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Stoff für viele Leichen

Stoff für viele Leichen

Titel: Stoff für viele Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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,Lassen Sie sich nicht verleugnen, wenn jemand
von der Rumeur darum
bittet, empfangen zu werden. La
Rumeur, das Gerüchtekarussell’. Das ist Pariser Geschichte...“
    Seine Augenlider flatterten noch etwas
schneller, aber das wollte nichts heißen. Das taten sie immer.
    „Ich kümmere mich nicht um die Geschichte von
Paris“, unterbrach er mich. „Zur Sache, bitte.“
    „Ich möchte Ihnen meine Dienste anbieten,
Monsieur.“
    „Dann können Sie gleich wieder gehen. Ich stelle
niemand ein. Ich bin groß genug, um mich selbst gegen Moreno zu verteidigen.
Außerdem bin ich nicht so dumm, dafür jemand zu engagieren, der sein Freund
ist... oder sein Komplize. Ich bin es auch nicht gewohnt, mein Geld zum Fenster
rauszuwerfen.“
    „Es geht nicht um Moreno. Und ich biete Ihnen
meine Dienste gratis an.“
    „Donnerwetter! Das hab ich ja noch nie erlebt!“
    „Aber jetzt, bei mir.“
    Er spielte mit seinem Füllfederhalter.
    „Ich mißtraue Gratisangeboten. Sie kommen einen
manchmal äußerst teuer zu stehen.“
    „Klar, man muß bezahlen. Aber nicht ich.“
    „Wer dann?“
    „Weiß ich nicht.“
    „Hören Sie, Monsieur..
    Er sprach mit gespielter Sicherheit, betont
unbekümmert, mit erhobener Stimme, um sich selbst Mut zu machen.
    „...falls Ihr rätselhaftes Benehmen ein Trick
sein soll, um sich hier einzuschleichen und mir das Geld aus der Tasche zu
ziehen: dieser Trick zieht nicht.“
    Er knallte den Füller auf den Tisch, daß er fast
kaputtging. Ich klopfte auf den Busch.
    „Ich dachte, Sie könnten einen Detektiv
gebrauchen.“
    Er runzelte die Stirn.
    „Haben Sie das von Esther?“
    „Mit Mademoiselle Esther habe ich nur von der
Vergangenheit gesprochen.“
    „Eben... Sie verkörpern eine Vergangenheit, die
ich nicht Wiederaufleben lassen möchte... Nein, Monsieur, ich brauche keinen
Detektiv... und selbst wenn, Sie würde ich nicht engagieren.“
    „Schade! Ich bin nämlich so viel wert wie alle
Jolivets zusammen.“
    „Jolivets?“
    Der Name war ihm offensichtlich unbekannt. Wer
Ohren hat, um zu hören, der hört das am Tonfall. Was Lévyberg auch behauptete,
er hatte einen Privatdetektiv auf den Fall angesetzt. Und der entlassene Flic
gehörte zu dessen Mitarbeitern.
    Kein Wunder, daß er seinen Namen nicht kannte.
    „Jolivet oder Dolivet“, sagte ich.
    Er lächelte schwach.
    „Nicht mal ein gutes Namensgedächtnis, hm?
Bestimmt noch so ein Trick.“
    Ich sagte nichts, sah ihn nur an. Und nachdem
ich ihn ‘ne Weile angesehen hatte, hielt ich auch weiterhin die Klappe. Ich
vergeudete hier meine besten Jahre. Hätte es wissen müssen. Schwach, Nestor.
Ich war ein Freund von Moreno. Lévyberg starb fast vor Angst. Aber ich hätte
ihm sonstwas erzählen können, er würde mich nicht engagieren. Außerdem hatte er
schon einen Kollegen an der Hand. Unter diesen Umständen brauchte ich die
Karten gar nicht offen auf den Tisch zu legen.
    In Erinnerung an Alice hatte ich mit dem
Gedanken gespielt, als Puffer zwischen Esther und den Kerlen zu dienen, die
Lévyberg die Beweise für den Verrat seiner Schwester während der Okkupation
verhökern wollten. Ich mußte zwar diesen Plan nicht unbedingt aufgeben. Aber
ich konnte auf keinen Fall mit René Lévyberg rechnen, um Licht in das Dunkel zu
bringen, so schwach es auch sei. Ich mußte alleine zurechtkommen. Und schnell
mußte ich sein. Die Erfolgschancen waren so mager wie Bonfils und Lévyberg, als
sie aus dem Konzentrationslager gekommen waren.
    Ich stand auf.
    „Entschuldigen Sie“, sagte ich.
    Ich sprach langsam und zögerte beim Hinausgehen,
falls er seine Meinung doch noch ändern würde.
    Er änderte seine Meinung nicht. Keine Geste, die
mich zurückhalten sollte. Er machte sich nicht mal die Mühe, mich zur Tür zu
bringen, nur eine überflüssige Bewegung mit dem Kinn. Wie Mussolini; eine in
Stein gehauene Männlichkeit. Ich mußte mich alleine zurechtfinden.
    Draußen auf der Straße stieß ich mit Reboul
zusammen.
    „Was ist los?“ fragte ich, überrascht, ihn hier
zu treffen.
    „Genau das wollte ich Sie auch fragen“,
antwortete der Einarmige. „Hélène hat mir gesagt, ich solle Sie abpassen. Faroux
hängt an der Strippe. Will Sie sprechen. Ist jetzt wohl schon im Büro.“
    Ich runzelte die Stirn:
    „Hm... Ich hätte ihm nichts über Ihren Flic von
heute nacht erzählen dürfen. Diese Bande will immer mehr wissen als man selbst.
Trotzdem komisch, daß Faroux so schnell reagiert. Haben Sie ‘ne Idee,

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