig auf, dass sie dabei die Flasche vom Tisch riss, so dass diese auf den Fliesen zerschellte und Lara der Schnaps bis zu den Knien spritzte. »Was ich aber sehr wohl weiß, ist, dass sich meine zwölfjährige Tochter irgendwo da draußen in der Gewalt dieser Bestie befindet, während Sie beide hier herumsitzen und mir Fragen stellen, auf die ich verdammt noch mal keine Antwort weiß!«, brüllte Lara so laut, dass ihre Halsader hervortrat.
    »Frau Simons, wenn Sie wollen, dass wir Emma noch rechtzeitig finden, dann müssen Sie uns jetzt die ganze Wahrheit sagen!«, hielt Hausmann dagegen.
    Laras Kinn bebte.
    »Was wissen Sie schon – Sie haben doch nicht die geringste Ahnung, wie es ist, ein Kind zu verlieren!«
    Für einen Moment fiel kein Wort. Plötzlich stand Sylvia Hausmann unter den Blicken von Lara und Kern auf und schritt, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, ans Küchenfenster. Sie starrte einen Augenblick lang hinaus in die Dunkelheit, bevor sie sich umwandte und mit leiser Stimme sagte:
    »Sie irren sich, Frau Simons – ich weiß sehr gut, wie es ist, ein Kind zu verlieren. Meine kleine Fabienne war damals nicht viel älter als Emma, als sie keine fünfhundert Meter von meiner Haustür entfernt überfahren wurde. Drei unendlich lange Tage haben die Ärzte um ihr Leben gekämpft, bevor das Herz meiner Tochter aufgehört hat zu schlagen.«
    Lara sah, wie die Polizistin gegen die Tränen ankämpfte.
    »Das Ganze ist inzwischen siebzehn Jahre und dreiundachtzig Tage her – trotzdem wache ich jeden verdammten Tag mit dem Wissen auf, dass ich mein kleines Mädchen nicht retten konnte …«
    Lara senkte den Blick.
    »Entschuldigung, das … das wusste ich nicht.«
    Plötzlich schlug sie die Hände vors Gesicht und ließ ihren Tränen freien Lauf.
    Es war Kern, der nach einem kurzen Blick zu seiner Kollegin aufstand und seinen Arm um Laras bebende Schultern legte, während seine Ohren zusehends erröteten. Schluchzend sah Lara zu ihm auf.
    »Sie müssen Emma finden, hören Sie? Sie müssen sie finden, bitte!«
    »Wir geben unser Bestes, Frau Simons.«
    Mit dieser Antwort wollte Lara sich nicht zufriedengeben. »Aber ich will, dass Sie’s versprechen!« Ihre Augen sprangen zwischen den Polizisten hin und her. »Sie beide müssen mir versprechen, dass Sie meine Tochter rechtzeitig finden!« Zu spät bemerkte Lara, dass Hendrik wach geworden war und verängstigt hinter ihr im Schlafanzug in der Tür stand.
    »Wann kommt die Emma denn wieder zurück?«, fragte er und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
    Lara stand auf und nahm ihn kurz in den Arm. Und mit einem Blick über die Schulter des Jungen sagte sie in Richtung der Polizisten:
    »Bald, Hendrik, ganz bald – das haben die Kommissare fest versprochen.«
    Dann ließ sie die Beamten in der Küche sitzen und brachte den Jungen zurück ins Bett.
    ***
    Um Emma herum war nichts als Finsternis und eine beängstigende Stille. Nur wenn sie genau hinhörte, vernahm sie gelegentlich das leise Plätschern von Wasser, den Flügelschlag einer Fledermaus oder das Fiepen

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