Stoff für viele Leichen
methodisch nachgesehen.
Werde versuchen, Faroux auszuquetschen. Ach ja, Faroux... der Gute wartet schon
‘ne Ewigkeit im Büro. Ich sollte ihn nicht auf die Palme bringen, wenn ich ihn
um einen Gefallen bitten will.“
Aus der Rue du Croissant strömte eine Schar
schreiender Zeitungsverkäufer, unterm Arm die ersten Abendausgaben, die sie in
alle Himmelsrichtungen brachten. Einer kam ins Café; ich kaufte ihm den Crépuscule ab.
Fettgedruckt auf der Titelseite war von
Lemeunier die Rede. ,Eine Art Journalist’, hieß es in dem Artikel. Es war nicht
bekannt, ob Diebstahl, Rache oder Rivalität das Motiv für das Verbrechen war.
In der Gegend seiner Wohnung war keine verdächtige Person gesehen worden. Um so
besser für mich.
Ich gab Reboul letzte Anweisungen. Wir
verabschiedeten uns, und ich ging in die Agentur zurück.
Schmutzige Wäsche
„Auch schon da?“ rief Florimond Faroux, als er
mich sah. Er saß neben Hélène, einen großen gelben Umschlag auf den Knien.
Ungeduldig kaute er auf seinem Schnurrbart. Ich übersah ihn und wandte mich an
meine Sekretärin:
„Hat er Ihnen einen guten Tag gewünscht, mein
Schatz?“ Ich gab ihr durch ein Augenzwinkern zu verstehen, daß Reboul mir
Bescheid gegeben hatte.
„Aber ja, Chef“, lächelte sie.
„Das gilt dann sicher für alle und für den
ganzen Tag.“
„Spielen Sie nicht den Clown“, brummte Faroux.
„Guten Tag, wenn Sie soviel Wert darauf legen.“
„Salut, alter Freund. Haben Sie auf mich
gewartet?“
„Sieht so aus.“
„Verdammt nochmal! Haben Sie sonst nichts zu tun
in der Tour Pointue?“
„O doch, im Gegenteil, jede Menge. Sagen Sie
mal, Burma, dieser Dolivet...“
„Dolivet?“
„Der ehemalige Kollege, von dem Sie am Telefon
gesprochen haben...“
„Ach ja! Sprechen wir nicht mehr darüber, mein
Lieber.“ Ich setzte mich und stopfte mir eine Pfeife.
„Warum?“
„Darum. Ich dachte, es wär einer von Ihren
Männern gewesen. War’s aber nicht. Ich dachte, Sie wollten mir einen Streich
spielen. Wollten Sie aber nicht. Damit ist der Fall für mich erledigt.“
Ich gähnte. Beinahe hätte er mir’s nachgemacht,
konnte sich aber noch so eben bremsen.
„Erzählen Sie mir doch noch einmal, wie das
war“, schlug er in aller Gemütlichkeit vor.
Ich warf ihm einen schrägen Blick zu:
„Irgendwas nicht in Ordnung?“
„Erzählen Sie erst mal.“
Ich tat es.
„Gut“, sagte er. „Wann war das?“
„Ach, wissen Sie... es war dunkel.“
„Und Sie waren blau?“
„Ziemlich, ja.“
„Und der Kerl auch?“
„Ja, bestimmt.“
Er seufzte:
„Ist vielleicht gar nicht mein Mann.“
„Hätten Sie früher dran denken können“, lachte
ich wie ein Steuerzahler, dessen letzte Pfennige verschleudert werden.
Faroux zuckte nur die Achseln. Er kramte in
seinem Umschlag, den er wie das Allerheiligste behandelte. Endlich zog er ein
Foto raus und reichte es mir. Ich sah das Gesicht eines Mannes, auf das Rebouls
Beschreibung paßte, nur vielleicht etwas jünger.
„Das ist Dolivet“, sagte Faroux.
Ich schwieg.
„Nun?“
Ich fragte: „Haben Sie kein neueres?“
Er kicherte:
„O doch! Ganz frisch. Es wurde vor ein paar
Stunden gemacht.“ Er holte aus seinem kostbaren Umschlag zwei weitere Fotos,
großformatig, glänzend, ganz frisch, so frisch, daß sie sich von alleine
zusammenrollten. Auf dem einen sah man den Mann vom Kopf bis zu den Füßen, auf
denen er aber nicht stand. Auf dem zweiten war nur sein Gesicht zu sehen. Das,
was man bei Kunstdrucken einen Ausschnitt nennt. Aber Kunst...na ja. Der Mann
hatte vielleicht ein Gesicht!
Hélène war aufgestanden, um auch was zu sehen.
Sie stieß einen leisen Schrei aus.
„Scheiße!“ zischte ich.
„Ja“, stimmte Faroux mir zuckersüß zu. „Das hat
der bestimmt auch gesagt. Er hatte überhaupt keine Manieren.“
Zwischen dem Mann, der von allen Seiten
fotografiert worden war, und einem leckeren Hammelragout gab es nur einen
feinen Unterschied: Hammelragout wird heiß serviert.
* * *
Der Kommissar sammelte seine Bildchen wieder
ein.
„Ist er’s, oder ist er’s nicht?“ fragte er.
Ich wechselte einen flüchtigen Blick mit Hélène.
„Er ist’s. Also wirklich! Und Sie wollten ein
Wörtchen mit ihm reden! Was ist passiert?“
„Zwei Kugeln aus einer 22er mit langem Lauf
mitten ins Gesicht.“
Ich biß die Zähne zusammen. Zum Glück erholte
ich mich schnell wieder. Spezialität des Hauses. Ich fing an zu lachen, fischte
meine Kanone aus der
Weitere Kostenlose Bücher