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Stolz und Verlangen

Stolz und Verlangen

Titel: Stolz und Verlangen
Autoren: Sylvia Day
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zu können, ohne sich ganz damit zu übergießen.
    Das war kein poetischer Gedanke und eindeutig ein unschicklicher, doch sie wollte sich nichts vormachen. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen. Seine bloße Gegenwart führte dazu, dass sie sich ihrer eigenen Weiblichkeit extrem bewusst war.
    »Warum sind Sie hier?«, fragte sie, worauf er sich ihr wieder zuwandte.
    Er zögerte einen langen Moment, ehe er sagte: »Der Tod Ihres Vaters. Kam das für Sie überraschend?«
    »Ja.« Eliza verschränkte die Hände im Schoß.
    Jasper sah sie über die Schulter hinweg an. »Ihre Antwort kam zu schnell. Wenn ich Erfolg haben soll, müssen Sie mir gegenüber absolut aufrichtig sein.«
    Die Art, wie er sie anstarrte, gab ihr zu denken.
    »Nun gut«, erklärte sie. »Ich war überrascht und gleichzeitig nicht überrascht. Es ging ihm nicht gut, aber ich glaube, das war seelisch und nicht körperlich bedingt.«
    »Wie meinen Sie das? Hat er den Verstand verloren?«
    »Er war nicht wahnsinnig. Obwohl ich manchmal den Eindruck hatte, meine Mutter sei entschlossen, ihn in den Wahnsinn zu treiben.«
    Eindringlich sah er sie an. »Erklären Sie das genauer.«
    »Er war unglücklich, was zu seinem maßlosen Gebrauch von starken Spirituosen beitrug, doch mir war nicht klar, wie schlimm es um ihn stand, bis es zu spät war. Warum fragen Sie?«
    »Sie haben beide Eltern sehr früh verloren. Ich muss sicher sein, dass deren Schicksal nicht auf irgendeine Weise mit Ihrer gegenwärtigen Situation verknüpft ist. Sind Sie der festen Überzeugung, dass Ihr Vater eines natürlichen Todes gestorben ist? Schließlich starb er weit vor seiner Zeit.«
    »Es war zu erwarten gewesen«, stellte sie richtig. »Ich würde es nicht als natürlich bezeichnen. Wie Sie sagten, er starb weit vor seiner Zeit.«
    »Und der Tod Ihrer Mutter? Sind Sie sicher, dass es ein Unfall war?«
    »Das einzig Überraschende an ihrem Tod war, dass er nicht schon viel früher passierte«, erwiderte sie scharf.
    »Eliza …« Jasper kam auf sie zu und setzte sich neben sie.
    Die Luft um sie herum wurde von seiner Energie aufgeladen.
    Ich fühle mich nur dann wirklich lebendig, wenn ich für einen Mann das Objekt seiner Begierde bin , hatte ihre Mutter gesagt, während sie, die Rockzipfel in den Händen, wie ein kleines Mädchen im Kreis herumwirbelte. Das Blut schwillt an, Eliza. Das Herz rast. Es ist das herrlichste Gefühl der Welt .
    Warum musste ausgerechnet Jasper der Mann sein, der solche Gefühle in ihr auslöste? Warum musste er einfach nur durch sein Atmen beweisen, dass sie alles andere als immun gegen Begierde war? Es war eine enttäuschende Erkenntnis, dass es tatsächlich Schattierungen der Freude gab, die nur durch eine andere Hand gemalt werden konnten.
    In seinen dunklen Augen stand Mitgefühl. »Bitte verstehen Sie, ich will nur gründlich sein. Ihre Sicherheit hat für mich oberste Priorität.«
    Sie nickte, glaubte an die Aufrichtigkeit seiner Worte. Durch die Kopfbewegung löste sich eine Locke aus ihrem Haar, fiel aus dem hastig gebundenen Band auf ihre Schulter herab.
    Er erhob sich, nahm ihre Hand und half ihr ebenfalls auf. »Drehen Sie sich um.«
    Als Eliza der Aufforderung Folge leistete, wirbelte sie die Luft auf, worauf ihr sein maskuliner Geruch – nach Pferde und Leder, nach Tabak und Bergamotte – betörend in die Nase stieg. Sie spürte seine Finger an ihrem Nacken und zuckte leicht zusammen. Seine Nähe überwältigte sie, überströmte ihre Haut wie warmes Wasser. Er hob die Locke von ihrer Schulter und rieb sie zwischen den Fingern.
    »Wie edle Seide«, murmelte er. Er löste das Band aus ihren Haaren, strich die widerspenstige Locke an ihren Platz zurück und band ihr Haar wieder zusammen.
    Sie warf einen Blick durch das Zimmer, nahm ihre Umgebung mit überdeutlicher Klarheit wahr. Alles trat in gleißender Schärfe hervor, von den Kristallen, die an den verschnörkelten Kerzenleuchtern herabhingen, bis hin zu den Perlmuttverzierungen an den Tischenden.
    In ihrer schwindelnden Verwirrung schnappte sie nach dem ersten Gedanken, der ihr einfiel. »Sind Sie einer jener Gentlemen, die ein ungewöhnlich starkes Interesse an rotem Haar haben?«
    »Ich habe ein ungewöhnlich starkes Interesse an Ihnen.« Er drückte die Lippen auf die nackte Haut zwischen ihren Schultern und dem Hals.
    »Jasper«, wisperte sie, geschockt von dem heftigen Beben, das sie durchfuhr, »was tun Sie denn da? Warum sind Sie jetzt … heute Abend … gekommen, obwohl wir
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