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Stolz und Verlangen

Stolz und Verlangen

Titel: Stolz und Verlangen
Autoren: Sylvia Day
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trat ein spannungsgeladenes Schweigen ein. Jasper musterte Eliza mit flackerndem Blick von Kopf bis Fuß und wieder zurück. Dann drehte er den Kopf zur Seite, sodass Eliza seinen zusammengepressten Kiefer und seinen schnellen Pulsschlag sehen konnte. Offensichtlich war ihm aufgefallen, dass Eliza in ihrer Hast auf Unterkleidung verzichtet hatte. Er wusste, sie war ungeschnürt, durch nichts eingezwängt.
    Und das ließ ihn alles andere als ungerührt.
    Seine Reaktion auf sie bewirkte auch in ihr eine Reaktion. Ihr Herzschlag beschleunigte sich.
    Sie überspielte ihre Befangenheit, indem sie zum Sofa ging und Platz nahm. Während sie mit flatternden Händen ihren geblümten Rock glatt strich, betrachtete sie Jaspers animalisch-maskulines Profil und sagte das Erste, was ihr in den Sinn kam: »Entschuldigen Sie, dass ich Sie in einer derart unpassenden Aufmachung empfange.«
    »Wie kann ich eine Entschuldigung für etwas akzeptieren« – sein Blick kehrte langsam zu ihrem Gesicht zurück –, »das mir so viel Vergnügen bereitet?«
    Sie schluckte hart, war wütend, weil ihr Mund so trocken war. Seine Augen folgten den Bewegungen ihrer Kehle. Ein heißer Strom durchflutete sie, der all ihre Sinne schärfte. Es war seltsam, ihn hier in dem privaten Raum zu sehen, in dem sich nur Familienmitglieder und enge Freunde versammelten. Seine Anwesenheit in diesem Zimmer schuf eine ungebührliche Intimität. Ohne ihr Korsett fühlte sie sich ausgeliefert. Verletzlich auf eine Art, die sie bisher nie erfahren hatte.
    Sie zwang sich, die Hände stillzuhalten, und sagte: »Ich habe Sie heute Nachmittag gesehen.«
    Sie gestand nicht, dass sie von seinem Anblick mit dem verwegen sitzenden Hut betört gewesen war.
    Er nickte. »Sie sollten Montague gegenüber Vorsicht walten lassen.«
    »Ich glaube nicht, dass er der Übeltäter ist.«
    »Warum?«
    »Er ist ein intelligenter Mann und kennt sicher bessere Methoden, um meine Hand zu gewinnen. In der Tat hat er heute darüber gesprochen. Er glaubt, mich nun zu verstehen, und stellte sich selbst als lohnende Investition dar. Er ist zu der Überzeugung gelangt, dass er sein erhofftes Ziel eher erreicht, wenn er an meinen Verstand appelliert statt an meine Gefühle.«
    Jaspers Brust hob und senkte sich. »Der Mann ist ein besessener Spieler.«
    »Diejenigen, die gegen ihn verlieren, tun das aus freier Entscheidung. Sein Spielgeschick ist allseits bekannt. Die Leute wissen, was sie riskieren, wenn sie mit ihm spielen.«
    »Bis jetzt«, murmelte er, »habe ich Sie für ausgesprochen vernünftig gehalten.«
    Eliza reckte ihr Kinn in die Höhe. »Sie provozieren mich.«
    »Ich bin nur offen.« Er kam näher, doch seinem Gang fehlte das Verführerische, wie es Eliza sonst an ihm kannte. Stattdessen war sein Schritt entschlossen. »Ist Montague der Favorit unter Ihren Verehrern?«
    »Ich genieße die Gesellschaft des Lords«, erwiderte sie bedächtig. »Doch das gilt für beinahe jeden Gentleman, der mir seine Aufwartung macht. Ich würde jeden ablehnen, dessen Gesellschaft mir nicht behagt. In der Tat habe ich Lord Montague heute Nachmittag gewarnt, er müsse darauf achten, sich nicht zum Quälgeist zu entwickeln.«
    Er blieb auf der anderen Seite des niedrigen Tisches stehen. »Was hat Sie zu solch einer Bemerkung veranlasst?«
    »Er drängt auf eine Heirat und behauptet, er sei entschlossen, mich für sich zu gewinnen. Sein Ansatz war zwar originell, vermochte mich jedoch nicht zu überzeugen. Es kommt mir so vor, als sei ich für ihn eine Art Kuriosität.«
    »Der vornehme Stand ist immer bestrebt, der Langeweile zu entfliehen. Schließlich ist es schrecklich öde, mit dem nötigen Kleingeld gesegnet zu sein und sich jeden Wunsch erfüllen zu können.«
    In seiner Stimme schwang ein Unterton mit, der Eliza aufmerken ließ. Hinter seinen Worten verbarg sich mehr als eine beiläufig dahingesagte Beobachtung.
    Er atmete scharf aus und ging auf den Kamin zu; seine Stiefelschritte wurden von dem ausgetretenen Teppich gedämpft. Den Unterarm auf den Kaminsims gestützt, starrte er in die glühenden Kohlen. Sein dunkles Haar schimmerte vor Vitalität. Die Strähnen, die ihm über Stirn und Brauen fielen, waren ungeheuer reizvoll, auch wenn sie der vorherrschenden Mode entsprachen. Im warmen Schein des Kaminfeuers war der Umriss seines athletischen Körpers geradezu überwältigend. Er war über die Maßen männlich, wie ein übervolles Glas. Eliza fragte sich, wie Frauen es schafften, daran nippen
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