Stoff für viele Leichen
Tasche und hielt sie Faroux unter die Nase:
„Ich war’s nicht.“
Er schob die Waffe zur Seite.
„Halten Sie die Luft an. Erstens beweist das gar
nichts. Und zweitens verdächtigt Sie niemand... Wir haben den Mörder schon.“
„Sie sind aber schnell“, bemerkte Hélène.
„Er hat bei sich zu Hause auf uns gewartet.“
„Ach ja?“ sagte ich.
„Lemeunier, der Erpresser.“
Ich holte den Crépu raus:
„Aber...aber der ist doch auch tot!“
„Sie haben sich sozusagen gegenseitig
umgebracht.“
„Hm... und... und was hab ich damit zu tun?“
„Nichts. Hoffe ich wenigstens. Aber mir kam es
komisch vor, daß Sie in der Mordnacht mit Dolivet Streit hatten...“
„Streit ist etwas übertrieben.“
„Na ja, er ist Ihnen auf den Wecker gefallen.“
„Ein ehemaliger Flic, klar.“
„Und er war blau?“
„Machte den Eindruck.“
„Der Arzt sagt, er hatte nichts getrunken... War
er alleine?“
Ich gähnte, so als quälte mich ein Kater:
„Ich hab ihn doppelt gesehen.“
„Keine weiteren Beobachtungen?“
„Hab keine gemacht... Sagen Sie mal...“
Ich klopfte auf die Ausgabe des Crépu:
„...Lemeunier... Von ihm ist die Rede, aber über
Dolivet steht nichts drin...“
Faroux seufzte:
„Ein dreckiger Hurensohn, war aber mal in unserm
Laden. Deswegen sind wir vorsichtig. Man hat seine Leiche vor der von Lemeunier
gefunden. Als Sie mich angerufen haben, wußte ich noch nichts davon. Die
Kollegen haben den Braten gerochen und vorsichtshalber den Mund gehalten...“
„Die haben sich also gegenseitig umgebracht?
Nicht Ihre Kollegen...ich meine Dolivet und Lemeunier.“
„Scheint so. Die Kugeln in Dolivets Körper
stammen aus Lemeuniers Waffe und umgekehrt.“
„Na, was wollen Sie mehr? Die Gerechtigkeit hat
gesiegt, wie man so sagt.“
„Dummes Zeug. Wahrscheinlich hat sich das
folgendermaßen abgespielt: Dolivet und Lemeunier kannten sich. Keine Spuren
eines Einbruchs in der Rue Feydeau. Lemeunier beschäftigte alle möglichen
Leute. Dolivet besaß alle nötigen Eigenschaften, um mit einem Erpresser
zusammenzuarbeiten. Ein ehemaliger Flic weiß ‘ne Menge. Gestern gab’s Streit.
Vielleicht verlangte Dolivet Geld. Lemeunier war geizig. Schußwechsel.
Lemeunier blieb auf der Strecke. Dolivet schleppte sich zum Square Louvois, wo
er heimlich, still und leise krepierte, in einem Haus, das gerade renoviert
wird. Die Maurer haben ihn heute morgen auf der Baustelle gefunden. Sie sehen,
er ist nicht sehr weit gekommen. Vielleicht mußte er sich vor einem besoffenen
Radfahrer dort verstecken, und dann konnte er nicht mehr weiter. Außer Ausweis
und Revolver hatte er zehntausend Francs bei sich. Sicher bei Lemeunier
geklaut.“
„Klingt einleuchtend.“
„Klar und einleuchtend. Nur..
Er schlug sich mit der rechten Faust in die
linke Handfläche.
„...Kann sein, daß ich dummes Zeug rede. Dolivet
war ein Freund von Péronnet. Na ja... Herrgott nochmal! Normalerweise führe ich
meine Untersuchungen, ohne herumzuspinnen. Aber sobald Péronnet auftaucht,
fange ich an, dummes Zeug zu reden...“
Ich lächelte:
„Péronnet und Nestor Burma.“
„Was?“
„Also, ich weiß nicht, aber... Dolivet will mit
mir in einem Bistro Streit anfangen, dann stirbt er ganz in der Nähe meiner
Agentur, vielleicht betätigte er sich als Privatdetektiv...“ Faroux wurde rot.
„Sie unterstellen mir da seltsame
Hintergedanken, Burma.“
„Was anderes fällt mir nicht ein. Also,
arbeitete er nun als Privater oder nicht?“
„Weiß ich nicht. Meine Leute prüfen das nach.
Man darf nichts außer acht lassen.“
„Auch nicht Nestors krumme Touren. Eins kann ich
Ihnen jedenfalls versichern, Faroux: für mich hat er nicht gearbeitet. „
„Ich sage es noch mal: Sie unterstellen mir
Hintergedanken, die ich nicht habe.“
„Dann geben Sie mir diese Hintergedanken wieder
zurück, ohne Hintergedanken. Dann sind wir quitt.“
„Gerne... Der macht mich noch wahnsinnig, dieser
Péronnet. Es gelingt mir nicht, ihn zu verhaften. Ich werd so langsam zum
Gespött. Verstehen Sie, Dolivet hat bei seinem Ausbruch nachgeholfen. Dolivet
war einer seiner Freunde. Es ist nicht Péronnets Art, seine Freunde im Stich zu
lassen. Wenn Dolivet Geld gebraucht hätte, hätte er’s ihm gegeben. Dolivet
mußte nicht bei Lemeunier einbrechen..
„Gestatten Sie mir die Bemerkung, Florimond,
aber da reden Sie wieder Unsinn. Freundschaften dauern nicht ewig. Jedenfalls
nicht solche. Dolivet und Péronnet hatten
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