Stolz und Verlangen
Investitionstopf, den Montague gerade organisiert, ist in der Tat eine Möglichkeit, die nötigen Gelder einzusammeln, um vor Ablauf der Frist das Grundstück seiner Mutter zurückzukaufen. Er kann den Investoren später erzählen, die Anlage sei erfolglos gewesen und das Geld leider verloren. Oder vielleicht hat er ja vor, durch eine reiche Heirat oder erfolgreiches Glücksspiel den Investoren ihr Geld zurückzuzahlen, aber ohne den Druck einer nahenden Frist.«
»Eine sehr riskante Angelegenheit.« In Wahrheit war es ihr egal, ob Montague gesellschaftlich geächtet wurde oder nicht. Es war das Mindeste, was er verdiente. Sie redete nur, um ihre innere Unruhe zu überspielen.
»Montague scheint keine Wahl zu haben.« Reynolds’ Miene verfinsterte sich. »Ich frage mich die ganze Zeit, inwieweit Mr. Bond in die Sache verwickelt ist. Hilft er Westfield? Oder Westfield ihm? Und warum?«
Sie setzte eine gleichmütige Miene auf. »Die Rothschilds wären überglücklich, wenn Montague ihre Tochter heiratet, doch er weigert sich. Obwohl er mit Jane Rothschilds Mitgift seinen Besitz sofort zurückkaufen könnte.«
»Montague würde niemals Miss Rothschild heiraten«, stieß Reynolds grimmig hervor. »Ihre Eltern sind beide bürgerlicher Herkunft. Montague nimmt mit Geschäftsleuten nur Kontakt auf, damit sie bei ihm investieren, aber er weigert sich, an einem Spieltisch zu spielen, an dem Bürgerliche sitzen.«
»Es erstaunt mich, dass ich so wenig über einen Mann weiß, den ich relativ regelmäßig gesehen habe.«
»Trifft das nicht auch auf den Mann zu, den Sie heute zu heiraten gedenken?«
»Nein.« Mehr sagte sie dazu nicht. Sie sah keine Veranlassung, mit ihrem Verwalter über ihre oder Jaspers Privatangelegenheiten zu reden.
»Durch seine Beteiligung an Westfields Wetteinsatz spielt auch Mr. Bond ein riskantes Spiel gegen einen hochgestellten Adligen. Und sein Beruf … Will er damit weitermachen? Und falls ja, wird das nicht Ihre Lebensumstände entscheidend verändern? Die Gefahren, denen er sich täglich aussetzt, wird er mit nach Hause bringen. Leute, die wütend auf ihn sind, werden Sie ausfindig machen und …«
»War es das, Mr. Reynolds?«, fiel sie ihm scharf ins Wort. Sie konnte es kaum ertragen, ihn so vernünftig über eine Sache reden zu hören, die für sie zu emotional war, um sachlich darüber zu urteilen. Wo war ihr gesunder Menschenverstand geblieben? Ihre Vernunft? Ihr Verlangen nach Selbstschutz?
»Ich habe Sie verärgert. Das war nicht meine Absicht.« Seine Schultern sackten nach unten. »Ich sehe es nun schon so lange als meine Aufgabe an, Ihnen Informationen zu liefern, damit Sie die nötigen Entscheidungen treffen können, dass dies inzwischen zu meiner zweiten Natur geworden ist. Doch es steht mir selbstverständlich nicht zu, mich in Ihre Privatangelegenheiten zu mischen.«
Sofort bedauerte Eliza ihren barschen Ton. »Die Situation ist für mich genauso neu wie für Sie. Ich werde Ihnen Ihre Sorge um mich niemals zum Vorwurf machen. Ihre Loyalität bedeutet mir sehr viel.«
»Ich verspreche, ich werde das Thema nicht mehr anschneiden. Nie mehr.«
»Bitte bewahren Sie Ruhe, Mr. Reynolds«, sagte sie leise, da ihre Kehle wie zugeschnürt war. »Ich habe mich nicht aus einer Laune heraus entschlossen, Mr. Bond zu heiraten.«
»Ich verstehe. Sie hegen tiefe Gefühle für ihn. Ich sollte mich über Ihr Glück freuen, statt es zu hinterfragen. Gott weiß, wie sehr meine Frau, Anne, mein Leben bereichert hat.« Er lächelte gezwungen. »Die Liebe birgt Risiken, aber sie ist jedes Risiko wert.«
Eliza erforschte ihr Herz, was für sie eine neuartige Erfahrung war. Sie hatte sich immer gefragt, welchem Zweck Gefühle dienten, wenn vernünftiges Vorgehen doch am besten mit dem Verstand entschieden wurde. Aber anscheinend weigerte sich ihr Herz, zurückgewiesen zu werden. Selbst jetzt begann es bei dem Gedanken, Jasper zu verlieren, beinahe schon panisch zu klopfen. Trotz der Erfahrungen mit ihrer Mutter und allem, was sie durch eigene Beobachtung und in ihrem Leben als Geschäftsfrau gelernt hatte, war es ihr unvorstellbar, sich von Jasper nun abzuwenden. Was immer seine Ziele und Motivationen auch sein mochten. Welches Herzeleid auch immer sie herausforderte, wenn sie einen Mann heiratete, der so vieles vor ihr verheimlichte.
Sie – eine vernünftige Frau, die ihr inneres Gleichgewicht über die Maßen schätzte – sah sich nun mit der Erkenntnis konfrontiert, dass der einzige
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