Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)
großartig! Sie wird heiraten! Ich sehe sie bald wieder! Mit sechzehn Jahren wird sie schon verheiratet sein! Mein lieber, guter Bruder! Ich wußte es ja genau — ich wußte ja, er würde alles in Ordnung bringen. Wie ich mich danach sehne, sie wiederzusehen! Und den reizenden Wickham auch! Aber die Kleider — das Hochzeitskleid! Ich muß meiner Schwägerin unverzüglich deswegen schreiben! Lizzy, Liebling, lauf’ und frage deinen Vater, wieviel er ihr dafür geben will. Oder bleib, ich gehe schon selber. Kitty, läute nach Hill! Ich bin im Nu angezogen. Die liebe Lydia! Das soll ein Fest werden, wenn wir uns wiedersehen!«
Jane versuchte, die Heftigkeit ihrer Gefühlsäußerungen auf einen anderen Gegenstand überzuleiten, indem sie ihre Mutter auf die Verpflichtung hinwies, die Mr. Gardiners Hochherzigkeit der ganzen Familie auferlegt hatte.
»Denn wir müssen es zum größten Teil seiner Güte und Großzügigkeit zuschreiben«, fügte sie hinzu, »daß die Geschichte doch noch ein so glückliches Ende gefunden hat. Wir sind alle überzeugt davon, daß er Wickham eine bedeutende Geldunterstützung zugesichert hat.«
»Nun, das ist ja auch ganz in der Ordnung«, rief die Mutter, »wer sollte es denn sonst tun, wenn nicht ihr eigener Onkel? Wenn er nicht selbst eine Familie hätte, wäre ja sein ganzes Vermögen sowieso auf meine Kinder übergegangen. Und dies ist ja das erste Mal, daß er uns irgend etwas gegeben hat, außer hier und da den paar Geschenken. Ich bin ja so glücklich! Mrs. Wickham! Wie gut das klingt! Bald werde ich eine verheiratete Tochter haben. Meine liebe Jane, ich bin zu aufgeregt, um schreiben zu können; du mußt es für mich tun, ich werde dir diktieren. Wegen des Geldes können wir später mit Vater sprechen, aber die Sachen müssen sofort bestellt werden!«
Sie stürzte sich dann in Berechnungen und Überlegungen über so und so viel Meter Seide, so viele Längen Musselin, so viel von diesem und so viel von jenem Stoff und hätte gewiß eine von keinerlei Hemmungen begrenzte Bestellung aufgegeben, wenn es nicht Jane mit einiger Mühe gelungen wäre, sie zu überreden, doch lieber erst alles mit ihrem Vater durchzusprechen. Ein Tag früher oder später, meinte sie, würde nicht viel ausmachen. Und ihre Mutter war viel zu glücklich, um ganz so halsstarrig zu sein wie sonst. Außerdem hatte sie ja auch noch so viel anderes zu erledigen …
»Ich gehe nach Meryton«, sagte sie, »sobald ich angekleidet bin, und erzähle meiner Schwester Philips von dieser guten Neuigkeit. Und auf dem Rückweg werde ich bei Lady Lucas und bei Mrs. Long vorsprechen. Lauf, Kitty, und bestelle den Wagen; ein wenig frische Luft wird mir gut tun. Kinder, was kann ich für euch in Meryton besorgen? Ah, da ist Hill. Liebe Hill, haben Sie schon gehört? Fräulein Lydia wird heiraten; ihr sollt draußen in der Küche eine ganze Punschbowle für euch haben, um mit uns zu feiern!«
Mrs. Hill schien ebenfalls außer sich vor Freude. Elisabeth hörte sich ihre Glückwünsche eine Weile mit an und flüchtete dann, ganz krank von all der Dummheit hier, in ihr eigenes Zimmer, um in Ruhe ihre Gedanken sammeln zu können. Selbst im besten Fall war ihre Schwester Lydia immer noch übel daran; daß ihre Lage nicht noch schlechter war, dafür mußte man allerdings dankbar sein. Wenn sie an die Ängste und Sorgen zurückdachte, die noch vor kaum zwei Stunden das ganze Haus bedrückt hatten, dann mußte Elisabeth zugeben, daß sie auf ein so gutes Ende nicht zu hoffen gewagt hatte.
50. KAPITEL
M r. Bennet hatte häufig, auch früher schon, im stillen gewünscht, daß er, anstatt sein ganzes Vermögen auszugeben, ein wenig für seine Kinder und seine Frau zurückgelegt hätte. Und jetzt wünschte er es natürlich mehr denn je. Wäre er in dieser Beziehung ein wenig vorsorglicher gewesen, dann stünde seine Tochter jetzt nicht bei ihrem Onkel in Schuld wegen eines guten Namens und eines guten Rufes — wenn man es so nennen wollte —, die er für sie gekauft hatte. Das Vergnügen, seiner Tochter einen der nichtsnutzigsten Männer im ganzen Königreich zu verschaffen, wäre dann ihm zugefallen, wie es sich ja auch gehörte.
Er machte sich schwere Gedanken darüber, daß sein Schwager allein die Kosten für ein so zweifelhaftes Geschäft tragen sollte, und er war fest entschlossen, alles daran zu setzen, um den Umfang seiner Hilfe festzustellen und sie so bald wie möglich abzugelten.
Als Mr. Bennet seinerzeit heiratete,
Weitere Kostenlose Bücher