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Störgröße M

Störgröße M

Titel: Störgröße M Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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Entsprechend seiner
Position, sah Drunen die Chance für sich im Norden. Immer schwächer drang Vanderboldts Stimme zu ihm. Schließlich
übertönte das Heulen und Krachen alles andere.
Das Flugzeug durchstieß graue Wolkenfetzen. Kräftiger
fauchten die Triebwerke. In einer Linkskurve ging Drunen ein
wenig auf Höhe. Berge waren in unmittelbarer Nähe nicht
auszumachen, aber er wollte jedes Risiko vermeiden. Die Temperatur in Catlins Sarg war um zwei Grad gestiegen.
Die Tatsache bestimmte, ungenau noch, den Zeitpunkt seiner
Landung. In zwei, drei Stunden, schätzte er, mußte unter allen
Umständen die Revitalisierung eingeleitet werden. Er rief
Vanderboldt, erhielt aber keine Antwort. Der helle Punkt auf
dem Ortungsschirm zog ungestört seine Bahn. Inzwischen
trennten sie mehrere hundert Kilometer, und noch immer
schwenkte Monteverdi in weitem Bogen nach Südost. Was
mochte ihn dazu veranlassen? Das Zentrum des Wirbelsturms
mußte er doch längst hinter sich gelassen haben.
Drunen ging auf Kurs Ost und wollte auf Süd drehen. Doch
da war wieder das Schlechtwettergebiet. Der Tornado mußte
die Richtung geändert haben. Er fühlte sich dem Zwang der
ungewissen Zukunft ausgeliefert, den Aufgaben, die vor ihnen
standen. Die künstliche Stabilisierung des Gleiters würde
Unmengen an Energie verbrauchen. Ohnehin sah es nicht so
aus, als benötigten Monteverdi und Vanderboldt Hilfe. Im
Notfall blieb ihnen die Möglichkeit des
Schwerkraftstabilisators. Er flog weiter Kurs Ost mit der
Gewißheit, nichts für sie tun zu können.
Der Ortungsreflex des anderen Gleiters befand sich nun
knapp am Rand des Meßbereichs. Plötzlich stockte seine
Bewegung. Dann wurde er wieder schneller, stoppte wiederum,
als liefe er gegen ein Hindernis. Verzweifelt bemühte sich
Drunen, die Verbindung herzustellen. Einen Moment war der
reglose Fleck auf dem Schirm noch zu sehen, schließlich erlosch er zögernd. Waren sie gelandet und nun durch Berge
abgeschirmt?
Sie befanden sich auf der Nachtseite. Ohne Zweifel erlaubten
die Geräte auch ohne Sicht eine Landung. Aber selbst der
erfahrenste Pilot würde sich ohne zwingende Gründe auf einem
unbekannten Planeten nicht darauf einlassen. Irgend etwas
hatte Monteverdi gezwungen. Noch immer mühte er sich, den
Kontakt wieder herzustellen. Der Gedanke, allein zu sein,
überrollte ihn mit Schauern. Er warf dem Behälter, der die Frau
schützend umschloß, einen Blick zu, als wäre sie daran schuld.
Die Vorstellung, mit ihr allein zu sein, erheiterte ihn nicht
sonderlich. Er verspürte nicht die geringste Lust darauf, Adam
und Eva zu spielen. Überdies erblickte er unter sich weniger
die blühenden Farben eines Garten Eden als die Düsternis der
Hölle. Van, Monte, es darf nicht sein, daß ihr gegen einen Berg
gerast seid, in einen Vulkanausbruch geraten oder was immer.
Ihr dürft nicht zerschmettert, tot irgendwo liegen. Ihr lebt,
meldet euch doch, ihr lebt!
Er übergab an den Autopiloten. Dann erhob er sich, zwängte
sich in den Laderaum. Seine Hände fuhren über die Teile der
Anlage. Dieses oder jenes nahm er hoch, prüfte es aufmerksam
mit den Augen. Die Temperatur war um einige Grade
gestiegen. Es blieb verdammt wenig Zeit. Wenn ihm
wenigstens Vanderboldts Rat zur Seite stünde. Mit Sicherheit
war ihm eins klar, die kritische Grenze lag nur noch um wenige
Grade entfernt. War sie erreicht, begann der Automat die
Wiederbelebung. Er verfluchte die Konstrukteure, die nicht an
eine solche Situation gedacht hatten: Die Kältefächer verfügten
nicht über autonome Kühleinrichtungen. Das Risiko, in der
Luft zu beginnen, war nicht zu ermessen. Allein die
Erschütterungen… Er bezwang die Versuchung, den Deckel zu
lüften, ihr Gesicht zu betrachten… Wieder an seinem Platz
übernahm er die Steuerung. Das Schlechtwettergebiet lag nun weit hinter, ihm. In einer engen Kurve ging er auf Südkurs. Die letzte Position der Verschollenen war auf dem Bildschirm markiert. Er hoffte, sobald er sich innerhalb der Reichweite befinden würde, die Verbindung wieder herstellen zu können. Im Augenblick trennten sie mindestens noch fünftausend
Kilometer.
So weit er auch nach Süden vorstieß, seine Rufe erhielten
keine Antwort. Die Temperatur in Catlins Behälter stieg. Jede größere Verzögerung wurde zum unverantwortlichen
Spiel mit ihrem Leben. Was sollte er tun? Gleichwie, er mußte
es wagen. Er mußte einen Landeplatz finden und die
Revitalisierung ohne Vanderboldt einleiten.
Der Gleiter erreichte die Küste eines

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