Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
gegenüber ihrem Clan gezeigt hatte. Sie war es, die Trost spendete, obwohl sie mehr als alle anderen verloren hatte.
Sein Verlangen nach ihr hatte nichts mit Besitz zu tun, sondern einzig und allein mit dem Gefühl, das sie ihm gab – sie hatte einen Teil von ihm berührt, von dem er nicht einmal gewusst hatte, dass er existierte. Gefühl. Emotion. Empfindung. All diese Dinge waren ihm fremd gewesen, bis er Caitrina getroffen hatte.
Ihm war nie aufgefallen, wie allein er gewesen war.
Schon beim allerersten Mal, als sie sich liebten, wusste er, dass sie anders war. Er hatte viele Frauen begehrt, doch keine von ihnen hatte ihn dazu gebracht, sie für immer in den Armen halten zu wollen. Nie hatten Leidenschaft und Gefühl sich miteinander verflochten. Als er in ihr den Höhepunkt erreichte, fühlte er nicht nur körperliche Erfüllung, sondern eine Erfüllung, die jeden Teil seiner Seele berührte.
Zumindest war es für ihn so gewesen.
Ihre Behauptung, dass es nur Pflicht war, die sie zu ihm kommen ließ, schmerzte immer noch.
Pflicht. Wie konnte ein einziges Wort einen so mächtigen Schlag versetzen?
Die Ironie daran war natürlich, dass Pflicht für ihn das oberste Prinzip war. Pflicht gegenüber seinem Chief, seinem Clan, seiner Familie. Seiner Frau.
Nie hätte er erwartet, dass dieses Prinzip einmal mit so verheerender Wirkung gegen ihn verwendet werden würde.
Er wollte nicht ihre Pflicht, er wollte ihre Liebe und ihr Verlangen. Er wollte sie aus eigenen freien Stücken – weil sie es wollte, nicht weil sie es musste.
Vor ein paar Tagen war er wütend auf sie gewesen, ungeduldig, weil sie ihn nicht so sah, wie er war. Doch sie brauchte Zeit. Nachdem sie so viel verloren hatte, würde sie natürlich Angst davor haben, wieder zu lieben.
Er hatte sich geschworen, so lange zu warten, bis sie zu ihm kam, aber mit jedem Tag, der verstrich, wurde seine Laune immer angespannter – bis er jeden Augenblick explodieren konnte. Er fühlte sich wie ein Bär, den man mitten im Winter aus dem Schlaf gerissen hatte. Hungrig.
Er kam näher, doch sie hatten ihn noch nicht bemerkt.
Seamus antwortete ihr mit gesenkter Stimme. »Ein Kind ist n …« Mitten im Satz brach er ab, als er Jamies Anwesenheit bemerkte, und drehte sich zu ihm um.
Jamie hob eine Augenbraue. »Lasst Euch von mir nicht unterbrechen. Ihr sagtet gerade?«
Seamus lächelte. »Ich meinte gerade, dass wir uns alle auf den Tag freuen, an dem wieder ein Lamont über Ascog herrscht.«
Das war nicht im Geringsten, was er hatte sagen wollen, aber Jamie war bereits auf der Hut, was den verbitterten Wachmann des Lamont betraf. »Ein Tag, der noch lange auf sich warten lassen wird«, konterte Jamie. »Und der vielleicht niemals kommen wird, wenn wir dieses Dach nicht fertigstellen.«
Seamus verstand den Hinweis. »Aye , Mylord«, antwortete er und kletterte wieder die Leiter hoch, um die Männer zu beaufsichtigen, die das Holz den Turm hochtransportierten.
Jamie entging die subtile Anspielung nicht – das englische ›Mylord‹ statt des schottischen ›Mylaird‹ –, und Caitrina ebenso wenig. Sie sah ihn an, als wolle sie etwas sagen, aber Jamie nahm sie beim Arm. »Nicht. Ich kann schon mit ihm umgehen.«
»Aber …«
»Das ist es doch, was er will. Seine Sticheleien verärgern mich nicht. Ich bin ebenso sehr ein Highlander wie er, obwohl er es vorzieht, so zu tun, als wäre es nicht so.«
Die jungen Dienstmägde hatten sich schnell aus dem Staub gemacht, allerdings nicht ohne ihn erst noch anzusehen, als wäre er der leibhaftige Teufel.
Ihre Angst schien Caitrina zu verärgern.
»Macht es dir denn nichts aus?«, fragte sie.
Er zuckte die Schultern.
»Es muss dir doch etwas ausmachen.«
Resigniert seufzte er, denn er hatte in dieser Woche bereits etwas über die Hartnäckigkeit seiner Frau gelernt. Sie würde nicht Ruhe geben, bis er ihr antwortete. »Ich habe schon vor langer Zeit aufgehört, die Meinung der Leute ändern zu
wollen. Sie glauben, was sie glauben wollen. Ob ich ein Held oder ein Schurke bin, hängt davon ab, auf welcher Seite man steht.«
Sie zog die Nase kraus. Eine kleine, gar nicht mal so schiefe Nase, die im Augenblick mit Ruß beschmiert war. »So habe ich noch gar nicht darüber nachgedacht.«
»Nicht jeder verachtet mich, Caitrina. Ich habe auch meine Bewunderer«, meinte er trocken.
Ihre Augen verengten sich. »Bewunderer welcher Art?« Er zuckte unbestimmt die Schultern. »Weiblicher Art
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