Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
es ihr, an etwas anderes zu denken. Sie versuchte sich vorzustellen, wie andere Männer sie küssten, aber sein Gesicht war das Einzige, das vor ihrem Auge auftauchte.
Was sie letztlich daran hinderte, völlig den Verstand zu verlieren, war das Wissen, dass ihr Unbehagen bald ein Ende haben würde. Am nächsten Tag würden die Spiele vorbei sein. Jamie Campbell würde mit dem Rest der Gäste abreisen, und ihr Leben würde wieder in die gewohnten Bahnen zurückkehren.
Aber für wie lange? Ihr Vater hatte beschlossen, dass sie heiraten musste.
Entschlossen kämpfte sie den Anflug von Panik nieder, denn daran wollte sie jetzt nicht denken. Sobald alle fort waren, würde sie schon einen Weg finden, ihn zu überreden.
Caitrina saß auf einem Felsen im Schatten einer alten Birke am Waldrand. Drüben auf dem Heidefeld fing gerade der letzte Wettkampf an – das Bogenschießen.
Sie versteifte sich, als sie seine Anwesenheit spürte, noch bevor die spottenden Worte über seine Lippen kamen.
»Habe ich Euch gefehlt, Prinzessin?«
Sie hasste es, wenn er sie so nannte, aber nach dem ersten
Mal weigerte sie sich, ihn wissen zu lassen, wie sehr es sie störte.
»Wie ein Kropf«, antwortete sie zuckersüß.
Er lachte leise. »Stures Mädchen. Aber so gerne ich auch hier sitzen und mit Euch streiten würde, Ihr müsst mich leider entschuldigen, meine Süße.« Er bedachte sie mit einem amüsierten Blick und wies mit einem Kopfnicken auf den Wettkampfplatz. »Ich habe einen Wettkampf zu gewinnen.«
Sie bemerkte den Bogen, den er über der muskulösen Schulter trug, und ein Schauer der Beunruhigung durchlief sie. »Aber Ihr habt an keinem der anderen Spiele teilgenommen. Bei solch einer ungewöhnlichen Vorliebe für das Jagen hätte ich eigentlich gedacht, Ihr wärt wieder einmal ausgeritten.«
»Habt Ihr etwa ein Auge auf mich, Caitrina? Ich fühle mich geschmeichelt. Aber ich konnte dem Preis nicht widerstehen, den es bei diesem Wettkampf zu gewinnen gibt.«
Ihre Wangen glühten. Sie hasste es, dass sie nie wusste, ob er scherzte oder es ernst meinte. »Ihr wisst sehr wohl, dass das nicht für Eure Ohren bestimmt war. Selbst wenn Ihr Rory MacLeod übertreffen könntet – was Ihr nicht könnt –, würde das keinen Unterschied machen. Mein Angebot schloss Euch nicht mit ein. Außerdem habe ich Euch bereits gesagt, dass ich nicht interessiert bin.«
Er bedachte sie mit einem langen, dunklen Blick, der Schmetterlinge in ihrem Bauch tanzen ließ.
»Ich weiß, was Ihr mir gesagt habt, aber Eure Augen sprechen eine andere Sprache.«
Aufgebracht wandte sie sich heftig von ihm ab. »Ihr seid blind und eingebildet.«
»Vorsichtig, Mädchen. Ihr verrenkt Euch sonst noch den Hals, wenn Ihr Euer Haar so herumschleudert.« Er wand eine lange Locke wie ein Seidenband um den Finger und ließ sie dann wieder losschnellen. »Auch wenn es bezaubernd
ist.« Lachend über den empörten Ausdruck auf ihrem Gesicht verbeugte er sich. »Ich komme bald zurück, um meinen Preis entgegenzunehmen.«
Er trieb sie zur Weißglut, dennoch folgte sie ihm mit den Blicken, als er zu den anderen Männern hinüberging, wie gebannt vom Spiel der Muskeln bei seinen langen, kraftvollen Schritten. Erschrocken wandte sie heftig den Kopf ab.
Er irrt sich. Er bedeutet mir nichts. Es lag nur daran, dass er etwas gewagt hatte, was noch kein Mann zuvor gewagt hatte. Sie war unerfahren in intimen Beziehungen zu Männern (was das betraf, hatte er recht). Es war ihr erster Kuss gewesen. Aber Caitrina beabsichtigte, das zu ändern. Und zwar bald. Vielleicht hatte sie Torquil MacNeil zu voreilig abgewiesen. Er war jung und prahlerisch, aber allem Anschein nach geeignet. Und zweifellos anziehender als manche der anderen Männer, die ihr vorgestellt wurden.
Sie ließ den Blick über die aufgereihten Wettbewerbsteilnehmer streifen. Etwa zwanzig Männer waren angetreten. In ungefähr fünfzig Schritt Entfernung waren mit Stroh und Gras gefüllte Säcke aufgestellt worden, und auf jeden Sack waren mit weißer Farbe konzentrische Kreise gemalt worden. Nach jedem Durchgang wurden die Ziele weitere zehn Schritte nach hinten versetzt.
Caitrina erinnerte sich wieder an ihre Pflichten als Gastgeberin, verließ den einsamen Platz auf dem Felsen und gesellte sich zu einer Gruppe von Frauen, die sich den Wettbewerb ansehen wollten. Mit jeder Runde, die verstrich, hämmerte ihr das Herz wilder in der Brust. Jamie Campbell behauptete sich gut. Und überraschenderweise MacNeil
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