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Stollengefuester

Stollengefuester

Titel: Stollengefuester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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wieder ab. Ihr Blick blieb irgendwo im Raum hängen.
    »Der Professor hatte nie Angst«, warf Leo Feuerstein ein. »Was erzählst du da?«
    Couperus wandte sich sehr freundlich an Sylvia Feuerstein-Friedli. »Denken Sie, dass er Angst hatte? Ist es das, was Sie uns sagen wollten?«
    Ihre Augen gingen zuerst zu ihrem Mann.
    »Mir fiel vorgestern auf, dass er nach einem Telefongespräch sehr bedrückt wirkte und etwas verwirrt. Er sprach sonst über alles mit uns. Er kannte keine Barrieren. Er erzählte viel. Aber ich hatte das Gefühl, dass es nichts mit der Ausstellung zu tun hatte. Er hätte es mir gesagt.«
    »Ja, was die Ausstellung betraf, so hat er immer alles haarklein mit uns besprochen«, bestätigte Leo Feuerstein.
    »Gibt es irgendjemand in seinem Umfeld, der ihn …«, Couperus überlegte kurz, »der ihn, sagen wir mal, nicht mochte?«, fragte er weiter.
    »Woher sollen wir das wissen? Der Professor war weltberühmt und er kannte viele Menschen«, erwiderte Leo Feuerstein desinteressiert.
    Sein Unterton machte klar, dass sich die Polizei mit dieser Sache zu beschäftigen hatte. »Wir arbeiten wissenschaftlich, wir beschäftigen uns ausschließlich mit Fragen, die die Kunst betreffen.«
    »Leo hat natürlich recht«, wandte Sylvia ein. »Aber ich hätte da …«
    »Eine zweite Fußnote vielleicht?«, flüsterte Nino Zoppa.
    Leo Feuerstein schnaubte wütend.
    Es war nicht klar, über wen er sich ärgerte, über seine Frau oder über diesen jungen Polizisten mit der Fasnachtsbrille, dem er bisher keine Beachtung geschenkt hatte.
    Doch die Assistentin fand die Bemerkung von Nino lustig. »Ja, sozusagen eine zweite Fußnote«, sagte sie mit einem zaghaften Lächeln in seine Richtung. »Der Professor kennt, entschuldigen Sie, kannte sehr viele Menschen. Aber er verbrachte praktisch seine ganze Zeit an der Arbeit. Ich weiß nicht, ob er eine Familie hatte. Er sprach nie von einer Frau. Sein Leben bestand aus Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit. Er war unermüdlich. Seine Assistenten waren seine Kinder, er hatte so viele Assistenten in seinem Leben, und Assistentinnen natürlich …«, sie brach ab.
    »Mit Kindern hat man öfters mal Probleme, besonders, wenn es so viele sind«, fuhr Nore Brand weiter.
    »Oh ja«, seufzte Sylvia Feuerstein-Friedli.
    »Hatte der Professor einen Problemfall in seiner wissenschaftlichen Familie?«, hakte Couperus rasch nach.
    »Nicht, dass ich wüsste, sicher nichts Besonderes«, warf Leo Feuerstein ein.
    »Es muss nichts Besonderes sein, wir sind bescheiden. Was meinen Sie genau?«
    Couperus drehte sich zu Sylvia Feuerstein-Friedli. »Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie die Fußnote noch etwas ausführen würden.«
    Sie senkte den Kopf. »Ich weiß nicht«, sagte sie verwirrt. »Ich muss etwas darüber nachdenken.«
     
    Fünf Minuten später saßen sie im Café des Museums.
    Commissaris Couperus rührte in seiner Tasse.
    »Ich war wohl etwas zu heftig für die Frau Oberassistentin. So ein zartbesaitetes Geschöpf, dass es das noch gibt! Sie hätte bestimmt weitergeredet, wenn ich etwas feinfühliger auf sie reagiert hätte.«
    Nore Brand nickte. Sie dachte leider genau das gleiche.
    Über Couperus’ Gesicht zog sich ein breites Grinsen. »Wie sagt man bei euch? Scheiße, oder?«
    Nino Zoppa grinste zurück. »Mindestens! Diese Wühlmäuse sind doch für nichts zu gebrauchen!«
    »Wühlmäuse?«, lachte Couperus. »Bitte um ein bisschen Respekt vor der Intelligenzia, mein Junge, aber keine Bange, wir bekommen unsere Chance noch. Ihr fahrt heute zurück?«
    »Ja. Unbedingt.«
    Bastian Bärfuss hatte angerufen, und was er ihr mitzuteilen gehabt hatte, war so erstaunlich, dass sie vergaß, sofort und gründlich darüber nachzudenken, wie er in den Besitz ihrer Handynummer gekommen war.
     
    Couperus warf einen Blick auf seine Uhr.
    »Es reicht noch für eine kleine Grachten-Rundfahrt. Ihr könnt mir sicher noch ein paar Dinge erzählen.«
    »Gerne«, sagte Nore Brand. »Und du uns.«
    »Ganz bestimmt, und dazu spielen wir ein bisschen Brunetti. Außerdem kann ich auf dem Boot besser denken.«
    Er lachte und dabei schoben sich seine runden Wangen weit nach hinten.
    »Brunetti spielen«, fragte Nino, »was ist das?«
    Couperus riss seine Augen auf. »Commissario Brunetti? Der venezianische Mister Perfect? Du hast noch nie von ihm gehört? Der ist doch sehr bekannt, aber du bist wohl zu jung dafür. Meine Frau schwärmt von ihm. Er ist toll, sagt sie, der perfekte Liebhaber, der perfekte

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