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Stoer die feinen Leute nicht

Titel: Stoer die feinen Leute nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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den Dosenwürstchen stehen und trat an den kleinen Probiertisch. In ihrer Bakterienfurcht wagte sie das Glas, das offensichtlich nur in einem kleinen Plastikeimer gespült wurde, kaum an die Lippen zu setzen. Dann tat sie’s doch und gab sich als Weinkennerin aus, indem sie das zuckrige Zeug mit der Zunge kaute.
    „Ein ausgezeichneter Tropfen“, bemerkte die Animieroma. „Wir trinken zu Hause nur noch Kalckreuther Dompfad.“
    „Ja, wenn man keine Wasserleitung hat“, lachte Katja. Was zur Folge hatte, daß sie, da ihr die spöttische Bemerkung im selben Augenblick schon leid tat, zwei Flaschen des edlen Gewächses kaufte. Eine konnte man vielleicht beim Abschied von Bramme Frau Meyerdierks für ihre treuen Dienste überreichen.
    Katja trug die beiden Flaschen zu ihrem Einkaufswagen, kaufte nun endlich die Dosenwürstchen und setzte den Rundgang fort. In wenigen Minuten hatte sie alles andere beisammen. Es wurde auch langsam Zeit, wenn sie rechtzeitig im Rathaus sein wollte.
    Sie hielt an der Kasse, wartete einen Augenblick, legte dann den schwarzen Stab mit der weißen Aufschrift NÄCHSTER KUNDE hinter die Coca-Flaschen einer schwitzenden Schülerin aus dem nahen Gymnasium und packte ihre Siebensachen auf das schwarze Förderband. Hinter der Kasse eine dralle Brammerin; semmelblond, vollbusig, weiße Haut mit rosa Bäckchen, ein Landei, wie man in Berlin zu sagen pflegte. Aber sie war irgendwie unruhig, guckte andauernd nach hinten zur Empore, wo offensichtlich Taschenmacher und sein Substitut im Glaskasten saßen, verrechnete sich zu Ungunsten der Schülerin und gab ihr dann, nach deren Protest, 20 Pfennig zuviel heraus. Und das mit zittrigen Händen. Komisch.
    Endlich war der Fall erledigt; und Katja kam an die Reihe. Sie stand am Ende des Tischs, wo die Waren eine kleine Schräge hinunterrutschten, und achtete darauf, daß die Gute den richtigen Preis tippte.
    „Sechsunddreißig zweiundvierzig.“
    Katja verschlug’s fast die Sprache, ein bißchen viel auf einmal. Aber zurückgeben konnte man ja kaum was. Sicher der Wein und der Likör. Na ja. Sie ließ den Rest in ihr Einkaufsnetz gleiten und griff dann zu ihrer Umhängetasche, die noch immer im Wagen lag, um das Portemonnaie herauszunehmen.
    „Darf ich mal sehen!“ Die Stimme der Verkäuferin überschlug sich fast, so erregt war sie.
    Katja begriff nicht ganz, was los war. Erst dachte sie, die Verkäuferin wäre an ihrer modisch ganz netten Tasche interessiert – aber deswegen hätte sie nicht so zu schreien brauchen.
    „Richtig aufmachen!“
    Da zündete es bei Katja: sie wurde eines Ladendiebstahls verdächtigt. Klar – als Fremde. Typisch Bramme. Jeder, der von auswärts kam, war erst mal als potentieller Verbrecher anzusehen. Na, sollten sie ihren Spaß haben.
    Sie klappte die Tasche auf und hielt sie der Verkäuferin unter die Nase. Die warf nur einen kurzen Blick hinein, dann schoß ihr rechter Arm vor. Sekunden später hielt sie eine vielleicht sechs, sieben Zentimeter hohe, etwa handtellergroße Büchse in der Hand.
    „Aha!“
    Katja lief rot an, war bestürzt, war hilflos, stotterte nur: „Ich weiß nicht, wie das… Nein, ich… Aber…“
    Die Verkäuferin rief triumphierend nach hinten: „Herr Taschenmacher, wieder ein Diebstahl!“
    Erich Taschenmacher kam sofort zur Kasse geeilt. Untersetzt war er, graue Stirnlocke, Mitte der Fünfzig, so selbstbewußt, als hätte er mit seinem selbstlosen Einsatz ganz Bramme allein vor dem Hungertod bewahrt, so selbstsicher, wie es ein geachteter Bürger mit 200000 Mark Vermögen zu Recht sein durfte.
    Die Verkäuferin hielt ihm die Büchse hin. „Das Krebsfleisch hier!“
    Taschenmacher lächelte jovial. „Wieder mal den richtigen Riecher gehabt!“
    Katja war wie gelähmt. Totaler Kurzschluß im Gehirn. Alles drehte sich um den einen Gedanken: Mein Gott, die Studie! Wenn das rauskommt, können wir doch keine Interviews mehr… Biebuschs Mitarbeiterin klaut! Da läßt uns doch keiner mehr ins Haus. Wir sind erledigt. Alles aus. Durch meine Schuld. Keine Studie – kein Diplom. Alles umsonst. Wir können einpacken… Mein Gott, die Studie!
    Die Verkäuferin sah sich nach allen Seiten hin um. „Ein Herr hat mir gesagt, daß die Frau hier die Büchse in die Tasche gesteckt hat, aber er ist schon weg…“
    „Macht nichts“, sagte Taschenmacher. „Was Sie selber gesehen haben, reicht… Sie haben doch das Krebsfleisch aus der Tasche der Kundin genommen, nachdem sie die Kasse passiert und

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