Stirb
zu werden.
»Du wolltest mir doch etwas sagen«, erinnerte sie ihn.
Arne massierte seinen Nacken und holte tief Luft.
»Es geht um die Briefe, du weißt schon, die du in Franks Schreibtisch gefunden hast«, brachte er kleinlaut hervor. »Na ja, ich … ich hab dich neulich in Franks Büro gesehen, und da …«
»Du hast mich beobachtet?«
»Das … war mehr Zufall und …«
»Woher weißt du von diesen Briefen?«, schnitt sie ihm entsetzt das Wort ab.
Arne ließ die Schultern hängen und wandte den Blick ab. »Wie soll ich sagen, es ist so, dass du … Du tust Frank unrecht.«
»Ach ja? Und das weißt ausgerechnet du?«
Er schluckte.
»Ist dir aufgefallen, dass die Briefe nicht datiert sind?«
»Was willst du damit sagen?«
»Na ja, die Affäre zwischen den beiden liegt Ewigkeiten zurück, das war lange vor deiner Zeit.« Er krauste die Stirn und atmete schwerfällig aus. »Frank liebt dich – er hat dich nie betrogen. Glaub mir, ich weiß das …«
Laras Mundwinkel zuckten unmerklich.
»Du scheinst ja einiges zu wissen, was ich nicht weiß.«
Er schwieg.
»Und warum um alles in der Welt erzählst du mir das erst jetzt?«, wollte sie wissen.
Arne saß bloß so da und schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht …« Als er sich erhob, vermied er es, Lara ein weiteres Mal in die Augen zu sehen.
»Gibt’s da vielleicht noch etwas, was ich wissen sollte?« Ihr scharfer Unterton war unverkennbar.
»Nein«, sagte Arne und biss sich auf die Lippe.
»Er spielt wieder, hab ich recht? Er hatte wieder einen Rückfall und ist deswegen noch immer nicht zurück.«
»Ich … ich weiß es nicht.« Auf einmal streckte er seinen Zeigefinger nach dem heruntergerutschten Träger ihres Nachthemds aus, schob ihn zärtlich hoch und berührte dabei ganz leicht ihre Schulter. Dann ihren Hals. Strich über die Narbe an ihrer linken Schulter. Rasch zog Lara die Decke über ihre Schultern und bedeutete Arne mit einem Blick zur Tür zu gehen.
Arnes Blick ruhte noch eine Weile auf Lara, bevor er mit einem leisen »Gute Nacht« das Schlafzimmer verließ und Lara irritiert zurückließ.
Sekunden vergingen, in denen Lara wie versteinert dasaß und sich fragte, ob sie auf Arne jetzt wütend oder ihm dankbar sein sollte, wenngleich ihr die Erleichterung darüber, dass Frank sie nicht betrogen hatte, in ihrer gegenwärtigen Lage nur ein geringer Trost war. Lara fröstelte, und da war es plötzlich wieder – das Gefühl, unter der Last der Ereignisse in einen unendlich tiefen Strudel gesaugt zu werden. Sie brauchte einen Anker, etwas, was ihr Halt gab.
Kurz haderte sie mit sich, dann schlug sie die Decke beiseite, sprang aus dem Bett und lief im Nachthemd zur Tür. Arne war noch auf dem Flur und blieb im selben Moment stehen, in dem sie die Tür öffnete. Laras Unterlippe bebte, als er sich nach ihr umdrehte.
»Ich … ich kann heute Nacht nicht allein sein«, brachte sie zitternd hervor.
Arne sah sie an und nickte. Dann kam er zurück zu ihr ins Schlafzimmer. Und Lara schloss die Tür hinter ihm ab.
***
Es war das brummende Geräusch, das Lara im Morgengrauen aufschreckte, nachdem sie die ganze Nacht wach gelegen hatte. Sie befreite sich aus der Umarmung von Arne, der noch immer mit grauem T-Shirt und Jeans bekleidet hinter ihr im Bett lag und sie umklammerte, als wollte er sie nie wieder loslassen. Dann tastete sie nach ihrem Blackberry, der auf dem Nachttisch vibrierte. Blinzelnd schaute Lara auf das Display und fuhr in der nächsten Sekunde blitzartig hoch.
»Frank!« Sie schloss einen Moment die Augen, als sie seine vertraute Stimme hörte. »Schatz, ich habe dir schon tausendmal aufs Band gesprochen!« Vorsichtig stieg sie aus dem Bett.
»Ich konnte die Mailbox eben erst abhören – mein Gott, ich kann kaum glauben, was passiert ist!«, hörte sie ihren Lebensgefährten vollkommen aufgelöst sagen. »Und überhaupt – ich wäre ja schon viel früher zurückgekommen, aber die Fähren haben wegen des Sturms nicht abgelegt und auch der Rügen-Damm war bis vor kurzem noch gesperrt.«
»Verdammt, Frank, warum konnte ich dich nicht erreichen?« Ihre Stimme zitterte.
»Erkläre ich dir alles später, ich bin auf der Fähre und in ungefähr zwei Stunden da.« Seine Worte klangen verzerrt, was Lara der schlechten Verbindung zuschrieb.
»Wir stehen die Sache gemeinsam durch!«
Die Sache. Gemeinsam. Wir beide.
Lara fragte sich, wie viel er wirklich wusste. Sie wischte sich mit
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