Stolz und Verlangen
keine Wahl«, sagte Jane nun mit stählernem Unterton. »Ich werde meinen Eltern erzählen, was Sie mir auf der Feier bei den Hammonds angetan haben. Sie werden erfahren, dass ich mit Ihrem Kind schwanger bin.«
»Ist es von mir?«, erwiderte Montague geschmeidig. »Ich glaube nicht. Sie sind ein mannstolles Luder. Ich bin mir sicher, dass ich noch etliche andere Männer finde, die Ihren liederlichen Charakter bezeugen.«
Jasper zuckte so heftig zusammen, dass Eliza aufmerkte. Beruhigend legte sie die Hand auf seinen Unterarm, der hart wie Marmor war. In seinen Zügen spiegelte sich flammender Zorn, und sein Kiefer war so fest zusammengepresst, dass die Muskeln hervortraten. Doch im Gegensatz zu ihr schien er überhaupt nicht überrascht zu sein.
»Ich war unberührt«, sagte Jane mit mehr Würde, als es Eliza unter den gegebenen Umständen möglich gewesen wäre. »Sie haben mir dieses Kind aufgezwungen und müssen ihm Ihren Namen geben. Ihre Missetat kann nicht länger verheimlicht werden.«
»Vergewaltigung ist eine ernste Anschuldigung, Miss Rothschild. In der Tat finde ich das so ungeheuerlich, dass ich mit dem Gedanken spiele, eine Gegenanklage zu machen. Was für ein Skandal! Dieser Schritt mag etwas antiquiert sein, aber er würde dazu dienen, meinen guten Namen zu schützen. Sie würden ins Gefängnis gehen, Miss Rothschild, wegen Verleumdung eines hochrangigen Adligen. Nicht gerade die angenehmste Unterkunft für eine Frau in anderen Umständen.«
»Sie sind ein Ungeheuer. Abscheulich und verkommen. Von teuflischer Bosheit und Verderbtheit erfüllt.«
»Und trotzdem wollen Sie mich heiraten.« Montague lachte. »Was sagt das über Sie aus, werte Dame?«
»Mich treibt einzig pure Verzweiflung«, zischte Jane.
Ein jäher Schwindel überfiel Eliza und ließ sie schwanken. Jasper nahm sie am Ellbogen, stand auf und zog sie mit sich. Dann führte er sie mit raschen Schritten auf den Pfad zurück und wäre beinahe mit Sir Richard Tolliver und dessen Schwester zusammengestoßen, die ebenfalls einen kleinen Spaziergang machten.
»Meine Güte«, murmelte Tolliver. »Wo kommen Sie denn her, Mr. Bond?«
Jasper ging um die Geschwister herum. »Wir haben uns verlaufen.«
»Verlaufen?«, schnaubte Tolliver. »Lächerlich! Denken Sie denn gar nicht an Miss Martins Ruf? Meine Schwester und ich werden selbstverständlich diskret sein, doch Sie sollten …«
»Danke für Ihre Diskretion. Und jetzt entschuldigen Sie uns.« Mit einer knappen Verbeugung drehte Jasper sich um und steuerte auf das Haus zu. Eliza hakte sich bei ihm unter und musste eine ungebührliche Hast an den Tag legen, um mit ihm Schritt halten zu können.
Auf dem Rückweg sah sie sich noch einmal um. Tolliver war in eine lebhafte Unterhaltung mit seiner Schwester vertieft. Verärgert über die Blamage, dass er sie dabei ertappt hatte, wie sie mit Jasper aus dem Gebüsch gewankt war, richtete sie ihren Blick wieder nach vorne und bemerkte einen Schatten, der sich unter der Erle bewegte. Ein eisiger Schauder durchfuhr sie.
Hatte Jane Rothschild ihren hastigen Aufbruch bemerkt? Oder, schlimmer noch, Montague?
15. Kapitel
»Tut mir leid, dass Sie warten mussten, Mr. Reynolds«, sagte Eliza, als sie ihr Arbeitszimmer betrat. »Ich habe Sie heute Morgen nicht erwartet.«
Rasch sprang Reynolds auf. »Verzeihung, Miss Martin. Aber ich habe einige Informationen, die Sie meiner Ansicht nach erfahren sollten, und da hielt ich es für das Beste, gleich bei Ihnen vorbeizukommen.«
»Ach?« Als sie am Schreibtisch Platz nahm, wurde ihr bewusst, dass sie seit dem Frühstück ununterbrochen auf den Beinen gewesen war. Sie blickte kurz aus dem Fenster und stellte fest, dass der seit dem frühen Morgen fallende Nieselregen noch immer anhielt. Der graue, trübe Himmel war nicht gerade das, was sie sich für ihren Hochzeitstag wünschte, doch er passte zu der düsteren Stimmung, in die Jasper gestern Abend verfallen war. Nach dem ereignisreichen Spaziergang hatte Jasper sie bei Lady Collingsworth abgeliefert und sie streng ermahnt, sich von Montague fernzuhalten, ehe er überstürzt aufgebrochen war. Nun wartete sie ungeduldig darauf, ihn wiederzusehen, und hoffte inständig, ihn heute, am Tag ihrer Hochzeit, in besserer Stimmung anzutreffen. »Sie machen mich neugierig.«
Der Verwalter blieb noch einige Momente stehen und schaute stirnrunzelnd zu der offenen Tür, hinter der in unablässiger Folge Lakaien und angeheuertes Personal vorbeiflitzten. »So viel
Weitere Kostenlose Bücher